| Das "pädagogische Gewissen"

75. Geburtstag und Abschied: Fred Eberle hat Spuren gezeichnet

Fred Eberle, ehemaliger Dozent am Pädagogischen Fachseminar in Schwäbisch Gmünd, hat in der deutschen Leichtathletik als DLV-Vizepräsident Bildung und Wissenschaft sowie als Kinder- und Zukunftsbeauftragter Spuren hinterlassen. Beim DLV-Verbandstag (17./18. November) in Darmstadt scheidet er nach 20 Jahren aus dem DLV-Präsidium aus. Zum Anlass seines 75. Geburtstags am Samstag blickt leichtathletik.de auf Fred Eberles Weg zurück.
Ewald Walker

„Fred Eberle ist ein Gesamtkunstwerk in der deutschen Leichtathletik“, sagt DLV-Präsident Clemens Prokop nach jahrelanger Zusammenarbeit mit dem Mann von der Ostalb. Eberle verkörpert mit seinen konzeptionellen Ansätzen zur Kinder- und Jugendleichtathletik und seinen vielen Projekten das „pädagogische Gewissen der deutschen Leichtathletik“.

Die sportlichen Wurzeln des Schwaben, der am 4. November seinen 75. Geburtstag feiert, liegen im Hammerwerfen und im Rasenkraftsport bei der TG Schwäbisch Gmünd, mit dem Titel als württembergischer Juniorenmeister. Schon früh wurde Fred Eberle Trainer, dann Lehrer und bog auch als Dozent in der Lehrerausbildung am Pädagogischen Fachseminar auf die pädagogische Schiene des Sports ein.

Trainer zahlreicher Spitzenathleten

Fred Eberle formte in den achtziger Jahren zahlreiche erfolgreiche Athleten und schrieb damit nicht nur national, sondern auch für die Ostalb und die LG Staufen Leichtathletik-Geschichte. Zehnkämpfer Siggi Wentz betreute er 14 Jahre und führte ihn in die Weltspitze (Bestleistung 8.761 Punkte). Olympia-Bronze 1984, WM-Silber und -Bronze (1983 und 1987) und EM-Bronze (1986) waren die eindrucksvolle Bilanz des Duos Wentz/Eberle. „Fred hat mich aus der Kreisliga in die Weltklasse geführt“, sagt Wentz im Rückblick, „er ist menschlich integer, fachlich kompetent und überaus engagiert.“

Sabine Fried (Junioren-WM-Dritte im Diskuswerfen), Bernhard Fischer (Deutscher Juniorenmeister mit dem Diskus), Udo Mäußnest (Deutscher Juniorenmeister im Speerwerfen), Gisela Grässle (Hallen-EM-Teilnehmerin über 60 Meter) und Stefan Vogt (Deutscher Jugend-Mannschaftsmeister im Zehnkampf) waren allesamt Schützlinge des Trainers Eberle.

Neukonzeption der Kinderleichtathletik

Fred Eberle war immer ein klarer Verfechter einer dualen Ausbildung von Sport und Beruf. “Leistungssport verlangt nicht nur physische Komponenten, sondern auch geistige Fähigkeiten“, sagt Eberle und folgert daraus: „Der Leistungssport ist auch eine besondere pädagogische Aufgabe.“

Gerade darin liegt für Eberle die Verbindung zur (neuen) Kinderleichtathletik, um die er sich 25 Jahre verdient gemacht hat. Ausgehend vom Ludwigsburger Kongress „Leichtathletik in Schule und Verein auf dem Prüfstand“ 1990, bei dem er mit dem ehemaligen DDR-Wissenschaftler Dr. Wolfgang Lohmann  pädagogische Aspekte der Leichtathletik unter die Lupe nahm, entwickelte Eberle mit Weggefährten wie Günter Frey (Tübingen), Wolfgang Schiele (Ellwangen), David Deister (Darmstadt), Dominic Ullrich (Hattersheim), Wolfgang Killing (Mainz) und Jutta Bryxi (Schwäbisch Gmünd) eine Neukonzeption der Kinderleichtathletik.

