| Rückblick

Der große Disziplin-Check 2015 - Marathon Männer

Das Leichtathletik-Jahr 2015 neigt sich dem Ende entgegen. Hinter Athleten, Trainern und Fans liegen Monate voller Höhepunkte, mit internationalen Meisterschaften der U18, U20 und U23 sowie mit Hallen-EM und WM der Aktiven. Die abschließenden leichtathletik.de-Analysen zeigen, wie sich die einzelnen Disziplingruppen 2015 präsentiert haben. Heute: Marathon Männer.
Christian Fuchs

2015 im Rückblick

Arne Gabius hat der deutschen Marathonszene wieder Impulse verliehen - und was für welche! Beim Marathon in Frankfurt nahm er das hohe Tempo an und unterbot so nach 27 Jahren in 2:08:33 Stunden den deutschen Marathonrekord von Jörg Peter (2:08:47 h).

Am beeindruckendsten war die Art und Weise, wie sich der Hamburger seinen Weg durch die Frankfurter Straßen bahnte. Zwischenzeitlich von Schmerzen gekennzeichnet, kämpfte er sich Schritt für Schritt der neuen Bestmarke entgegen und durfte sich am Ziel in der Festhalle frenetisch feiern lassen.

Der 34-Jährige hat damit gezeigt, was für deutsche Langstreckler möglich ist und vor allem den jüngeren Läufern einen Motivationsschub gegeben.

Einer dieser Jüngeren ist Philipp Pflieger. Im Jahr zuvor noch beim Marathondebüt in Frankfurt kollabiert, verarbeitete der Regensburger dieses Negativerlebnis mit einem beherzten Rennen an der Spree. Mit einer Zeit von 2:12:50 Stunden blieb er nur knapp über der Olympia-Norm von 2:12:15 Stunden. Angesichts dessen gab es viel Zuspruch und Unterstützung sowie eine kontroverse Diskussion um die Norm.

Einen guten Eindruck hinterließ auch der berufstätige Julian Flügel (TSG 08 Roth) in Berlin. Er war nach 2:13:57 Stunden, einer neuen persönlichen Bestzeit, im Ziel und ist damit der drittschnellste Marathoni des Jahres.

Andere kamen nicht wie gewünscht auf Touren. Steffen Uliczka (SG Kronshagen/Kieler TB), André Pollmächer (Rhein-Marathon Düsseldorf), der Spergauer Falk Cierpinski und Sören Kah (TSV Schott Mainz) wurden von Verletzungsproblemen ausgebremst. Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01) hingegen erklärte nach langwierigen Verletzungssorgen seine Karriere für beendet.
 
Dessen Vereinskollege Hendrik Pfeiffer machte mit einem neuen deutschen U23-Rekord im Halbmarathon auf sich aufmerksam: In Köln war er nach 1:03:40 Stunden im Ziel. Der 22-Jährige konnte sich damit für einen Halbmarathon-Start im nächsten Jahr bei der EM in Amsterdam (Niederlande) empfehlen.

Neben den positiven Auftritten von Arne Gabius, Philipp Pflieger und Hendrik Pfeiffer war der große Wermutstropfen, dass die WM in Peking (China) ohne deutschen Marathonläufer über die Bühne ging. Arne Gabius hatte sich dort noch auf die 10.000 Meter konzentriert, aber damit zugleich seinen Abschied von der Bahn verkündet. Jetzt zählt für ihn nur noch die Straße und damit der Marathon.

Unsere Top Drei

<link http: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail arne-gabius zum athletenporträt von kamghe>Arne Gabius

LT Haspa Marathon Hamburg, 34 Jahre
SB/PB/NR: 2:08:33 h
DM: 1. Platz (10 km / Marathon)
WM: 17. Platz (10.000 m)
DLV-Jahresbestenliste: 1. (Marathon)
Europäische Bestenliste: 1. (Marathon)
Welt-Jahresbestenliste: 68. (Marathon)

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail philipp-pflieger zum athletenporträt von thomas>Philipp Pflieger

LG Telis Finanz Regensburg, 28 Jahre
SB/PB: 2:12:50 h
DM: 1. Platz (Halbmarathon)
WM: keine Teilnahme
DLV-Jahresbestenliste: 2. (Marathon)
Europäische Bestenliste: 26. (Marathon)
Welt-Jahresbestenliste: 278. (Marathon)

