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Alexandra Burghardt wird für Geduld belohnt

Damit hat wohl kaum jemand gerechnet, am wenigsten wahrscheinlich Alexandra Burghardt selbst. Nach ihrem fulminanten Silbersprint bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften darf die 20-Jährige nun ihre Koffer packen. An der Seite von Vereinskameradin Verena Sailer reist sie in der kommenden Woche zu den Hallen-Europameisterschaften nach Prag.
Martin Neumann

Sechzehn. Diese Zahl spielte im Leben der Alexandra Burghardt wahrscheinlich nie eine besondere Rolle. Bis zum vergangenen Samstag. Als 16. der deutschen Jahresbestenliste über 60 Meter war die Sprinterin der MTG Mannheim zu den Deutschen Hallenmeisterschaften gereist. Eine Anwärterin aufs Karlsruher Halbfinale, wenn es gut läuft. So die Papierform. Dann kam erneut die Sechszehn ins Spiel. Gleich um so viele Hundertstel steigerte die 20-Jährige im Halbfinale ihre bis vor der DM gültige Bestzeit aus dem Jahr 2013 auf 7,24 Sekunden. Diese Zeit bestätigte sie im Finale noch einmal. Sensationssilber hinter ihrer überragenden Trainingspartnerin Verena Sailer (7,12 sec).

Alexandra Burghardt konnte gar nicht fassen, was ihr da gleich zweimal binnen einer knappen Stunde gelungen war. Nach Halbfinale und Finale schlug die gebürtige Bayerin immer wieder ihre Hände vor Freude vors Gesicht, nach dem Silberlauf flossen sogar ein paar Tränen. „Ich habe seit dem Herbst gut trainiert, konnte es aber noch nicht auf der Bahn zeigen“, sagte Alexandra Burghardt.

Zuletzt wurde sie von einer massiven Erkältung ausgebremst. Darum brachte sie lediglich eine Saisonbestzeit von 7,46 Sekunden mit nach Karlsruhe. Solche Zeiten ist die Sprinterin schon als 16-Jährige gelaufen. In der Jugend räumte sie etliche Titel im Flach- sowie Hürdensprint ab und gehörte zur U20-Sprintstaffel, die 2011 in Tallinn (Estland) bei der U20-EM einen uralten Europarekord der DDR auf 43,42 Sekunden verbesserte.

Immer wieder verletzt

Doch die Leistungskurve ging nicht immer steil nach oben. Verletzungen häuften sich. Immer wieder spielte die Hüfte nicht mit, zudem wurde 2013 ein Ermüdungsbruch erst spät diagnostiziert. Eine lange Pause folgte. Alexandra Burghardt zog die Konsequenzen. Sie verabschiedete sich vom Hürdensprint und wechselte von der LG Stadtwerke München in die Sprinthochburg Mannheim. „Meine Hüften sind einfach nicht für die Bewegungen im Hürdensprint geschaffen“, musste sich die 20-Jährige eingestehen.

Seit knapp einem Jahr wird sie nun von Valerij Bauer in Mannheim betreut. Nach einem Probetraining im Frühjahr 2014 gab der Erfolgscoach grünes Licht, seit diesem Jahr trägt sie auch die schwarz-grünen Vereinsfarben der MTG Mannheim. Dort hat sich im Training einiges für Alexandra Burghardt geändert. „Alles ist deutlich professioneller geworden. Beispielsweise haben wir eine spezielle Laufmaschine, die so in Deutschland wohl einzigartig ist, und trainieren deutlich kraftbetonter“, berichtet die Neu-Mannheimerin.

Hallen-EM statt Ruhephase

Im Karlsruher Finale beeindruckte die 1,81 Meter große Sprinterin mit einem kraftvollen, starken Finish. Das brachte ihr in 7,24 Sekunden Platz zwei vor Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge; 7,27 sec) und der dritten MTG-Sprinterin Yasmin Kwadwo (7,28 sec).

Die Konsequenz des Resultats: Die geplanten ruhigen Trainingswochen werden bei Alexandra Burghardt gestrichen und stattdessen durch einen weiteren Vorbereitungsblock ersetzt. Schließlich schaffte es die 20-Jährige auf den letzten Drücker, das Ticket zur Hallen-EM nach Prag (5. bis 8. März) zu lösen. „Bis heute habe ich mir gar keine Gedanken um die Hallen-EM gemacht. Nicht mal nach dem Vorlauf“, gestand die Mannheimerin. Schon im ersten DM-Rennen hatte sie sich auf 7,32 Sekunden verbessert.

Die Reise in die tschechische Hauptstadt wird Alexandra Burghardt zusammen mit Verena Sailer antreten. „Sie und die anderen Mädels haben mich in Mannheim toll aufgenommen. Ich fühle mich in der Gruppe sichtlich wohl“, sagte die 20-Jährige. Sichtlich wohl fühlte sie sich auch in der Rolle, endlich mal wieder über Bestzeiten statt über Verletzungen reden zu können. Und über ihre neue Lieblingszahl.

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