| Deutsche Meisterschaften

Kassel 2023: Die große DM-Vorschau auf die Wettbewerbe der Frauen

Pflichtlektüre für alle Leichtathletik-Fans: Wir blicken voraus auf die Entscheidungen der Frauen bei den 123. Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am 8./9. Juli in Kassel mit dem vorgelagerten Stabhochsprung am 5./6. Juli in Düsseldorf. Wer um die Titel kämpft und wer um die Medaillen? Wer schon jetzt in Topform ist und für wen die WM-Tickets für Budapest in greifbarer Nähe sind? Das lesen Sie hier in unserem großen Ausblick auf die 18 Finals der Frauen!
Alexandra Dersch / Martin Neumann / Svenja Sapper

DM 2023 Kassel


100 METER


Eine große Favoritin und einige Fragezeichen

Vor sieben Jahren ging im Auestadion der Stern von Gina Lückenkemper (SCC Berlin) auf. Die damals 19-Jährige errang dort über 200 Meter ihren ersten deutschen Meistertitel. Anschließend räumte sie bei der EM in Amsterdam (Niederlande) die ersten zwei ihrer mittlerweile sechs EM-Medaillen ab. Am Wochenende kehrt sie als Europameisterin über 100 und 4x100 Meter nach Kassel zurück – in der vielleicht besten Form ihrer Karriere.

Zehn 100-Meter-Rennen (Vorläufe inbegriffen) hat sie diesen Sommer absolviert, nie rannte sie langsamer als 11,17 Sekunden. Nur die Elf-Sekunden-Marke ist unter regulären Bedingungen noch nicht gefallen. Die Deutschen Meisterschaften wären eine gute Gelegenheit, die Schallmauer zu knacken – wie im Vorjahr, als Gina Lückenkemper in Berlin unter elf Sekunden blieb.

Gerne hätte auch Lisa Mayer in den Medaillenkampf eingegriffen. Doch am Wochenende musste die Staffel-Europameisterin wegen einer Verletzung nicht nur ihren DM-Start, sondern auch die WM-Teilnahme absagen. Mit einer Saisonbestzeit von 11,16 Sekunden hätte die Athletin des Sprintteam Wetzlar zu den Favoritinnen gezählt.

Das deutsche Gold-Quartett komplettierten in München Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) und Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen). Doch hinter beiden stehen Fragezeichen: Rebekka Haase hat seit Ende Mai kein Rennen mehr bestritten, Alexandra Burghardt plagten zuletzt Rückenprobleme. So ergibt sich vielleicht für andere Athletinnen wie die Zweibrückerin Sina Mayer und die Mannheimerin Lisa Nippgen die Chance, ins Blickfeld zu rücken. svs

Jahresbeste: Gina Lückenkemper (SCC Berlin; 11,00 sec)
Titelverteidigerin: Gina Lückenkemper (SCC Berlin; 10,99 sec)
 


200 METER


Nächster Coup für Louise Wieland?

In der Hallensaison überraschte die Hamburgerin Louise Wieland als Deutsche Meisterin. Und auch unter freiem Himmel zählt die 23-Jährige zu den heißen Anwärterinnen auf DM-Gold. Mit ihrer neuen Bestmarke von 23,14 Sekunden liegt sie in der deutschen Jahresbestenliste an zweiter Stelle, nur zwei Hundertstel hinter EM-Finalistin Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen). Doch auch die Bayerin kann, wenn sie ihre Rückenprobleme überwunden hat, sicherlich noch eine Schippe draufpacken. Sie holte sich 2021 den Sieg. 

Die Deutsche Meisterin von 2017 Laura Müller (SV Go! Saar 05) ist über 200 und 400 Meter gemeldet, setzte jedoch in dieser Saison meist auf die Stadionrunde. Drei deutsche Meistertitel auf der halben Stadionrunde gingen seit 2014 an Rebekka Haase, so auch 2022 in Berlin. Die Titelverteidigerin ist jedoch nicht am Start und macht so den Weg frei für nachrückende Sprinterinnen.