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail julian-fluegel _blank>Julian Flügel

TSG 08 Roth, 29 Jahre
SB/PB: 2:13:57 h
DM: 5. Platz (10 km)
WM: keine Teilnahme
DLV-Jahresbestenliste: 3. (Marathon)
Europäische Bestenliste: 34. (Marathon)
Welt-Jahresbestenliste: 364. (Marathon)

Unser Hoffnungsträger

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail hendrik-pfeiffer zum athletenporträt von marcel>Hendrik Pfeiffer

TV Wattenscheid 01, 22 Jahre
SB/PB: 1:03:40 h (Halbmarathon)

"Kopf runter, Augen zu und durch", das war die Parole, die Hendrik Pfeiffer im Oktober zu einem neuen deutschen U23-Rekord im Halbmarathon führte. Die alte Bestmarke hatte 21 Jahre lang Bestand. Damit zeigte der Wattenscheider, dass auch in den jüngeren Jahrgängen etwas nachkommt im Straßenlauf. Die besondere Belohnung: Die Norm für die Halbmarathon-EM 2016 in Amsterdam. Und er hat noch mehr vor: Hendrik Pfeiffer träumt im Laufe seiner Karriere von einer Marathonzeit unter 2:10 Stunden.

Der Pechvogel

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail andre-pollmaecher>André Pollmächer

Rhein-Marathon Düsseldorf, 32 Jahre
SB: 2:26:35 h (Marathon) / PB: 2:13:05 h (2013)

Muskuläre Probleme machten die Hoffnungen von André Pollmächer in diesem Jahr zunichte. Im November lief er in New York (USA) als Freizeitläufer mit und brachte den Belastungstest nach 2:26:35 Stunden ins Ziel. Das Jahr 2016 soll nun besser werden: Bereits im Januar oder Februar möchte er die Olympia-Norm attackieren und damit die Verletzungsprobleme endgültig abhaken.

2016 im Ausblick

Mit Arne Gabius und Hendrik Pfeiffer haben sich bereits die ersten beiden Läufer für die Halbmarathon-EM in Amsterdam positioniert. Bundestrainerin Katrin Dörre-Heinig geht davon aus, dass noch weitere Athleten auf den Zug aufspringen können und so sogar eine Mannschaft zustande kommt, die in den Medaillenbereich laufen kann.

Die Halbmarathon-EM ist auch der Zwischenstopp auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien). Auf jeden Fall für Arne Gabius, der die Olympianorm bereits eindrucksvoll unterboten hat und mit breiter Brust nach Südamerika aufbrechen kann. Dort gibt es für ihn nichts zu verlieren. Vielleicht ist so sogar eine Überraschung möglich und ein Top 10-Platz kommt in Reichweite.

In der Diskussion um die Olympianorm und mögliche Ausnahmeanträge bei freien Startplätzen bleibt zunächst noch abzuwarten, wie sich die Situation im Frühjahr 2016 entwickeln wird. Philipp Pflieger peilt einen neuen Normangriff in Tokio (Japan) an. Weitere Kandidaten dürften die deutschen Frühjahrsrennen nutzen, um die geforderten 2:12:15 Stunden ins Visier zu nehmen. Danach wird abgerechnet, zumindest wenn es um die Olympia-Nominierungen geht.

Fest steht: Die Entwicklung im deutschen Männer-Marathon macht bereits Hoffnung für die Heim-EM 2018. Dann dürften auf den Straßen Berlins die Fans einigen deutschen Läufern zujubeln dürfen.

Das sagt die Bundestrainerin

Frau Dörre-Heinig, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2015 aus?

Katrin Dörre-Heinig:

Es war bei der WM im Marathon kein deutscher Teilnehmer vertreten. Damit können wir nicht zufrieden sein. Arne Gabius hätte die Möglichkeit gehabt, aber er hat auf die 10.000 Meter gesetzt. Auf der anderen Seite haben wir zwei deutsche Rekorde in diesem Jahr erreicht. Das war zum einen der neue deutsche Marathonrekord, der von Arne nach 27 Jahren in einer Bombenzeit endlich gebrochen wurde. Zum anderen gab es einen neuen deutschen U23-Rekord im Halbmarathon durch Hendrik Pfeiffer. Das zeigt, dass junge Leute nachstoßen und sich für größere Aufgaben anbieten. Stark war auch die Leistung von Philipp Pflieger beim Berlin-Marathon, nachdem er im letzten Jahr beim Marathondebüt noch schlechte Erfahrungen machen musste. Dann so ein Ding abzuliefern, das finde ich schon sehr bemerkenswert.

