| Interview der Woche

Alina Reh: "Wenn Attacke, dann richtig!"

Alina Reh (SSV Ulm 1846) war die dominierende Läuferin bei den Deutschen Cross-Meisterschaften in Löningen. In einem stark besetzten Feld ließ die 19-Jährige nur eine Woche nach zwei 3.000-Meter-Starts bei der Hallen-EM in Belgrad (Serbien) die versammelte Konkurrenz stehen und lief über 5,84 Kilometer in 19:40 Minuten mit großem Vorsprung von fast einer halben Minute zu ihrem ersten Cross-Titel bei den Aktiven. Im Interview wirft sie einen Blick zurück auf Belgrad und voraus auf die Sommersaison.
Birte Grote

Alina Reh, herzlichen Glückwunsch zum deutschen Meistertitel. Hat sich das Rennen so locker angefühlt wie es aussah?

Alina Reh:

Vielen Dank. Nein, eigentlich gar nicht. Ich habe mich nach den beiden 3.000-Meter-Läufen in Belgrad schon ziemlich müde gefühlt. Aber eigentlich hatten wir gar nicht mit der Hallensaison geplant. Ich wollte nur bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig laufen, weil ich dachte, die Bahn liegt mir. Die EM war dann sehr hart. Aber ich hatte mir den Start hier in Löningen schon lange vorgenommen. Ich laufe gerne Cross und wollte hier starten, um Spaß zu haben und einfach mal schauen, wie ich mich fühle.

Wo nimmt man dann den Mut her, sich schon so früh und deutlich abzusetzen, wenn eine Sabrina Mockenhaupt (LT Haspa Marathon Hamburg) oder auch die Cross-Vize-Europameisterin der U23 Anna Gehring (SC Itzehoe) im Feld laufen?

Alina Reh:

Ich habe mich dann doch ganz okay gefühlt. Die Müdigkeit habe ich gespürt, aber als ich mit Anna vorne im Feld zusammengearbeitet habe, dachte ich, ich versuche es mal. Mein Trainer Jürgen Austin-Kerl hat gesagt 'wenn Attacke, dann richtig', also habe ich den Antritt dann auch mutig gesetzt. Es hat irgendwie geklappt!

Gab es im Rennen Zweifel, dass das Verfolgerfeld noch einmal näher kommt? Es gab einen sehr spannenden Kampf um die weiteren Medaillenplätze und das Rennen hinter Ihnen war daher ebenfalls sehr schnell.

Alina Reh:

Ja, die Zweifel, ob ich das so durchhalte, gab es in der dritten Runde. Ich dache, 'Alina, was hast du da bloß gemacht?' Aber der Abstand ist nicht kleiner geworden, sodass ich zum Schluss das Tempo sogar noch mal ein bisschen rausnehmen konnte. Es lag bestimmt auch an der Euphorie, dass das Rennen so toll gelaufen ist.

Sie haben jetzt Ihren ersten Cross-Titel bei den Aktiven geholt, Ihr erster internationaler Start außerhalb der Jugendklassen ist erst eine Woche her. Gibt es einen großen Unterschied?

Alina Reh:

Auf jeden Fall. Es ist irgendwie alles professioneller und größer. Im Callroom merkt man schon, dass jeder genau weiß, was er tut. Bei den Jugendlichen merkt man noch, dass es viele gibt, die auf andere schauen, wie die das machen. Auch bei den Läufen habe ich gemerkt, dass das Feld viel erfahrener war, es gab kein Abtasten. Für mich war es eine große Ehre, mit Größen wie David Storl oder Raphael Holzdeppe in einem Team zu sein! Es war schön, dabei gewesen zu sein.

Konnten Sie sich etwas von den erfahrenen Athleten abschauen?

Alina Reh:

Ja und zwar, dass das letztendlich auch nur Menschen sind. Man sollte immer so bleiben, wie man ist,  und seine eigenen Erfahrungen sammeln.

Sie konnten zweimal gegen eine überragende Laura Muir (Großbritannien) starten, die im 3.000-Meter-Finale Meisterschaftsrekord gelaufen ist. Wie haben Sie das erlebt?

Alina Reh:

Das war Wahnsinn! Hanna [Klein] und ich waren total aufgeregt vorher, wir wollten eigentlich auch ein Foto mit ihr machen. Das hat leider nicht geklappt. Aber es war ein schönes Gefühl, im Vorlauf schneller gewesen zu sein. Auch wenn ich natürlich weiß, dass sie nur austrudeln lassen hat. Ihr Antritt ist enorm, sie ist ein großes Vorbild.

Welche Pläne gibt es für die Bahnsaison im Sommer?

Alina Reh:

Ich werde mich auf 5.000 und 10.000 Meter konzentrieren. Die Norm für die U23-Europameisterschaften in Bydgoszcz ist das Ziel. Außerdem werden auch wieder Starts über 1.500 Meter anstehen, die muss ich einfach schnell laufen können, um auch auf der langen Strecke gut zu sein.

Sind die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien) im August auch ein Thema?

Alina Reh:

Nein, bisher noch gar nicht. Ich möchte Schritt für Schritt schauen, was möglich ist und vor allem mit Spaß und Lockerheit weiter trainieren.

Nachdem das vergagenene Jahr sehr von Verletzungen geprägt war: Arbeiten Sie nun anders im Training, um Verletzungen vorzubeugen?

Alina Reh:

Ich habe mental sehr viel dazu gewonnen. Ich habe mir diese Saison so wirklich nicht gewünscht, aber wahrscheinlich muss da jeder mal durch. Im Training achten wir darauf, dass die Belastungen auf der Bahn nicht zu hoch werden und wir auch viel auf weichem Waldboden trainieren.

Mehr:

<link video:16191>Video: Alina Reh rennt allen davon
<link news:55060>Cross-DM Löningen: Acht Renn-Entscheidungen im Überblick

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024