In einer Serie stellt leichtathletik.de wieder die Athleten vor, die bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel erstmals national ganz oben standen. Heute: 800-Meter-Läufer Benedikt Huber (LG Telis Finanz Regensburg).
Benedikt Huber
LG Telis Finanz Regensburg
*13. Oktober 1989
Größe: 1,82 Meter
Gewicht: 72 Kilo
800 Meter
Bestleistung: 1:46,57 min (2016)
Deutscher Meister 2016
Er gehörte nicht dem Bundeskader an, er ist schon mitten im Berufsleben angekommen, er trainiert allein. Trotz dieser Umstände ist Benedikt Huber (LG Telis Finanz Regensburg) in der abgelaufenen Freiluftsaison der stärkste DLV-Athlet über 800 Meter gewesen. Bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel holte sich der 26-Jährige mit einem Start-Ziel-Sieg den Titel, bei der EM in Amsterdam (Niederlande) fehlten als Zehnter nur 17 Hundertstel zum Finale.
"Der Ausrutscher nach oben hat noch gefehlt", blickt der Ingenieur auf seine Saison zurück, in der er sich zwar auf 1:46,57 Minuten verbesserte. Der Traum von Olympia, für den die auf 1:46,00 Minuten abgesenkte Norm gefordert war, blieb allerdings unerfüllt, genau wie für seine nationalen Disziplinkollegen. "Aber die Freude über die Saison überwiegt", fügt Benedikt Huber hinzu. "Highlight waren die letzten Meter im DM-Finale, als mir bewusst war, dass ich dem Feld davonziehe. Das war der größte Lauf meiner Karriere bisher."
Platz fünf und sechs hatte der Athlet der LG Telis Finanz Regensburg in den vergangenen beiden Jahren bei den Deutschen Meisterschaften belegt. "Da war ich in Rempeleien verwickelt und eingeklemmt", erinnert er sich, "diesen Fehler wollte ich diesmal nicht machen". Weil kein Konkurrent Tempo machen wollte, fand sich Benedikt Huber im Kasseler Auestadion schon ab Beginn des Rennens an der Spitze. Diese Position wollte er eigentlich erst nach 400 Metern übernehmen. Obwohl die vorher zurechtgelegte Taktik nicht aufging, standen am Ende mehr als sechs Zehntel Vorsprung auf die Gegner in der Ergebnisliste. Eine Demonstration der Stärke, mental wie physisch.
In den Leistungssport hineingewachsen
Diese Vorstellung steht für den Schritt nach vorne, den Benedikt Huber in diesem Sommer gemacht hat. Es mit Leichtathletik als Leistungssport zu versuchen, entschied er erst verhältnismäßig spät. Sein Name tauchte erstmals 2009 in der DLV-Bestenliste auf. Als damals 20-Jähriger legte er die 1.000 Meter in 2:29,00 Minuten zurück und lag damit rund acht Sekunden hinter der nationalen Spitze der U23.
"Beim TSV Palling habe ich schon mit fünf, sechs Jahren mit Leichtathletik begonnen, aber auch noch andere Sportarten wie Fußball, Triathlon und Klettern betrieben", erzählt der heutige Deutsche Meister. Zuletzt begrub er mit 19 seine Ambitionen im Fußball, um Leichtathletik professioneller betreiben zu können. Nachdem zuvor Straßenläufe im Mittelpunkt standen, offenbarte sich dann Talent auf den Mittelstrecken. "Ich bin Bayerischer Meister geworden und durfte zu den Deutschen Meisterschaften. Das hat motiviert und es ging immer weiter. Jetzt bin ich Deutscher Meister und durfte zu den Europameisterschaften", beschreibt der Spätstarter seinen Weg der vergangenen Jahre, der immer weiter nach oben führte.
Zuerst begleitete Werner Oberauer als Trainer den aufstrebenden Athleten. Heute ist dieser noch als Betreuer bei einigen Einheiten dabei. Außerdem las sich der Mittelstreckler selbst methodisches Wissen über seine Disziplin an. Die Trainingspläne kommen mittlerweile von Kurt Ring, und mit dieser Professionalisierung einher ging 2015 der Wechsel zur LG Telis Finanz Regensburg. Intervalltraining war beispielsweise ein Schlüssel zur Steigerung in diesem Sommer. Beim Athletik- und Sprinttraining unterstützt nach wie vor Rupp Rambichler.
