Sie sind die Helden im Hintergrund und maßgeblich an den Erfolgen der deutschen Leichtathleten beteiligt: die Heim- und Bundestrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). In einer neuen Interview-Reihe stellen wir sie genauer vor und nutzen auch die Gelegenheit, ihnen ein paar Tipps und Weisheiten aus dem Trainer-Alltag zu entlocken. Heute: Der Frauen-Bundestrainer für die Kurzhürden Rüdiger Harksen.
Name:
Rüdiger Harksen
Position:
DLV-Bundestrainer 100 Meter Hürden Frauen
Aufgaben:
Heimtrainer, DLV-Bundestützpunktleiter Mannheim, Etablierung der Disziplin 100 Meter Hürden in der internationalen Klasse, Nachwuchssicherung
Trainings-Standort:
Mannheim
Aktuelle Trainingsgruppe mit:
Lisa Mayer, Ricarda Lobe, Nadine Gonska, Hannah Mergenthaler
Eigene sportliche Wurzeln:
Sprinter (zumindest habe ich es versucht)
Größter eigener sportlicher Erfolg:
Bronzemedaille mit der deutschen 4x100-Meter-Staffel bei der Junioren-EM 1973 in Duisburg
Trainer seit:
1980
Das liebe ich am Trainer-Beruf:
Die Win-Win-Situation in der Zusammenarbeit mit hochbegabten, leistungswilligen und nach Perfektion strebenden Athletinnen, die hohe Emotionalität und Hingabe im Job.
Das nervt mich am Trainer-Beruf:
Das Hürden-Auf- und Abbauen. Ich habe es versäumt, mir einen Assistenten aufzubauen… (Scherz).
Wenn ich kein Trainer wäre, wäre ich…
wahrscheinlich Musiker geworden oder Gymnasiallehrer geblieben
Wenn ich nicht auf dem Platz stehe, dann…
Spiele ich mit meinen Enkeln, versuche sportlich mein Gewicht zu reduzieren, musiziere hobbymäßig, wandere oder fahre Ski im Schweizer Wallis (leider zu selten)
Mein schönsten Momente als Trainer:
Ich habe mich in knapp 40 Trainerjahren über sehr viele schöne Momente freuen dürfen. Ein Auszug:
Als Heimtrainer:
- Der Gewinn der Deutschen Männermeisterschaft im Zehnkampf 1981 meines ersten Athleten Andreas Rizzi
- Der Gewinn von ca. 75 deutschen Meistertiteln meiner Athletinnen und Athleten bisher
- Als sich zwölf Heimathletinnen von 1984 bis 2016 für die Olympischen Spielen qualifizierten
- Als acht Athletinnen von 1988 bis 2016 das erste Mal unter 13 Sekunden über 100 Meter Hürden blieben
- Die vier Medaillen von Kirsten Bolm bei Europa- und Hallen-Europameisterschaften über 60 Meter und 100 Meter Hürden von 2002 bis 2007
- Die Bronzemedaille von Claudia Zaczkiewicz bei Olympia in Seoul 1988 über 100 Meter Hürden
- Die Goldmedaille von Carolin Nytra bei der Hallen-EM in Paris 2011 über 60 Meter Hürden mit 7,80 Sekunden
Als DLV-Staffeltrainer 4x100 Meter Frauen:
- Der Gewinn der WM-Bronzemedaille über 4x100 Meter bei der Heim-WM in Berlin 2009 (das war das emotionalste Highlight, eine Staffel ist eine Mannschaftsdisziplin)
Als DLV-Bundestrainer 100 Meter Hürden:
- Die (bisher) neun Medaillen bei Hallen-EM, EM und WM zwischen 2014 bis 2019 unserer Weltklasse-Hürdensprinterinnen Cindy Roleder (6) und Pamela Dutkiewicz (3).
Als DLV – Cheftrainer Track:
- Der Gewinn der 1. Team-Europameisterschaft unseres DLV-Teams 2009 in Leiria
Diese Eigenschaften zeichnen einen Weltklasse-Athleten aus:
- Leidenschaft, Brennen nach Leistung
- Die Einstellung „ich will“ und nicht „ich möchte“
- Niederlagen und Verletzungen als Ressource der Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen
- Starkes Charisma, aber auch Geduld, Demut und Respekt
Darauf lege ich im täglichen Training besonders wert:
Qualität, Eigenwahrnehmung des Athleten, Kommunikation
Fehler, aus denen ich gelernt habe:
Ungeduldig zu werden, wenn Ziele nicht laut Planung erreicht werden. Ein Athlet ist keine programmierbare Maschine
Mentoren, die mich geprägt haben:
Bertl Sumser, Wolfgang Thiele, Frank Dick, Frank Hensel
Beeindruckende Athleten, die ich gerne selbst trainiert hätte:
Die Arbeit mit meinen Athletinnen und Athleten hat in mir nie das Bedürfnis geweckt, jemand anderes trainieren zu wollen. Da ich als Zehnkampftrainer angefangen habe, hätte ich gerne mit einem Trainerteam mal eine perspektivische Siebenkämpferin trainiert, was sich leider nie ergeben hat.