| Mein Moment 2014

Wenn der pure Wille Berge versetzt

Ganz ehrlich: Ich staunte nicht schlecht, als Arne Gabius beim World Challenge-Meeting in Ostrava, einer meiner Lieblingsveranstaltungen übrigens, den Blick voraus auf die Team-EM in Braunschweig warf.
Christian Fuchs

Es waren nur noch ein paar Tage hin und es war nicht die Anspannung, die dominierte. Es war die Vorfreude, die den Ton angab. Man spürte, dass es Arne Gabius kaum mehr erwarten konnte und er so richtig heiß war.

Der Langstreckler entpuppte sich deshalb im Interview auch als Antreiber, als verbaler Einpeitscher, als In-Die-Pflicht-Nehmer - nicht nur für sich selbst, sondern für das gesamte DLV-Team.

Als er selbstbewusst sagte:
"Ich möchte schon elf oder zwölf Punkte holen."

Oder:
"Das muss das Ziel von jedem Deutschen sein, der da startet."

Oder:
"Es muss das Ziel für Deutschland sein, im Wohnzimmer nicht geschlagen zu werden."

Das waren nur drei der vielen Sätze von Arne Gabius an diesem Abend im tschechischen Mähren, die eine klare, eine unmissverständliche Richtung vorgaben: Dieser Cup muss her. Koste es, was es wolle.

Arne Gabius hatte damit eigentlich den DLV-Verantwortlichen schon ein ganzes Stück ihrer Arbeit abgenommen, denn diese Statements strotzten vor Motivationspotenzial. Sie standen wie eine Selbstverständlichkeit für den allerhöchsten Anspruch.

Ein dramatisches Rennen

In Braunschweig dann, nur vier Tage später, die entscheidenden knapp 14 Minuten, die Minuten der Wahrheit: Arne Gabius steht über 5.000 Meter im Eintracht-Stadion am Start. Er läuft, er beißt, er beißt immer mehr. Und noch mehr. Er ist auf der Lauer und wachsam. Er hält dagegen, wenn die Konkurrenten attackieren.

Es entwickelt sich schließlich ein packendes Finish mit einem Deutschen, der genau weiß, was er will: Zwölf Punkte und keinen weniger. Auf der Zielgerade reißt es dann die Zuschauer endgültig von ihren Sitzen. Die letzten 30 Meter entscheiden das dramatische Rennen. Arne Gabius weiß das begeisterte Publikum im Rücken. Und er ringt seine Gegner mit diesem zusätzlichen Push alle nieder... Vor allem den Spanier Jesus Espana, von dem der Tübinger genau wusste, dass er kommen würde.

Auf Worte folgen Taten

Ich erinnere mich an meine ersten Worte nach dem Zieleinlauf auf der Pressetribüne: "Das war purer Wille." Dieser pure Wille hat in dem Moment tatsächlich Berge versetzt. Und vor allem: Arne Gabius lieferte, wie die Amerikaner sagen würden. Er hatte seinen forschen Worten forsche Taten folgen lassen.

Im Kampf Mann gegen Mann, um Hundertstel und Zentimeter. Dieser Kampfeswillen, dazu der Teamgeist und diese hauchdünnen, unvorhersehbaren Entscheidungen. Das sind die besten Zutaten zu jenen Gänsehaut-Momenten, die im Sport und besonders in der Leichtathletik etwas ganz Großes entstehen lassen, an das man sich eben auch jetzt Monate danach noch gerne erinnert.

Für das Team: Jeder Punkt zählt (gleich viel)

Aber gerade aus Braunschweig ist noch viel mehr hängen geblieben. Natürlich der überragende Teamerfolg des DLV-Teams, das vom Diskusriesen Robert Harting als Kapitän angeführt worden war.

Anstelle von Arne Gabius hätte ich ebenso die siegreichen Timo Benitz oder Richard Ringer an dieser Stelle herausstellen können. Oder den Jubel von Christian Reif, die Bestleitungen von Weitsprung-Küken Malaika Mihambo und Speerwerfer Andreas Hofmann. Oder die Leistungsträger wie David Storl, Christina Schwanitz, Betty Heidler und eben Robert Harting, die mit breiter Brust ein- und wieder ausmarschiert sind. Oder, oder...

Hut ab!

Es geht aber gerade bei der Team-EM gar nicht so sehr darum, einzelne hervorzuheben. Denn es zählt die Mannschaft. Es zählt auch jeder der 371 Punkte, die das DLV-Team Braunschweig sammeln konnte, gleich viel. Das Team war der Star. Das wurde bei der "Stillen Stunde" im Stadion auch noch einmal so richtig deutlich, als sich die Truppe selbst feierte.

Auf jeden Fall kann ich an dieser Stelle nur noch sagen: Hut ab vor dieser deutschen Nationalmannschaft. Sie hat auf heimischem Boden alle Erwartungen erfüllt, den besonderen Druck bravourös gemeistert, den Heimvorteil genutzt und für ein echtes Highlight des Leichtathletik-Jahres gesorgt. Vielen Dank für diese besonderen Braunschweiger Momente, meine Momente 2014.

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