Seiner Heimat Palling in Oberbayern ist Benedikt Huber treu geblieben. Seine Arbeitszeit als Ingenieur bei BSH, der Sparte für Haushaltsgeräte von Bosch und Siemens, hat er für die Karriere auf der Laufbahn reduziert. "Ich habe viel Freiraum und kann meine sportlichen Termine frei planen. Wenn sportlich weniger Termine anstehen, kann ich Überstunden aufbauen und davon im Sommer profitieren", berichtet der EM-Zehnte.
Erfolge steigern Aufmerksamkeit
Mit dem wachsenden Erfolg haben in den vergangenen Wochen auch die Autogramm-Anfragen zugenommen. In einem Bericht in der weltweit erscheinenden Firmen-Zeitschrift von Bosch wird der sportliche Mitarbeiter vorgestellt. Die Suche nach Ausrüster und Sponsoren läuft. "Ich sitze jetzt an einem längeren Hebel", beschreibt der 800-Meter-Läufer seine durch die gute Saison gewonnenen Möglichkeiten, auch neue finanzielle Quellen auf sportlicher Ebene zu erschließen.
Mit weiteren Steigerungen möchte Benedikt Huber die noch etwas ungewohnte Aufmerksamkeit um seine Person in Zukunft noch wachsen lassen. Nach einer Pause im August ist das Grundlagentraining schon wieder in vollem Gang. In Absprache mit Kurt Ring wird der Athlet überlegen, welche Stellschrauben im spezielleren Aufbau diesen Winter justiert werden sollen, um die Leistungsfähigkeit wieder etwas zu erhöhen. "Bei den Umfängen bin ich schon an der Grenze. Das Krafttraining wird spezifischer, da bekomme ich jetzt auch Unterstützung aus Regensburg", nennt der Aufsteiger einen Ansatzpunkt.
Hauptziel 2017: WM in London
Starts in der kommenden Hallensaison sind eingeplant. "Ob ich diese Rennen aus dem Training heraus bestreite oder speziell vorbereite, hängt auch davon ab, wie ich in den kommenden Wochen durchs Training komme", sagt der 26-Jährige. "Außerdem muss ich schauen, wie der Winter wird. Wenn viel Schnee liegt, wird es schwierig für mich."
Denn die nächste überdachte Halle mit Kunststoffbahn liegt im 30 Kilometer entfernten Inzell, wo hauptsächlich Eisschnellläufer trainieren und deshalb nur acht Grad herrschen. Alles andere als optimale Bedingungen für maximale Sprints. Im vergangenen Jahr zog sich Benedikt Huber dort eine Zerrung zu. Nur für mögliche Erfolge in der Hallensaison möchte er das nicht noch einmal riskieren. Denn sein Hauptziel ist der kommende Sommer und die WM in London (Großbritannien).
Das sagt Bundestrainer Jens Boyde: |
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Benedikt hat eine sehr gute Leistungsentwicklung gezeigt. Er ist verdient Deutscher Meister geworden. Dazu war dieser Sieg noch sehr souverän. Seine Nominierung zur EM trotz fehlender Norm hat er mit dem zehnten Platz absolut gerechtfertigt. Er hat das als nicht geförderter Athlet erreicht. Das ist aller Ehren wert. Er ist ein sehr engagierter Athlet, der mitdenkt und seine Ideen einbringt. Mein Vertrauen in ihn ist immer weiter gewachsen. Zuerst hat ihn sein Heimtrainer an die nationale Spitze herangeführt. In der Zusammenarbeit mit Kurt Ring wurde das Training strukturierter. Ich denke, die Entwicklung ist noch nicht am Ende. Ich habe Benedikt für den Bundeskader vorgeschlagen. Durch die volle Rückendeckung seines Arbeitgebers hat er die Möglichkeit, zweimal am Tag zu trainieren. Es gilt, Schnelligkeitsausdauer und Kraft weiterzuentwickeln. Ich habe ihm empfohlen, die Halle voll mitzunehmen. Nach Olympia lassen es einige internationale Konkurrenten etwas ruhiger angehen, so dass die Hallen-EM eine Chance bietet, sich international in Szene zu setzen. Das große Ziel ist dann die WM im Sommer. Dazu ist eine Steigerung der Bestzeit um eine Sekunde nötig.