Nachdem die Deutsche Meisterin von 2018 und 2020 Jessica-Bianca Wessolly (VfL Sindelfingen) verzichten muss und sich auch die Deutsche U23-Meisterin Talea Prepens (TV Cloppenburg) kurz vor den U23-Europameisterschaften gegen einen Start in Kassel entschieden hat, eröffnet sich einigen anderen Athletinnen die Gelegenheit auf einen Platz auf dem Treppchen. Zum Beispiel der Mannheimerin Lisa Nippgen, die sich in diesem Sommer auf 23,32 Sekunden verbessert hat. svs

Jahresbeste: Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen; 23,12 sec)
Titelverteidigerin: Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar; 23,02 sec)
 


400 METER


Laura Müller mit den besten Karten

Die schnellste Saisonbestzeit aller gemeldeten Athletinnen geht auf das Konto von Laura Müller (SV Go! Saar 05). Denn die deutsche Jahresbeste, Langhürdlerin Carolina Krafzik, konzentriert sich in Kassel auf ihre Paradestrecke. So scheint der Weg frei für Laura Müller, die auf der Stadionrunde noch nie Deutsche Meisterin wurde. Dass sie noch mehr draufhat als die 52,08 Sekunden, die als ihre Saisonbestzeit verzeichnet sind, bewies sie Anfang Juni in Genf (Schweiz): Eine vermeintliche neue Bestmarke von 51,44 Sekunden wurde allerdings wegen Verlassens der Bahn einkassiert. 

Nicht abschreiben sollte man jedoch auch Titelverteidigerin Corinna Schwab. Die Chemnitzerin meldete sich am vergangenen Wochenende mit 52,91 Sekunden pünktlich fit. Im Vorjahr sorgte sie gar mit einer Zeit unter 51 Sekunden für Furore. Im Freien noch nicht unter 53 Sekunden geblieben ist die Deutsche Hallenmeisterin Skadi Schier. Die Berlinerin hat jedoch in der Hallensaison angedeutet, wie viel Potenzial in ihr steckt. Mit Judith Franzen (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim) reisen zwei weitere Langsprinterinnen mit Saisonbestleistungen unterhalb der 53-Sekunden-Grenze an.

Nach Verletzungspause hat Luna Thiel (VfL Wolfsburg), im vergangenen Jahr zweitschnellste deutsche 400-Meter-Sprinterin, in diesem Sommer erst ein Rennen bestritten. In Top-Form könnte sie ebenso in den Medaillenkampf eingreifen wie EM-Halbfinalistin Alica Schmidt (SCC Berlin). Die Regensburgerin Mona Mayer, die bei der EM in München mit der Staffel auf Platz fünf rannte, hat sich nach holprigem Saisonbeginn stetig gesteigert. Bei den Deutschen U23-Meisterschaften ist sie bei 53,37 Sekunden angekommen und damit ebenfalls zum erweiterten Kreis der Favoritinnen zu zählen. svs

Jahresbeste: Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen; 52,06 sec)
Titelverteidigerin: Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz; 51,61 sec)
 


800 METER


Der Thron wackelt

Siebenmal in Folge hieß die Deutsche 800-Meter-Meisterin im Freien Christina Hering (LG Stadtwerke München). Diese Serie möchte die EM-Finalistin sicherlich gerne fortsetzen. Doch in diesem Jahr scheint eine Wachablösung möglich. Denn Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) ist stark wie nie: In Pfungstadt unterbot sie zum zweiten Mal in ihrer Karriere die Zwei-Minuten-Grenze, bevor sie in Chorzów (Polen) als Dritte der Team-EM wertvolle Punkte für die deutsche Mannschaft sammelte. Ist die 23-Jährige bereit für ihren ersten deutschen Meistertitel? 

Zu den Medaillen-Aspirantinnen gehört auch die EM-Teilnehmerin des Vorjahres Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen). Gespannt sein darf man auf den Auftritt von Konstanze Klosterhalfen. Die 5.000-Meter-Europameisterin hat auf der Unterdistanz für die DM gemeldet. Vor sechs Jahren legte die Leverkusenerin die zwei Stadionrunden bereits einmal in weniger als zwei Minuten zurück. In diesem Sommer hat sie sich jedoch noch nicht in Bestform präsentiert. So bleibt abzuwarten, ob sie den Spezialistinnen am Wochenende gefährlich werden kann. svs

Jahresbeste: Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler; 1:59,69 min)
Titelverteidigerin: Christina Hering (LG Stadtwerke München; 2:00,72 min)
 


1.500 METER


Hanna Klein gegen Katharina Trost

Über 1.500 Meter stehen jene zwei Athletinnen im Fokus, die voriges Jahr den Titel unter sich ausmachten: Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und Katharina Trost (LG Stadtwerke München). Im Berliner Olympiastadion triumphierte vor Jahresfrist die Tübingerin, die bereits 2022 auch die WM-Norm für Budapest (4:03,50 min) erfüllt hat. Und auch in diesem Jahr kann die EM-Fünfte mit der schnellsten Meldeleistung (4:05,41 min) aufwarten, die sie Ende Mai im französischen Montreuil erzielt hat.

