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EM-Historie (V): Harald Schmid der Held bei glanzvollen Titelkämpfen in Stuttgart

Die Leichtathletik-EM 2018 vom 7. bis zum 12. August im Berliner Olympiastadion wird das größte Sportereignis auf deutschem Boden im kommenden Jahr. Die Europameisterschaften haben eine große Tradition seit ihrer Premiere 1934 in Turin. In unserer historischen EM-Serie präsentieren wir Geschichten, Stars und Sternchen dieser bedeutenden Titelkämpfe. Heute: Die EM 1986 in Stuttgart.
Ewald Walker

Erstmals in ihrer 52-jährigen Geschichte fand eine EM auf deutschem Boden statt. Und es war eine Europameisterschaft der Superlative. „Feiertage für Europa“ titelte eine Zeitschrift. Rund 300.000 Zuschauer kamen ins Neckarstadion und feierten mit den 1.000 Athleten aus 32 europäischen Ländern ein Fest der Leichtathletik.

Mit über 40 Stunden Live-Übertragungen gab es einen Durchbruch in medialer Hinsicht. Die schwäbische „LaOla“-Welle wurde hier geboren und vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) mit dem „Olympic-Cup“ ausgezeichnet. Eine Woche vor der EM tagte in Stuttgart erstmals der internationale Kongress der IAAF mit 350 Vertretern aus 110 Ländern.

Südliche Stimmung trotz Regen

Die Zuschauer feierten die Athleten ohne Rücksicht auf ihre Nationalität. Hinter manchen Leistungen steht aufgrund damaliger Dopingpraktiken allerdings ein Fragezeichen. Insgesamt vier Weltrekorde wurden aufgestellt. Der kurioseste am Mittwochmorgen. Fatima Whitbread (Großbritannien) warf in der Quali, als noch nicht viele Zuschauer im Stadion waren, den Speer auf 77,44 Meter. Jurij Sedych (UdSSR) warf mit dem Hammer den bis heute gültigen Weltrekord von 86,74 Meter. Die Sowjetrussin Marina Stepanova lieft die 400 Meter Hürden in 53,32 Sekunden.

Ja und dann Heike Drechsler. Die DDR-Ikone holte zweimal Gold (Weitsprung: 7,26 m) und egalisierte über 200 Meter in 21,71 Sekunden den Weltrekord. Außerhalb des Neckarstadions bewegte sie sich zwischen Athletendorf in Vaihingen und dem Stadion völlig frei – das war man von DDR-Athleten nicht gewohnt. Im selben Jahr zog sie dann auch in die Volkskammer der DDR ein.    

29 Medaillen für die DDR und „nur“ elf für den DLV – die sportlichen Machtverhältnisse wurden in Stuttgart bestätigt. Marlies Göhr holte über 100 Meter (10,91 sec) und mit der Staffel ihre vierte und fünfte EM-Goldmedaille. Marita Koch (SC Empor Rostock) gewann ein Jahr nach ihrem bis heute gültigen 400 Meter-Weltrekord (47,60 sec) in Stuttgart ihre sechste EM-Goldmedaille. Nur wenige Kilometer neben seinem Geburtsort Vaihingen/Enz wurde Geher-Olympiasieger Hartwig Gauder (SC Turbine Erfurt) Europameister über 50 Kilometer. 

Klaus Tafelmeier wirft Europarekord

Held der EM von Stuttgart aber wurde ein ganz anderer. Harald Schmid (TV Gelnhausen) rannte an jenem Donnerstagabend im Regen zu seinem fünften EM-Titel. „Es kommt weniger auf die Taktik an als auf die Einstellung und den Geist“, offenbarte der Europameister sein Geheimnis.

84,76 Meter leuchteten andrersorts auf der Anzeigetafel. Es war die Weite für Speerwerfer Klaus Tafelmeier (Bayer Leverkusen). Der erste Europarekord mit dem neuen Speer und Europameister – eine Sensation. Für den DLV blieben die Goldmedaillen für Schmid und Tafelmeier. Dass die Europameisterschaften bei ihrer Premiere auf deutschem Boden dennoch zu einem so großartigen Fest der Leichtathletik wurden, spricht für den Geist im Ländle. 

Austragungsorte der Leichtathletik-Europameisterschaften von 1934 bis 2018

1934  Turin (ITA)1969  Athen (GRE)1998  Budapest (HUN)
1938  Paris (FRA)1971  Helsinki (FIN)2002  München (GER)
1946  Oslo (NOR)1974  Rom (ITA)2006  Göteborg (SWE)
1950  Brüssel (BEL)1978  Prag (CZE)2010  Barcelona (ESP)
1954  Bern (SUI)1982  Athen (GRE)2012  Helsinki (FIN)
1958  Stockholm (SWE)1986  Stuttgart (GER)2014  Zürich (SUI)
1962  Belgrad (SRB)1990  Split (CRO)2016  Amsterdam (NED)
1966  Budapest (HUN)1994  Helsinki (FIN)<link http: www.berlin2018.info _blank>2018 Berlin (GER)
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