| Athleten Deutschland

Streit spitzt sich zu: Wie unabhängig sind Athleten?

Der Streit um das Geld für die "Athleten Deutschland" zeigt, wie tief die Gräben in Sport und Politik derzeit sind. Bald rollen offenbar prominente Köpfe.
SID/sb

Die Sportpolitiker in Berlin sind zerstritten, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) übt starken Druck aus: Der Streit über die Finanzierung des neuen Vereins "Athleten Deutschland" droht zu eskalieren und zeigt, mit welch harten Bandagen Sport und Politik um die Macht ringen.

Auf der einen Seite steht der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der die Sportler und das Geld lieber weiter unter seinen Fittichen hätte. In Stephan Mayer (CSU) hat der DOSB offenbar einen starken Fürsprecher. Mayer ist Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI) und gilt dort quasi als Sportminister, weil sein Chef Horst Seehofer (CSU) dem Vernehmen nach Wichtigeres zu tun hat, als sich um "Sportdeutschland" zu kümmern.

Auf der anderen Seite drängen die rebellischen Athleten aus der Umklammerung des DOSB und wollen die vom Bund zugesagten 225.000 Euro für eine Geschäftsstelle in Eigenregie verwalten – so wie es auch Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, fordert.

Geld für Athleten Teil des allgemeinen Sport-Haushalts?

Doch Mayer hält dagegen. Der Betrag von 225.000 Euro sei zwar für den Haushalt angemeldet worden, erhalte aber keinen eigenen Haushaltstitel, sondern "würde in den allgemeinen Sporthaushalt einfließen", sagte Mayer dem SID. Damit hätte der DOSB am Ende doch wieder die Hände auf dem Geld.

Mayer ist generell gegen eine zu große Unabhängigkeit der aufbegehrenden Sportler. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es vorzugswürdig wäre, wenn diese Athletenvertretung unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes stattfinden würde, aber wohl gemerkt mit einer weitreichenden und soweit wie möglich stattfindenden Unabhängigkeit."

Freitag hat kein Verständnis dafür. "Da habe ich als Koalitionspartner eine deutlich andere Auffassung", sagte die SPD-Politikerin: "Athleten Deutschland soll eine unabhängige Organisation werden. Es geht nicht darum, dem DOSB Geld zu geben, damit der DOSB entscheidet, ob und welches hauptamtliche Personal die neue Vereinigung bekommt."

Athleten Deutschland schon mit 300 Mitgliedern

Die Athleten pochen ebenfalls auf eine möglichst große Unabhängigkeit, auch bei der Verwaltung des Geldes. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass am Ende eine Lösung herauskommt, bei der einfach 225.000 Euro mehr in den Haushalt des DOSB gehen, dann hätte man den Posten gar nicht extra einstellen müssen", sagte Max Hartung, Präsident des Vereins "Athleten Deutschland".

Schon knapp 300 Mitglieder zählt der neue Verein, der sich erst Ende des vergangenen Jahres formiert hatte und die Belange der Sportler besser vertreten will. Auch bei der Wahl des Standortes sucht man nicht unbedingt die Nähe zum DOSB in Frankfurt/Main. "Wir können uns Köln gut vorstellen", sagte Hartung. Dort sei durch den Olympiastützpunkt und die Sporthochschule die Nähe zu den Athleten gegeben, die sehr wichtig sei.

Auf mehreren Ebenen Grabenkämpfe zwischen Sport und Politik

Doch nicht erst die Debatte um die Athletenvereinigung spiegelt die Grabenkämpfe zwischen Sport und Politik wider. Die Diskussion über die jüngst angelaufene Reform zur Spitzensportförderung, die dem Sport in den nächsten drei Jahren 270 Millionen Euro mehr bringen soll, verlief äußerst heftig und fordert nun offenbar ein prominentes Opfer. Gerhard Böhm, Abteilungsleiter Sport im BMI, steht angeblich kurz vor seiner Ablösung.

Der unbequeme Verwaltungsfachmann Böhm ist der DOSB-Spitze seit jeher ein Dorn im Auge. Im vergangenen Jahr hatte er Forderungen des Sports nach mehr Geld mit fehlender Etatreife zurückgewiesen, was einen Sturm der Entrüstung in Frankfurt ausgelöst hatte. Er bestand auch bei der Reform auf die Einführung des Potenzialanalyse-Systems (PotAS), bei dem Verbände 151 Fragen beantworten müssen, ehe die Förderungswürdigkeit eingestuft wird.

Für Dagmar Freitag hat die Dauerfehde zwischen Böhm und DOSB zu dem Bruch geführt, der eine besorgniserregende Entwicklung aufzeige. Böhm habe seine Abteilung professionell aufgestellt, "und allein die Tatsache, dass es zu bekanntlich schwierigen Diskussionen mit dem DOSB gekommen ist, kann nicht dazu führen, dass ein aufgewiesener Fachmann und möglicherweise weitere Mitglieder seiner Abteilung ihren Job verlieren", meinte die langjährige Sportpolitikerin.

Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)

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