Lediglich knapp vier Zehntelsekunden langsamer war jedoch Katharina Trost, die sich in der Hallensaison trotz einer Doppelbelastung aus Sport und dem zweiten Staatsexamen ihres Lehramtsstudiums den deutschen Meistertitel sichern konnte. Auch für die Münchnerin ist sicher noch einiges drin. Somit liegt nahe, dass die beiden EM-Finalistinnen den Titel unter sich ausmachen werden. "Best of the rest" sind auf dem Papier die Frankfurterin Nele Weßel (4:08,61 min) und Vera Coutellier aus Köln (4:09,84 min), vergangenes Jahr als Fünfte und Dritte ebenfalls vorne mit dabei. svs

Jahresbeste: Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen; 4:05,41 min)
Titelverteidigerin: Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen; 4:22,13 min)
 


5.000 METER


Lea Meyer mit der Chance auf Doppel-Gold

Eigentlich ist sie auf der Hindernisstrecke zuhause. Doch mit ihrer neuen Bestzeit von 15:06,39 Minuten ist Lea Meyer, sollte sie den Doppelstart wagen, auch über 5.000 Meter eine ernstzunehmende Titelkandidatin. Allerdings wird Alina Reh ihre Poleposition sicherlich nicht kampflos abgeben. Im vergangenen Jahr setzte sich die gebürtige Laichingerin durch und begibt sich nun auf die Jagd nach ihrem vierten Titel auf dieser Distanz. Mit 15:10,59 Minuten lief sie im Juni bis auf sechs Sekunden an ihren Hausrekord heran. 

Für einen Podestplatz kommt auch eine Trainingspartnerin von Alina Reh aus der Gruppe von Langstrecken-Bundestrainerin Isabelle Baumann infrage: Eva Dieterich (LAV Stadtwerke Tübingen). Sie hat im Juni bereits gemeinsam mit ihrer Teamgefährtin über Mannschafts-Gold beim 10.000-Meter-Europacup gejubelt. Sicher wollen die beiden im Auestadion den nächsten Erfolg wieder gemeinsam feiern. 

Einige der besten deutschen Langstrecklerinnen werden im Kampf um den DM-Titel fehlen. Europameisterin Konstanze Klosterhalfen nimmt in Kassel die 800 Meter in Angriff. Die Hallen-Europameisterin über 3.000 Meter Hanna Klein, in diesem Jahr bislang schnellste deutsche 5.000-Meter-Läuferin, hat sich für einen 1.500-Meter-Start entschieden. Und auch die Mannschafts-Europameisterin im Marathon Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) ist nicht mit von der Partie. svs

Jahresbeste: Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen; 15:00,89 min)
Titelverteidigerin: Alina Reh (SCC Berlin; 15:21,11 min)
 


100 METER HÜRDEN


Alles ist offen

Eine klare Favoritin gibt es nicht. Keine deutsche Hürdensprinterin konnte sich in diesem Sommer entscheidend von der Konkurrenz absetzen. Und so verspricht diese Disziplin einen spannenden Showdown, den wohl eher die Aussicht auf einen heißen Kampf als jene auf schnelle Zeiten prägen wird. Jahresbeste ist die Deutsche Hallenmeisterin Monika Zapalska. Für die EM-Teilnehmerin spricht ihre Konstanz, hat sie doch in diesem Sommer bereits mehrmals Zeiten um die 13,30-Sekunden-Marke angeboten. Zuletzt war sie in La Chaux-de-Fonds (Schweiz) windunterstützt schneller denn je (13,07 sec). 

Im Vorjahr schnappte sich überraschend Marlene Meier (TSV Bayer 04 Leverkusen) den Titel. Für eine Wiederholung des Coups wird ihre Saisonbestzeit von 13,42 Sekunden sicher nicht ausreichen. Noch gar kein Rennen bestritten hat in diesem Jahr Ricarda Lobe. Die einstige EM-Fünfte aus Mannheim hat ein Sonderteilnahmerecht beantragt. Als einzige aller Hürdensprinterinnen im Feld ist sie schon unter 13 Sekunden geblieben. Ihr letztes Rennen unterhalb dieser Marke liegt jedoch bereits fünf Jahre zurück. 