Was oder wer war für Sie das ganz persönliche Highlight der vergangenen Monate?

Katrin Dörre-Heinig:

Das war natürlich der neue deutsche Rekord von Arne Gabius. Mich hat beeindruckt, dass er das Risiko eingegangen ist, sehr schnell anzugehen. Es war eine unheimliche Gratwanderung, die er auch zu spüren bekommen hat. Das tat wirklich weh. Sein Kampfeswille war unglaublich. Davor ziehe ich absolut den Hut. Er ist jetzt absolut im Marathon angekommen. Sein Auftritt setzt auch unheimliche Kräfte im Nachwuchs frei.

Mit welchen Aufgaben und Zielen gehen Sie in die EM- und Olympia-Saison 2016?

Katrin Dörre-Heinig:

Ich finde es toll, dass es bei der EM in Amsterdam einen Halbmarathon gibt. Das kann für einen unheimlichen Schub sorgen. Viele Läufer, auch aus dem Nachwuchs, sagen: Das sind Zeiten, mit denen ich mich identifizieren kann. Über diese Schiene kommt dann auch der ein oder andere zum Marathon. Die Normen haben bereits Arne Gabius und Hendrik Pfeiffer erfüllt. Jetzt haben noch zwei oder drei Läufer die Möglichkeit, auf diesen Zug aufzuspringen. Damit hätten wir eine ganz gute Gruppe, die sich als Mannschaft präsentieren und auch Erfolg haben kann. Ich könnte mir vorstellen, dass wir im Einzel und mit der Mannschaft eine Medaille holen können. Diese Chancen bestehen, wenn die Leute gesund bleiben. Für Olympia in Rio ist Arne gesetzt. Andere Läufer wie Philipp Pflieger haben noch die Möglichkeit im Frühjahr die Norm zu laufen. Ich könnte mir auch einen dritten Mann vorstellen, zum Beispiel Steffen Uliczka. Vielleicht kommt aber noch ein ganz junger nach, mit dem wir noch gar nicht rechnen. Der Bielefelder Amanal Petros wird im Frühjahr einen Halbmarathon laufen. Das kann interessant werden: Ihn schätze ich auch als ganz stark ein.

Zahlen und Fakten

Die Jahresbesten

2:08:33 h - Arne Gabius (LT Haspa-Marathon Hamburg)
2:12:50 h - Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg)
2:13:57 h - Julian Flügel (TSG 08 Roth)
2:17:05 h - Marcel Bräutigam (Rennsteiglaufverein)
2:17:51 h - Simon Stützel  (TSG 08 Roth)
2:18:32 h - Tobias Schreindl (LG Passau)
2:18:49 h - Andreas Straßner (TSG 08 Roth)
2:19:20 h - Sebastian Reinwand (TSG 08 Roth)
2:19:46 h - Frank Schauer (Tangermünder Elbdeichmarathon)
2:20:00 h - Benedikt Hoffmann (TSG Heilbronn)

Internationale Endkampf-Platzierungen 2015

WM: keine
bei den anderen internationalen Saisonhöhepunkten kein Marathon

Entwicklung des Spitzenniveaus

JahrAthleten < 2:14,00Schnitt Top Ten
2005 Keiner 2:24:33
2006 Keiner 2:21:43
2007 Keiner2:19:44
2008 Falk Cierpinski (2:13:30) 2:17:48
2009 André Pollmächer (2:13:09), Martin Beckmann (2:13:42) 2:17:52
2010 Keiner 2:22:06
2011 Keiner 2:19:37
2012 Jan Fitschen (2:13:10)2:18:12
2013André Pollmächer (2:13:05)2:18:11
2014 Arne Gabius (2:09:32), André Pollmächer (2:13:58) 2:17:48
2015 Arne Gabius (2:08:33), Philipp Pflieger (2:12:50), Julian Flügel (2:13:57) 2:16:40

Entwicklung Jahresbestleistungen

 

