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Alexandra Wester meldet Olympia-Ambitionen an

Plötzlich Olympia-Kandidatin: Die Kölnerin Alexandra Wester hat sich am Mittwochabend beim PSD Bank Meeting in Düsseldorf mit einem Sprung mitten rein in die Weltklasse katapultiert. 6,72 Meter bedeuteten nicht nur Platz zwei in einem elitären Feld, sondern auch Westers Ankunft in der absoluten Spitze nach einer gefühlt nie enden wollenden Verletzungsmisere.
Alexandra Dersch

Ein spitzer Schrei, dann schlägt Alexandra Wester (ASV Köln) mit ungläubigem Blick in den Augen die Hände vor dem Mund zusammen. Auf der Anzeigetafel war soeben ihre Weite aus dem zweiten Versuch eingeblendet worden. 6,72 Meter. Nur die Winzigkeit von drei Zentimetern fehlte zur Norm für die Hallen-Weltmeisterschaften in Portland (USA; 18. bis 20. März). Es war ein Satz in neue Sphären für die erst 21-Jährige.

Der Weitsprung der Frauen war bereits im Vorfeld des PSD Bank Meetings als einer der Höhepunkte gehandelt worden. Kein Kunststück, schließlich waren mit Shara Proctor (Großbritannien) und Ivana Spanovic zwei Sieben-Meter-Springerinnen am Start, die sich im vergangenen Jahr zusammen mit der US-Amerikanerin Tianna Bartoletta einen packenden Kampf um die WM-Medaillen geliefert hatten. Dass aber Alexandra Wester in Düsseldorf aus dem erwarteten Zweikampf einen Dreikampf machen sollte und gar die WM-Zweite Proctor in Schach halten könnte, darauf hätte im Vorfeld wohl niemand allen Ernstes gewettet.

„Das sind wirkliche Vorbilder“, sagt Alexandra Wester über ihre Kontrahentinnen. Und: „Ich will ehrlich sein. Als ich zwischen Proctor und Spanovic anlaufen musste, da hatte ich wirklich Respekt.“ Respekt, der sie jedoch nicht hemmen sollte, denn auch im vierten und fünften Durchgang segelte die Überraschungs-Protagonistin mit 6,64 und 6,53 Metern über ihre bisherige Hallen-Bestmarke von 6,50 Metern, die sie erst zu Beginn dieses Winters aufgestellt hatte.

Entscheidung für den Hochleistungssport

Es ist ein harter Weg, der hinter der auffälligen Nachwuchsathletin, die auch als Fitnessmodell von namhaften Sportartikel-Herstellern gebucht wird, liegt. Mit 17 Jahren galt sie als heiße Kandidatin für die U18-Weltmeisterschaften im Siebenkampf. Doch eine schwere Knieverletzung, zugezogen beim Hürdensprint, ließ alle Träume vom ersten internationalen Einsatz platzen. Was folgte waren zwei Knieoperationen, immer wieder Beschwerden, Muskelfaserrisse und die Erkenntnis, dass sie den Siebenkampf zwar sehr liebt, aber das Verletzungsrisiko einfach zu hoch für ihren Körper ist.

Ein Jahr lang versuchte sie nach dem Abitur gar ihr Glück in Miami (USA), wo sie ihr Sportwissenschaftsstudium aufnahm, doch es war der Traum von Olympia, der sie zurück nach Deutschland brachte. „Ich habe mich für den Hochleistungssport entschieden“, sagt Alexandra Wester zu den Gründen, warum sie die USA wieder verlassen hat. „Hier finde ich die für mich optimalen Bedingungen, um mir diesen Traum zu erfüllen.“

Seit dem Sommer 2015 arbeitet sie nun an der Umsetzung des Olympia-Traums in Köln unter Charles Friedek. „Der für mich ideale Trainer“, sagt Alexandra Wester über den ehemaligen Dreisprung-Weltmeister. Anders als in den USA, wo viel Wert auf Maximalkraft gelegt wurde, steht hier mehr Athletik, mehr Sprungkrafttraining im Vordergrund. „Dieses Training hat mich sehr nach vorne gebracht.“

Portland im Terminkalender

Und auch an ihrer Ernährung hat die Tochter eines Deutschen und einer Ghanaerin, die in Gambia geboren und in Saulheim aufgewachsen ist, geschraubt. „Ich halte keine Diät, das könnte ich nicht, aber ich ernähre mich inzwischen bewusster und gesünder.“ Sieben Kilo hat sie seit ihrer Rückkehr aus den USA bis heute so verloren. Ein weiterer Mosaikstein auf dem Weg nach Rio.

„Ich wusste, dass ich in den Bereich der Hallen-WM-Norm springen kann, aber das jetzt tatsächlich geschafft zu haben, das fühlt sich wirklich besonders an“, sagt die DM-Siebte des Vorjahres. Und anders als einige andere deutsche Normerfüller will Alexandra Wester auch in Portland an den Start gehen. „Für mich liegt der Termin ideal“, sagt sie. „Zwei Wochen früher wäre die Konkurrenz viel größer gewesen. Die Chance auf eine Hallen-WM lasse ich mir doch nicht entgehen.“

Es könnten ihre ersten Meisterschaften im DLV-Trikot sein und ein erster Vorgeschmack auf das, was im Sommer noch folgen soll. 6,70 Meter sind für die Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien) gefordert. Dass sie eine derartige Weite drauf hat, das hat Alexandra Wester seit Mittwochabend schwarz auf weiß.

Video-Interview

<link video:13302>Alexandra Wester: "Hallen-WM spielt für mich eine große Rolle"

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