Seit dem zurückliegenden Wochenende ist auch Franziska Schuster zu den Favoritinnen zu zählen. Bei den Deutschen U23-Meisterschaften holte sich die Leverkusenerin in 13,31 Sekunden den Titel und hat damit das Momentum auf ihrer Seite. Nur eine Hundertstel langsamer ist die Bestzeit der Rostockerin Lia Flotow, die noch der U20 angehört. Sie triumphierte bei der Junioren-Gala in Mannheim bei zu viel Rückenwind in 13,12 Sekunden. Chancen auf ein Finalticket kann sich auch Siebenkämpferin Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen) ausrechnen. svs

Jahresbeste: Monika Zapalska (TV Wattenscheid 01; 13,25 sec)
Titelverteidigerin: Marlene Meier (TSV Bayer 04 Leverkusen; 13,15 sec)
 


400 METER HÜRDEN


Es kann nur eine geben

Seit 2019 ist Carolina Krafzik über 400 Meter Hürden bei Deutschen Meisterschaften ungeschlagen. Als einzige der gemeldeten Athletinnen hat sie in ihrer Karriere bereits die 55-Sekunden-Barriere durchbrochen, und das allein in dieser Saison bereits zweimal. Zuletzt glänzte die Sindelfingerin bei der Team-EM in Chorzów mit 54,47 Sekunden und strich damit die volle Punktzahl für die deutsche Mannschaft ein. Nun möchte sie in Kassel ihr Titel-Abonnement verlängern und mit dem Sieg zugleich ihre dritte WM-Teilnahme klarmachen.

Am nächsten wird der Seriensiegerin voraussichtlich Eileen Demes kommen. Die Vorjahres-Dritte vom TV 1861 Neu-Isenburg hat in diesem Jahr ebenfalls einen Meilenstein erreicht: In Posen (Polen) glückte ihr erstmals eine Zeit unter 56 Sekunden. Eine Marke, die auch für Sylvia Schulz nicht mehr weit entfernt ist. Die Leverkusenerin ist mit einer Bestzeit von 56,08 Sekunden gemeldet und damit zu den Kandidatinnen auf einen Podestplatz zu rechnen. Mehr als eine Sekunde trennt sie in der Bestenliste von allen weiteren Verfolgerinnen, zu denen unter anderem die Sindelfingerin Melanie Böhm (SB: 57,19 sec) und die Titelträgerin von 2017 Djamila Böhm (LC Rehlingen) gehören. svs

Jahresbeste: Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen; 54,47 sec)
Titelverteidigerin: Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen; 55,73 sec)
 


3.000 METER HINDERNIS


Lea Meyer mit der Favoritenrolle

Die Wettquote in dieser Disziplin dürfte eindeutig ausfallen, denn alles andere als ein Sieg von Lea Meyer (TSV Bayer 04 Leverkusen) wäre doch eine enorme Überraschung. In Abwesenheit der zweimaligen Hindernis-Europameisterin Gesa Krause (Silvesterlauf Trier), die sich nach der Geburt ihrer Tochter auf ihr Comeback mit dem großen Ziel der Olympischen Spiele 2024 in Paris (Frankreich) vorbereitet, ruhen alle Augen auf der EM-Zweiten des vergangenen Jahres.

Und die Vize-Europameisterin ist in starker Verfassung: Nach Bestzeit über 5.000 Meter in Walnut (USA; 15:06,39 min) präsentierte sich die 25-Jährige bei ihrem Hindernis-Debüt in diesem Sommer im hochklassigen Feld des Diamond League-Meetings in Lausanne (Schweiz) mit der zweitschnellsten Zeit ihrer Karriere (9:20,36 min) in blendender Form. In Kassel möchte Lea Meyer ihren zweiten DM-Titel nach ihrer Premiere im vergangenen Sommer in Berlin erlaufen.

Doch in ihrem Schatten wird die Deutsche Meisterin der U23, Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien), alles daransetzen, den EM-Star zu ärgern. Die 21-Jährige, die bereits auf drei Strecken die Norm für die U23-EM in diesem Sommer hat, blieb in Wien (Österreich) erstmals unter der 9:30er-Marke. Eine Zeit, die im vergangenen Jahr für Gold bei der DM gereicht hätte… alex

Jahresbeste: Lea Meyer (TSV Bayer 04 Leverkusen; 9:20,36 min)
Titelverteidigerin: Lea Meyer (ASV Köln; 9:32,44 min)
 


HOCHSPRUNG


Imke Onnen im Fokus

Imke Onnen (Hannover 96) und U20-Athletin Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim) führen die deutsche Bestenliste mit 1,91 Metern an. Allerdings startet das größte deutsche Hochsprung-Talent nicht in Kassel. Und Blessing Enatoh (LG Nord Berlin), die in diesem Jahr bereits zweimal über 1,87 Meter floppte, bereitet sich nach dem Einsatz bei der Team-EM und dem deutschen U23-Titel bereits auf ihren Start bei der U23-EM vor. So ist Imke Onnen Titelfavoritin Nummer eins.