JahrDeutschlandEuropaDiff.WeltDiff.
2005 2:18:43 (U. Steidl) 2:07:38 (Rey/ESP) 11:05 2:06:20 (Gebrselassie/ETH) 12:23
2006 2:16:02 (U. Steidl 2:06:52 (Rey/ESP) 9:10 2:05:56 (Gebrselassie/ETH) 10:06
2007 2:15:22 (M. Beckmann) 2:07:33 (Kuzin/UKR) 7:49 2:04:26 (Gebrselassie/ETH)10:56
2008 2:13:30 (F. Cierpinski) 2:07:33 (Röthlin/SUI) 5:57 2:03:59 (Gebrselassie/ETH) 9:31
2009 2:13:09 (A. Pollmächer 2:09:53 (Pertile/ITA) 3:16 2:04:27 (Kibet/KEN) 8:42
2010 2:17:18 (F. Cierpinski) 2:08:32 (Musinschi/MDA) 8:46 2:04:48 (Makau/KEN)

12:30

2011 2:15:40 (J. Fitschen)2:09:26 (Sitkovskyy) 6:14 2:03:38 (Makau/KEN) 12:02
2012 2:13:10 (J. Fitschen) 2:07:30 (Tambwé/FRA) 5:40 2:04:16 (Mutai/KEN) 8:55
2013 2:13:05 (A. Pollmächer) 2:08:33 (A. Kiprotich/FRA) 4:32 2:03:23 (Kipsang/KEN) 9:42
2014 2:09:32 (A. Gabius) 2:08:21 (Farah/GBR) 1:11 2:02:57 (Kimetto / KEN)7:35
2015 2:08:33 (A. Gabius) 2:08:33 (Gabius/GER) 0:00 2:04:00 (Kipchoge / KEN)4:33

Das fällt auf

  • Es gibt klare Anzeichen für einen spürbaren Aufwärtstrend
  • Drei Läufer blieben unter 2:14 Stunden, das war zuletzt im Jahr 2000 der Fall
  • Der deutsche Top 10-Schnitt senkte sich deutlich auf 2:16:40 Stunden, der mit Abstand beste Wert der letzten Jahre
  • Im fünften Jahr nacheinander hat sich dieser Top 10-Schnitt verbessert
  • Die Top 3 ragen in der Bestenliste heraus, dahinter gibt es eine Lücke von gut drei Minuten
  • Arne Gabius lief nicht nur einen deutschen Rekord, sondern ist auch Europas Nummer eins im Marathon
  • Der Hamburger hat auch dafür gesorgt, dass sich der Abstand des besten Deutschen zum Weltbesten deutlich auf viereinhalb Minuten verringert hat
  • Eine Reihe von Verletzungen verhinderte weitere gute Zeiten in der Spitze
  • Mit Philipp Pflieger und Hendrik Pfeiffer beleben neue Marathongesichter die Szene

Video-Clips

<link http: www.leichtathletik.de tv video-detail detail simret-restle-apel-und-philipp-pflieger-siegen-in-husum>Simret Restle-Apel und Philipp Pflieger siegen in Husum 
<link http: www.leichtathletik.de tv video-detail detail highlights-vom-frankfurt-marathon _blank>Highlights vom Frankfurt Marathon

Die weiteren Disziplin-Checks 2015 im Überblick

<link news:44313>Hochsprung - Frauen
<link news:44310>Hochsprung - Männer
<link news:44267>Gehen - Männer/Frauen
<link news:44211>Hindernis - Frauen
<link news:44214>Hindernis - Männer
<link news:44146>Langhürden - Frauen<link news:44202>
Langhürden - Männer
<link news:44067>Hürdensprint - Männer
<link news:44046>Langstrecke - Frauen<link news detail der-grosse-disziplin-check-2015-langstrecke-maenner>
Langstrecke - Männer 
<link news detail der-grosse-disziplin-check-2015-mittelstrecke-frauen>Mittelstrecke - Frauen
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2015-mittelstrecke-maenner _blank>Mittelstrecke - Männer
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2015-400-meter-frauen _blank>400 Meter - Frauen
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2015-400-meter-maenner _blank>400 Meter - Männer
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2015-sprint-frauen _blank>Sprint - Frauen
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2015-sprint-maenner _blank>Sprint - Männer

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets