| Interview der Woche

Alina Reh: „Leidenschaft fürs Laufen war noch nie so groß“

Um satte 25 Sekunden hat Alina Reh (SSV Ulm 1846) am Samstag beim Berliner Läufermeeting ihre 5.000-Meter-Bestzeit gesteigert und in 15:16,39 Minuten überraschend die Norm (15:22,00 min) für die WM in London (Großbritannien; 4. bis 13. August) erfüllt. Im Interview mit leichtathletik.de bedankt sich die 19-Jährige bei ihrer Tempomacherin Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen) und spricht über ihre weiteren Saisonziele.
Jan-Henner Reitze

Alina Reh, herzlichen Glückwunsch. Nach Ihrer starken Hallensaison mit Rang acht bei der Hallen-EM über 3.000 Meter hätten wir Ihnen eine Steigerung zugetraut, aber gleich zum Saisoneinstieg ein solcher Leistungssprung hat uns überrascht. Sie auch?

Alina Reh:

Ich war auch überrascht. Mein erster Dank gilt Konstanze, die für mich die ersten 2.000 Meter Tempo gemacht hat. Sie hat das noch nie vorher gemacht und war deshalb ein bisschen nervös, ich auch. Aber Konstanze hat das super gemacht. Als sie aus dem Rennen gegangen ist, dachte ich mir dann: Jetzt wird es hart, 3.000 Meter allein und es war windig. Ich habe draufgedrückt und durchgezogen. Dass die Uhr bei 15:16 Minuten stehengeblieben ist, habe ich nicht erwartet. Es freut mich natürlich riesig.

Hat sich eine solche Zeit im Training angedeutet?

Alina Reh:

Ich war zwei Wochen im Trainingslager und bin am Sonntag vor dem Rennen in Berlin zurückgekommen. Das Trainingslager lief richtig gut. Wir waren in Kempten im Allgäu, also gar nicht weit weg. Die Bedingungen waren vom Wetter nicht optimal, aber die Einheiten liefen top. Ich hatte viel Freude. Wir haben viel im Gelände trainiert, aber auch zwei Einheiten auf der Bahn absolviert. Da standen 400er und 1.000er auf dem Programm. Für die Jahreszeit waren die Zeiten sehr gut. Dass es so schnell werden würde, hat sich aber nicht angedeutet. Mit einer Zeit in Richtung 15:30 habe ich allerdings schon geliebäugelt.

Viele DLV-Athleten reisen zur Saisonvorbereitung in die Ferne, beispielsweise nach Flagstaff in den USA oder nach Südafrika. Warum bevorzugen Sie nach wie vor eine Vorbereitung nahe Ihrer Heimat?

Alina Reh:

Solche Trainingslager in der Ferne werden für mich in den nächsten Jahren vermutlich auch kommen. Allerdings bin und bleibe ich ein sehr heimatverbundener Mensch. Umfeld, Bett und Essen müssen für mich passen. Dann kann ich auch gute Leistungen abliefern. Für mich war die letzte Saison nicht so einfach, auch mental. Deshalb habe ich Abstand gesucht und wollte auch jetzt mein Trainingslager für mich machen. Da kann ich Kraft sammeln.

Im vergangenen Jahr wirkte es so, als sei Ihnen die Unbeschwertheit etwas abhanden gekommen. Dieses Jahr starten Sie wieder voll durch. Wie gelingt Ihnen das?

Alina Reh:

Ich habe wieder die volle Freude am Laufen gefunden. Die war zwar immer da, stand zwischenzeitlich aber nicht mehr im Vordergrund. Ich habe den Leistungssport mehr als Last und Druck empfunden. Das ist jetzt weg. Ich habe momentan so viel Leidenschaft fürs Laufen wie noch nie. Mir macht es einfach Freude, an und mit meinem Körper zu arbeiten. Ich glaube, dass macht auch meine Leistung im Moment aus.

Sie stehen mit 19 Jahren noch ganz am Anfang Ihrer Karriere. Mussten Sie auch lernen, Geduld zu haben?

Alina Reh:

Es ging im Jugendbereich schnell bergauf und ich hatte viele große Erfolge. Letztes Jahr kam ein kleines Loch, auch aufgrund einer Verletzung. Man muss lernen, mit einer solchen Situation umzugehen. Es kommen auch Phasen, in denen es schwer wird. Durch diese Phasen muss man sich durchkämpfen. Aber wenn man Freude und Spaß am Sport hat, kann man jedes Tief überwinden.

Nachdem Sie 2015 Doppel-Europameisterin der U20 geworden sind, haben Sie mit neuem Trainer und neuem Verein Ihr Umfeld verändert. Während der vergangenen Saison haben Sie dann noch einmal den Trainer gewechselt und werden seitdem von Jürgen Austin-Kerl betreut. Was zeichnet ihn aus?

Alina Reh:

Das Zwischenmenschliche passt einfach. Wir verstehen uns hervorragend. Er hat extrem viel Kompetenz und Ahnung. Auf der anderen Seite denke ich, es kommt gar nicht so sehr darauf an, ob ein Trainer eine A-, B- oder C-Lizenz hat. Wenn er menschlich top ist, den Athleten richtig einstellen kann und weiß, wie er tickt, funktioniert es besser.

Welche Rennen planen Sie als nächstes?

Alina Reh:

Ich laufe am übernächsten Wochenende die Deutschen Meisterschaften über 10.000 Meter in Bautzen. Danach setzen wir uns nochmal zusammen, um zu schauen, wie die Saison weitergeht. Nach dieser Zeit über 5.000 Meter werde ich die weitere Planung mit Jürgen und Bundestrainer Henning von Papen besprechen.

Nach Ihrer erfolgreichen Hallensaison und dem anschließenden Titel bei der Cross-DM im März haben Sie die WM in London noch nicht als Ziel ausgegeben. Das hat sich jetzt geändert, oder?

Alina Reh:

Ja. Allerdings lasse ich alles auf mich zukommen. Schauen wir mal, was die anderen Mädels noch bringen und wer noch die Norm läuft. Das Rennen in Berlin war ein richtig guter Einstieg in die Saison für mich. Schauen wir mal, wie es weiter geht. Es ist ja erst Anfang Mai.

Ausgegebenes Hauptziel des Sommers war bisher die U23-EM in Bydgoszcz (Polen; 13. bis 16. Juli). Denken Sie bei dieser Meisterschaft nun in Richtung einer Medaille? Ihre neue Bestzeit würde dies erlauben…

Alina Reh:

Ich beschäftige mich gar nicht so sehr mit Zeiten, Normen und Statistiken. Ich versuche mich auf das zu konzentrieren, was ich aktuell mache. Dann schauen wir mal, wie es bei der U23-EM läuft.

Mehr:

<link news:56251>Alina Reh läuft WM-Norm und pulverisiert Bestzeit

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