Beste Erinnerungen ans Auestadion hat Marie-Laurence Jungfleisch. Als Kassel 2016 letztmals DM-Austragungsort war, schnappte sich die Stuttgarterin mit 1,90 Metern den DM-Titel. Wenige Wochen später meisterte sie dann in Eberstadt erstmals in ihrer Karriere die prestigeträchtige Zwei-Meter-Marke. Von dieser Top-Form ist die 32-Jährige mit 1,82 Metern aktuell noch deutlich entfernt. Doch mit ihrer jahrelangen Erfahrung kann sie trotzdem für eine Überraschung sorgen.

Noch nicht so gut wie in der Hallensaison läuft es für Christina Honsel. Im Winter hatte sich die Wattenscheiderin auf tolle 1,98 Meter verbessert. Aktuell steht ihre Saisonbestleistung bei 1,83 Metern. Eine deutliche Steigerung ist der Deutschen Hallenmeisterin auf jeden Fall zuzutrauen. Für Titelverteidigerin Bianca Stichling lief es diesen Sommer noch nicht nach Wunsch, zuletzt musste sie aufgrund von Rückenbeschwerden den Rest der Saison komplett absagen und wird in Kassel fehlen. mbn

Jahresbeste: Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim; 1,91 m), Imke Onnen (Hannover 96; 1,91 m)
Titelverteidigerin: Bianca Stichling (TSV Bayer 04 Leverkusen; 1,87 m)
 


STABHOCHSPRUNG


Generationen-Treffen am Rheinufer

23 Jahre – oder zwei Sportlerkarrieren – liegen zwischen der ältesten und jüngsten Stabhochsprung-Starterin. Carolin Hingst (TG Nieder-Ingelheim) ist mit fast 43 Jahren am Donnerstagnachmittag in Düsseldorf erstmals seit 2018 wieder bei Deutschen Meisterschaften dabei. Die Olympia-Starterin von 2004 und 2008 ist in diesem Jahr 4,15 Meter gesprungen und damit nur fünf Zentimeter weniger als die jüngste Starterin im Feld Chiara Sistermann. Die Gräfelfingerin war bei Carolin Hingsts Olympia-Start 2004 in Athen (Griechenland) gerade mal vier Monate alt.

Beide sind als Außenseiterinnen in Düsseldorf am Start. Die deutsche Bestenliste führt mit 4,45 Metern Anjuli Knäsche an. Die 29-Jährige von der LG Leinfelden-Echterdingen wurde in ihrer Comeback-Saison 2022 in Berlin mit 4,55 Metern Deutsche Meisterin. Am Rheinufer strebt sie die Titelverteidigung an. Erste Verfolgerin wäre Sarah Vogel (Eintracht Frankfurt) gewesen. Nach langer Verletzungspause verbesserte sich die U20-Europameisterin bei der Team-EM auf 4,40 Meter. Gerne hätte die 21-Jährige in Düsseldorf weitere Höhenflüge folgen lassen. Doch nach ihrer Fuß-Operation schmerzt noch der Zeh, zudem zwickt der Rücken. Im Hinblick auf ihren Start bei der U23-EM in Espoo (Finnland) kommende Woche entschloss sie sich sicherheitshalber zum Verzicht auf die DM. 

Ohnehin scheinen Comebacks ein Markenzeichen des deutschen Frauen-Stabhochsprungs zu sein. Auch Annika Roloff (MTV Holzminden) ist seit 2017 erstmals wieder bei einer DM-Entscheidung im Stabhochsprung am Start. Die 32-Jährige mit einer Bestleistung von 4,60 Metern aus dem Jahr 2016 hat in diesem Sommer bereits 4,20 Meter gemeistert. Bei einer weiteren Steigerung ist der Sprung aufs DM-Podest nicht ausgeschlossen. mbn

Jahresbeste: Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen; 4,45 m)
Titelverteidigerin: Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen; 4,55 m)
 


WEITSPRUNG


Gelingt Malaika Mihambo der siebte Streich?

