| Interview

Annette Funck: "Die schönste Nebensache der Welt"

Annette Funck (36) gehörte zu den besten Hürdensprinterinnen Deutschlands. Nach fünf Jahren Pause wagte sie ein Comeback und lief bereits wieder 13,69 Sekunden. Im Interview mit Leichtathletik spricht die vierfache Mutter über den Stellenwert von Leistungssport und Familie.
Martin Neumann

Annette Funck, Sie hätten mit 13,69 Sekunden im Hürdensprint Chancen auf das DM-Finale gehabt. Warum starten Sie aber nicht in Ulm?

Annette Funck:
Weil mein Leben andere Prioritäten hat. Ganz oben steht die Familie, mein Mann und ich haben vier Kinder. Da muss der Sport halt eine untergeordnete Rolle einnehmen. Außerdem arbeite ich als Grundschullehrerin in Walsrode, und in Niedersachsen haben wir noch keine Ferien. Ich muss mich fragen, was wichtiger ist. Die Familie oder vielleicht noch einmal 13,50 Sekunden zu laufen? Die Antwort habe ich für mich gefunden.

Sie haben in diesem Jahr nach fünf Jahren Pause ein Comeback gewagt. Wie kam es dazu?

Annette Funck:
Ganz ehrlich: Es war die typische Silvester-Idee. Ich habe mir für 2014 vorgenommen, es einfach noch einmal zu probieren. Es hat geklappt – und ich habe richtig viel Spaß dabei.

Ihre erste Karriere ging bei den Deutschen Meisterschaften 2008 in Nürnberg mit einem heftigen Sturz im Finale zu Ende. War das ein Grund dafür, noch einmal die Spikes zu schnüren?

Annette Funck:
Die Andenken vom Sturz habe ich in Form einer Schiene immer noch im Arm. Es waren mehrere Operationen notwendig, da Elle und Speiche gebrochen waren. Ich habe es jahrelang gemieden, über eine Hürde zu laufen. Jetzt weiß ich wieder, wie viel Freude es macht. Für mich ist es die schönste Nebensache der Welt.

Wie viel Zeit bleibt mit Beruf und vier Kindern fürs Training?

Annette Funck:
Meistens komme ich auf drei bis vier Einheiten in der Woche. Wenn es von der Belastung gar nicht geht, verschiebe ich auch einfach ein Training. Das wird spontan entschieden. Wir haben zu Hause einen kleinen Kraftraum, so kann ich einige Sachen ohne großen Aufwand trainieren. Ich war auch nie ganz weg vom Sport, habe an Volksläufen teilgenommen und mich fit gehalten.

Welches waren die schönsten Momente Ihrer Karriere?

Annette Funck:
Natürlich der Start vor heimischer Kulisse beim Europacup 2007 in München. Dort eine Bestzeit zu laufen, war ein tolles Erlebnis. Auch an Ulm denke ich gern zurück. Dort bin ich 2003 zweimal DM-Zweite geworden, über die Hürden und mit der Staffel von der LG Weserbergland.

Jetzt haben Sie aber Ihren WM-Titel unterschlagen …

Annette Funck:
… der gehört in eine ganz andere Schublade. Natürlich war es schön, bei der Hallen-WM der Seniorinnen im März zu gewinnen. Aber das ist nicht mit den früheren Erfolgen zu vergleichen. Damals stand das Hürdenlaufen an erster Stelle.

Welche Tipps können Sie Müttern geben, die wieder in den Leistungssport zurückkehren wollen?

Annette Funck:
Man muss auf Änderungen im Tagesablauf gefasst sein und bei der Trainingsplanung spontan reagieren. Ich habe beispielsweise über Jahre – unsere Kinder sind zwischen drei und neun Jahre alt – kaum eine Nacht durchgeschlafen. Das muss der Körper erst einmal verkraften. Auch braucht er seine Zeit, bis er wieder voll belastbar ist. So kann ich vor Stabhochspringerin Desiree Singh nur den Hut ziehen. Keine zwei Jahre nach der Geburt ihres Kindes schon wieder eine Bestleistung in einer so anspruchsvollen Disziplin aufzustellen, ist bemerkenswert. Ich bin auch meine Bestzeit von 13,09 Sekunden erst nach der Geburt der Zwillinge gelaufen. Darauf bin ich stolz.

Haben Sie eigentlich noch sportliche Ziele?

Annette Funck:
Vor ein paar Tagen habe ich gelesen, dass der deutsche W35-Rekord von Sabine Braun bei 13,49 Sekunden steht. Vielleicht kann das kommendes Jahr ein Ziel werden. Mal sehen, was der Silvestertag 2014 bringt.

Quelle: Leichtathletik - Fachzeitschrift

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