„Die Leichtathletik für Kinder und Schüler darf keine reduzierte Erwachsenen-Leichtathletik sein“, war Eberles klare Forderung. Im Team erarbeitete er eine kindgerechte Leichtathletik, zu deren Grundgedanken die altersgemäße, herausfordernde Leichtathletik unter Berücksichtigung des Teamgedankens zählen. Die Umsetzung der Ideen erfolgte in Projekten wie DLV-Bewegungscamps, öffentlichkeitswirksamen Aktionstagen „Leichtathletik in Aktion“ in Städten und Stadien sowie in umfassenden Handreichungen und Lehrplänen („Leichtathletik in der Schule“) für die Praxis.

Botschafter bei Kanzler Schröder und Bundespräsident Rau

Als Botschafter für diese neue Leichtathletik warb Fred Eberle an prominenter Stelle: 1998 in Jena („Kinder in der Leichtathletik“) beim damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und 2001 beim Besuch von Bundespräsident Johanns Rau in Schwäbisch Gmünd.

Es wurden vielfältige Programme mit innovativen neuen Sportgeräten (Heuler, Flatterball, Kinder-Diskus, Softspeere, Bananenkisten) und vielfältige methodische Trainings- und Übungsgestaltung entwickelt. Weil die Leichtathletik in den vergangenen Jahren in der Schule zusehends an Boden verloren und weil der Ausstieg von Kindern aus der Leichtathletik im Jugendalter zugenommen hat, betont Eberle: “Die Zukunft der deutschen Leichtathletik liegt bei den Kindern.“

Das wesentliche Ergebnis des konzeptionellen Ansatzes war die Neugestaltung der Bundesjugendspiele hin zu einem erlebnisorientierten Wettkampf. Kein leichtes Unterfangen in einer systemkonservativen Sportart wie der Leichtathletik. Die Bedenken, die Leichtathletik könnte zu einer Kindersportart werden, widerlegt Eberle durch sein leistungssportliches Engagement.

"Umtriebiger Mensch mit riesigem Aktionsfeld"

„Fred ist mehr als ein Trainer, er ist Mentor und Lebensberater“, sagt Hammerwerfer Alexander Ziegler vom SV Dischingen über den Trainer, der ihn zum dreifachen Deutschen Meister formte.

Im Rahmen einer Tätigkeit als Lehrwart für die Trainer- und Übungsleiter-Ausbildung in Württemberg zuständig, initiierte Fred Eberle 1972 den bis heute legendären Nikolauslehrgang für Trainer und Übungsleiter in Schwäbisch Gmünd Anfang Dezember. Hier haben sich im Lauf der Jahrzehnte Größen der Leichtathletik in den Dienst der Lehre und Ausbildung gestellt: Deutsche Sportidole wie die Olympiasieger Ulrike Meyfarth, Klaus Wolfermann, Christian Schenk, Willi Holdorf, Jürgen Schult und selbst der legendäre Kipchoge Keno aus Kenia waren schon in Gmünd.

„Fred Eberle ist ein sehr umtriebiger Mensch, der viele Aspekte der Leichtathletik und ein riesiges Aktionsfeld verfolgt“, kennzeichnet ihn Jürgen Scholz, der Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes.

Abschied vom DLV-Präsidium

Fred Eberle hat neben dem sportlichen Gesicht auch eine musikalische Ader. Seit 45 Jahren spielt er Klarinette in einer Dixie-Band („Swany Feet Warmers“) und leitet ein Männerchor-Ensemble („Cantate Domino“). „Sport und Musik haben Gemeinsamkeiten, den Rhythmus“, sagt Eberle. Kein Hürdensprinter könne ohne Rhythmus schnell laufen, kein Stabhochspringer sich ohne besondere koordinative Fähigkeiten am Stab nach oben schwingen.

„In den vielen Disziplinen der Leichtathletik suchen sich viele ihr persönliches Schlupfloch, die Teamfähigkeit bleibt dabei leider oft außen vor“, bedauert Eberle, der fast ein Leben lang für die Leichtathletik als Teamplayer unterwegs war. Das DLV-Präsidium wird er Mitte November beim Verbandstag in Darmstadt nach 20 Jahren Engagement verlassen. Dennoch sprüht der Jubilar weiterhin vor Tatendrang: „Ich habe noch einiges vor in der Leichtathletik.“

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