Sie ist Weltmeisterin und Olympiasiegerin und damit natürlich klare Favoritin auf den DM-Titel in Kassel. Fünfmal in Folge und insgesamt sechsmal hat Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) schon Gold bei Deutschen Freiluft-Meisterschaften gewonnen. Den ersten Titel gab’s 2016 übrigens im Kasseler Auestadion. Doch in diesem Jahr reist die Vize-Europameisterin „nur“ als Dritte der deutschen Bestenliste zu den Meisterschaften.

Trotzdem ist die 29-Jährige Titelfavoritin Nummer eins. Denn in diesem Sommer hat sie erst drei Wettkämpfe bestritten und konnte dabei mit 6,57 bis 6,66 Metern stabile Weiten abrufen. Und das auch bei widrigen Bedingungen wie zuletzt am Sonntag in Stockholm. Bei nasser Bahn und mit langer Hose kam Malaika Mihambo, die im Frühjahr nach einem Infekt zwei Trainingswochen aussetzen musste, wie in Dessau Mitte Juni auf 6,66 Meter. Ein wohl noch weiterer Sprung war nur knapp übergetreten. Bei diesem stabilen Niveau scheint der Ausreißer nur noch eine Frage der Zeit.

Dieser gelang Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) Ende Mai in Weinheim. Dort steigerte sich die 20-Jährige auf 6,91 Meter. Eine beachtliche Visitenkarte im Hinblick auf die Deutschen Meisterschaften. Beim direkten Aufeinandertreffen in Dessau musste sich die Deutsche U23-Meisterin der Olympiasiegerin mit 6,58 Metern nur um acht Zentimeter geschlagen geben. Mit 6,68 Metern als Vorleistung reist Maryse Luzolo (Königsteiner LV) nach Kassel. Damit fehlen der 28-Jährigen nur drei Zentimeter zur Bestleistung. Vielleicht gelingt der Hessin beim „Heimspiel“ in Kassel ja ein neuer Hausrekord? Mit zu viel Wind erschien der in Yokohama (Japan) zu Beginn der Saison mit 6,79 Metern schon auf der Anzeigetafel. mbn

Jahresbeste: Mikaelle Assani (LG Region Karlsruhe; 6,91 m)
Titelverteidigerin: Malaika Mihambo (LG Kurpfalz; 6,85 m)
 


DREISPRUNG


Starkes Feld trotz prominenter Ausfälle

Die EM-Vierte Neele Eckhart-Noack (LG Göttingen) fehlt aufgrund eines Kreuzbandrisses, die Deutsche Rekordhalterin Kristin Gierisch (TSV Bayer 04 Leverkusen) wegen einer Fußverletzung, und Jessie Maduka (TV Wattenscheid 01) fällt mit einer Knieverletzung aus. Trotz der prominenten Absagen verspricht die Dreisprung-Entscheidung jede Menge Spannung. Denn gleich sechs Athletinnen liegen in der deutschen Bestenliste zwischen 13,91 bis 13,46 Metern und machen sich so berechtige Hoffnungen auf eine DM-Medaille.

Die Meldeliste führt Kira Wittmann (LG Göttingen) mit 13,91 Metern an. Die Deutsche Hallenmeisterin hat außerdem die kürzeste Anreise der Top-Springerinnen. Keine 50 Kilometer sind es auf der A7 zwischen Göttingen und Kassel. Ihr Ziel neben dem ersten DM-Titel im Freien ist natürlich auch der erste 14-Meter-Sprung in der Sommersaison. Dass sie das Potenzial dafür hat, zeigte die 22-Jährige bei ihrem Hallen-DM-Triumph Mitte Februar in Dortmund mit 14,08 Metern.

Nur sieben Zentimeter hinter der Göttingerin liegt Maria Purtsa. Nur dreimal in ihrer Karriere sprang die Chemnitzerin bisher weiter als die 13,84 Meter von Mitte Juni. Aliena Juliette Heinzmann (TV Eppingen) gelang 2023 das Kunststück, bei vier Dreisprung-Starts vier Bestleistungen aufzustellen. Bei der U23-DM in Göttingen landete sie vergangenes Wochenende erst nach 13,76 Metern.

