| Interview der Woche

Katharina Molitor: "Das ist das, wovon man immer träumt"

Drei Europameisterschaften, drei Weltmeisterschaften, zwei Olympische Spiele: Speerwerferin Katharina Molitor (TSV Bayer 04 Leverkusen) zählt seit fast zehn Jahren zur internationalen Spitze. Am Sonntag hat sie bei der WM in Peking (China) mit Bestleistung von 67,69 Metern ihre erste Medaille geholt, es wurde gleich Gold. Im Interview berichtet sie von Zweifeln auf dem Weg zum Titel, einer verpassten Ehrenrunde und ihrer zweiten Leidenschaft Volleyball.
Silke Morrissey

Katharina Molitor, herzlichen Glückwunsch zur Goldmedaille! Ihr sechster Versuch war der Goldwurf – wie haben Sie ihn erlebt?

Katharina Molitor:

Ich kann mich gar nicht mehr so richtig erinnern. Ich habe gar nicht geschaut, wo er hingeflogen ist, sondern sofort auf die Leinwand. Da ist ja direkt die Linie für die Goldweite eingezeichnet. Die genaue Weite des Wurfs weiß ich bis jetzt nicht… (lacht).

67,69 Meter! Haben Sie gespürt, dass der so weit war?

Katharina Molitor:

Ja, das spürt man schon. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er so weit ist! Ich hatte eher mit den Regionen gerechnet, die ich in dieser Saison vorher schon mal geworfen habe… Auf der Leinwand habe ich dann gesehen, dass er weiter war als der Wurf der Chinesin, da habe ich mich ziemlich gefreut.

Wie haben Sie es geschafft, bis zum letzten Wurf die Nerven zu bewahren?

Katharina Molitor:

Ich habe in dieser Saison schon oft im letzten Versuch am weitesten geworfen. Das habe ich mir noch mal ins Bewusstsein gerufen. Ich dachte mir: Vielleicht kann ich noch was drauflegen. Dann legt man alles rein in den Wurf und schaut, was dabei rauskommt. Der Wurf scheint technisch ganz gut gewesen zu sein, sonst wäre er nicht so weit geflogen.

Die ersten Glückwünsche kamen von Titelverteidigerin Christina Obergföll. Was hat sie zu Ihnen gesagt?

Katharina Molitor:

Sie hat mir gratuliert. Ich glaube, sie war auch froh, dass ich noch mal einen raushauen konnte. Ich denke, da sie auch ganz zufrieden mit ihrem Wettkampf war, konnten wir uns gemeinsam freuen.

Sie haben gar keine Ehrenrunde gedreht. Warum nicht?

Katharina Molitor:

Es kam alles so überraschend! Da habe ich vorher nicht drüber nachgedacht, was ich danach mache. Ich hatte mal irgendwann überlegt, dass es cool wäre, Radwende Flick-Flack zu machen. Aber das habe ich leider auch nicht einstudiert.

Vielseitig sportlich talentiert sind Sie ja – Sie spielen auch Volleyball in der zweiten Bundesliga. Was kam zuerst: Leichtathletik oder Volleyball?

Katharina Molitor:

Ich habe zuerst Leichtathletik gemacht. Ich habe auch Tennis gespielt, ich bin geschwommen, ich habe Geräteturnen gemacht – auch wenn man das jetzt nicht unbedingt glaubt. Dann musste ich mir am Handgelenk ein Überbein wegmachen lassen, daher ging das Turnen nicht mehr, also wollte ich etwas Neues machen. Volleyball oder Basketball standen im Raum. Da ich immer ein bisschen rabiat gespielt habe hat mein Vater gesagt, ihm wäre es lieber, wenn ein Netz zwischen mir und den Gegnerinnen ist. So ist es Volleyball geworden.

Jetzt betreiben Sie beide Sportarten parallel auf hohem Niveau. Warum?

Katharina Molitor:

Ich war schon immer sportverrückt. Aber die Leichtathletik geht eindeutig vor! Volleyball steht hinten an, das ist eine Freizeit-Beschäftigung für mich. Ja, ich weiß, das ist zweite Liga, aber da kann ich auch nur spielen, weil ich von der Leichtathletik die Athletik mitbringe und weil mir von Kindesbeinen an Ballgefühl mitgegeben wurde. Helge Zöllkau hat mich 2003 angesprochen hat, ob ich nicht mal in Leverkusen Speerwerfen will. Das war 2003, seit 2004 trainiere ich bei ihm – elf Jahre. Da hat sich die Leichtathletik als Hauptsportart herauskristallisiert.

2005 sind Sie Vize-Europameisterin der U23 geworden. 2008 waren Sie Olympia-Achte, seitdem zählen Sie zu den deutschen Leistungsträgerinnen. Andere waren aber immer besser. Gab es irgendwann mal den Moment, an dem Sie gedacht haben: Jetzt bin ich dran?

Katharina Molitor:

Nein, das direkt nicht. Aber ich habe mich in den letzten zwei, drei Jahren schon gefragt: Warum fliegt der Speer nicht weiter? 2013 bin ich in der Qualifikation der WM rausgeflogen. 2014 war ich bei der EM Neunte. Ich habe gut trainiert, und die Weiten sind geringer geworden. Da kommt man schon ins Grübeln und Zweifeln. Aber Helge hat immer zu mir gesagt: Ich glaube daran, dass du weiter werfen kannst. Das hat mich motiviert, weiter zu machen.

Was ist passiert, dass jetzt der Knoten geplatzt ist?

Katharina Molitor:

Das weiß ich auch nicht so richtig. Wahrscheinlich ist die Technik ein bisschen stabiler geworden. Dann kann der Speer auch weiter fliegen.

Heute ist er mehr als einen Meter weiter geflogen als je zuvor – und Sie hatten Ihre Bestleistung in diesem Jahr ohnehin schon um fast zwei Meter gesteigert. Dafür wirken Sie ziemlich gefasst…

Katharina Molitor:

Das kommt insgesamt alles schon ziemlich überraschend. Ich glaube, ich bin aber auch einfach ein ruhigerer Typ – obwohl, beim Volleyball ist das ein bisschen anders (lacht). Aber hier jetzt Faxen zu machen, das ist nicht meins.

Ihre Medaillenzeremonie haben Sie gerade hinter sich. Wie war der Moment?

Katharina Molitor:

Einmalig! Da einmal ganz oben zu stehen – das ist das, wovon man immer träumt. Jetzt ist der Traum wahr geworden. Das ist einfach unglaublich.

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