Ohnehin zeigten gleich mehrere U23-Starterinnen in diesem Jahr zum Teil deutliche Verbesserungen. Das belegt ein Blick in die deutsche Bestenliste mit Anna Gräfin Keyserlingk (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 13,73 m), Caroline Joyeux (LG Nord Berlin; 13,60 m), Sarah-Michelle Kudla (SCC Berlin; 13,46 m) und „Dreisprung-Novizin“ Nicola Kondziella (TV Wattenscheid 01; 13,29 m). mbn

Jahresbeste: Neele Eckhardt-Noack (LG Göttingen; 13,96 m)
Titelverteidigerin: Neele Eckhardt-Noack (LG Göttingen; 14,14 m)
 


KUGELSTOSSEN


Ein vielversprechendes Duell

Diese Disziplin verspricht ein Duell, das richtig viel Spaß machen wird. Auf der einen Seite – die Erfahrene. Die Titelverteidigerin. Die Zweite der Hallen-EM Sara Gambetta (SV Halle). Auf der anderen Seite – die Aufsteigerin des Jahres. Die Unbeschwerte. Die Zweite der Team-EM Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim).

Was beide vereint? Sie sind aktuell in der besten Verfassung ihrer bisherigen Karriere. Sara Gambetta, bereits bei EM, WM und Olympischen Spielen mit dabei, beförderte in diesem Sommer erstmals die Kugel auch im Freien über die 19-Meter-Marke. Bis auf 19,08 Meter flog ihr Arbeitsgerät Anfang Juni in Paris (Frankreich). Eine Leistung, mit der auch Yemisi Ogunleye überraschen konnte. Mit 19,31 Metern und ihrem Sieg in Rehlingen war die 24-jährige Drehstoßerin plötzlich mittendrin in der Weltspitze und bestätigte ihre gute Verfassung auch mit Platz zwei bei der Team-EM.

Es ist ein Duell zweier ebenso sympathischer wie talentierter Athletinnen, das zu gerne aber auch noch weitere Kugelstoßerinnen aufmischen wollen. Denn in Kassel mit am Start sind natürlich auch die EM-Sechste Julia Ritter (TV Wattenscheid 01) und die EM-Achte Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge) – beides Athletinnen, die das Potenzial mitbringen, immer um die vordersten Plätze mitzukämpfen. alex

Jahresbeste: Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim; 19,31 m)
Titelverteidigerin: Sara Gambetta (SV Halle; 18,67 m)
 


DISKUSWURF


Kristin Pudenz von starker Konkurrenz gefordert

Das Lächeln ist zurück. Die Saison lief bislang alles andere als rund für die EM-Zweite und Abonnentin auf den deutschen Meistertitel der letzten Jahre Kristin Pudenz (SC Potsdam). „Ich war kurz davor an mir zu zweifeln“, gab die 30-Jährige nach der Team-EM freimütig zu. Aber eben nur kurz davor, denn bei der Team-EM, wo sie als Ersatzstarterin für die kurzfristig erkrankte und bis dato jahresbeste Deutsche Shanice Craft (SV Halle) einspringen durfte, platzte der vielzitierte Knoten. 66,84 Meter – der Sieg bei der Team-EM und der fünfbeste Wurf ihrer bisherigen Karriere. „So darf es weitergehen.“

Am liebsten direkt bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel. Denn – Deutsche Meisterschaften sind ohnehin für Kristin Pudenz seit nunmehr vier Jahren ein gutes Pflaster. Seit 2019 hat sie keinen Titel bei den nationalen Titelkämpfen mehr abgegeben. Ein Abo, das andere ihr nur zu gerne abjagen wollen. Allen voran Shanice Craft, die bis zu ihrer Erkrankung kurz vor der Team-EM in der bislang besten Verfassung ihrer Karriere war. Ihre Bestleistung von 66,73 Metern bedeutet aktuell Platz drei in Europa und Platz sechs in der Welt. Und auch die EM-Dritte Claudine Vita (SC Neubrandenburg) ist wieder in starker Form. Mit 65,51 Metern blieb die 26-Jährige in Schönebeck bereits satt über der WM-Norm (64,20 m) – es war der weiteste Wurf ihrer Karriere seit 2019. alex

Jahresbeste: Kristin Pudenz (SC Potsdam; 66,84 m)
Titelverteidigerin: Kristin Pudenz (SC Potsdam; 67,10 m)
 


HAMMERWURF


Samantha Borutta will das Triple

Das Ziel hat sie selbst vorgegeben. 70 Meter will Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt) am kommenden Wochenende in Kassel angreifen. Eine Weite, die die Titelverteidigerin und U23-Europameisterin in diesem Sommer noch nicht erreichen konnte, die ihr im Hinblick auf internationale Ambitionen aber Selbstvertrauen geben wird. Bereits vor der Team-EM hatte sie, nach einem Abstecher zu Michael Deyhle wieder zurück im Training mit ihrer Mutter Anette, noch einmal einiges umgestellt und bilanzierte nach ihrem sechsten Platz: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Hinter der Favoritin haben sich in diesem Sommer aber auch ein paar weitere junge Werferinnen weiter nach vorne geschoben. So wie Aileen Kuhn (LAZ Ludwigsburg), die sich am Samstag bei der U23-DM in Göttingen mit einem starken Wurf von 68,71 Metern den Titel holte und ihre Bestleistung mal eben um fast zwei Meter verbesserte. Oder auch die Berlinerin Esther Imariagbee, erst 21 Jahre alt, die sich in Halle auf 67,48 Meter steigerte. Und auch die 25-jährige Michelle Döpke (TSV Bayer 04 Leverkusen) fand in diesem Jahr mit 67,22 Metern bereits einen richtig guten Dreh und warf damit Bestleistung. Alles Weiten, die im vergangenen Jahr zum Titel in Berlin gereicht hätten und die deutlich machen: Der dritte Titel in Folge für Samantha Borutta, er wird kein Selbstläufer. alex

Jahresbeste: Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt; 69,40 m)
Titelverteidigerin: Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt; 67,09 m)
 


SPEERWURF


Christin Hussong fordert den Thron zurück

Hinter Speerwerferin Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) liegt ein hartes Jahr. DM, WM und auch die EM im eigenen Land – alle Ereignisse fanden verletzungsbedingt ohne die Europameisterin von 2018 statt. In diesem Jahr kämpft die 29-Jährige um ihr Comeback in die Weltspitze und findet auf dem Weg immer besser zurück in ihren Rhythmus. So wertvoll auf dieser Reise war entsprechend auch der zweite Platz bei der Team-EM mit 60,05 Metern. „Auf dieser Weite lässt sich aufbauen“, sagte Christin Hussong im Anschluss. „Ich habe gemerkt, dass es deutlich weiter gehen kann.“

Der nächste wichtige Meilenstein: Der DM-Titel in Kassel. Im Vorjahr war aufgrund ihrer Abwesenheit der Weg frei für die Konkurrenz. Allen voran die erst 21-jährige Magdeburgerin Lea Wipper, die sich ihren ersten Titel bei den Aktiven holte, in diesem Jahr jedoch auf der Startliste fehlt. So geht die EM-Teilnehmerin von München, Jana Marie Lowka (Eintracht Frankfurt), als größte Herausforderin von Christin Hussong in den Wettkampf, konnte sich die U23-Meisterin des vergangenen Jahres in diesem Sommer doch bereits auf 58,89 Meter steigern. alex

Jahresbeste: Christin Hussong (LAZ Zweibrücken; 60,05 m)
Titelverteidigerin: Lea Wipper (SC Magdeburg; 60,98 m)
 


4x100 METER


München vor der Titelverteidigung?

Im vergangenen Sommer schallte der Siegesjubel der Sprinterinnen von der LG Stadtwerke München durch das Olympiastadion von Berlin. Die Chancen stehen gut, dass die Münchenerinnen diesen Coup in Kassel wiederholen können. Denn auch in diesem Sommer reist das Team mit der schnellsten Vorleistung an, nachdem es sich auch bereits in der Halle den Titel über die 4x200 Meter holen konnte – auch das im Übrigen eine Parallele zum vorherigen Jahr. 

Hoch einzuschätzen ist jedoch auch die Staffel des VfL Sindelfingen. Zwar verzichtet ihr schneller Neuzugang Jessica-Bianca Wessolly auf einen Einzelstart über die 200 Meter, ist jedoch nachwievor in der Meldeliste der Staffel zu finden und hält sich die Staffeloption somit offen. Mit 400-Meter-Hürden-Ass Carolina Krafzik hat das Team jedoch ohnehin eine ebenso starke Athletin in ihren Reihen, die sich bereits mehrfach auch in den Dienst der Mannschaft gestellt hat. Die EM-Achte war auch Mitte Mai in Pliezhausen beim Test ihrer Mannschaft mit von der Partie, als diese in 45,53 Sekunden die bislang zweitschnellste Zeit einer deutschen Vereinsstaffel in diesem Jahr aufstellen konnte. Eine Zeit, die am Wochenende in Kassel sicherlich unterboten werden kann. alex

Jahresbeste: LG Stadtwerke München (44,62 sec)
Titelverteidigerinnen: LG Stadtwerke München (44,16 sec)

DM 2023 Kassel

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