| Weinheim

Christian Reif segelt auf 8,49 Meter

Die Kurpfalz-Gala in Weinheim war als „Weitsprung-Fest“ angekündigt - und wurde den Vorschusslorbeeren gerecht.
Silke Morrissey

Gleich vier deutsche Weitenjägerinnen landeten am Samstag jenseits der Norm für die EM in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August). Für den Glanzpunkt sorgte aber Christian Reif, der erst bei herausragenden 8,49 Metern landete. Die ersten Akzente hatten am Mittag mit vier EM-Normen die Sprinter und Hürdensprinter gesetzt.

Vier Jahre musste Christian Reif (LC Rehlingen) darauf warten, wieder in die Regionen vorzustoßen, die ihm 2010 EM-Gold beschert hatten. In Weinheim war es schließlich so weit: Im dritten Versuch landete er erst bei 8,49 Metern – Bestleistung um zwei Zentimeter gesteigert, deutschen Rekord nur um fünf Zentimeter verpasst und in der ewigen deutschen Bestenliste mit dem Hamburger Sebastian Bayer gleichgezogen.

„Ich habe immer gesagt: Ich traue mir zu, wieder so weit zu springen“, sagte Christian Reif. „Ich habe den Jubel der Leute gehört, ich habe gefühlt, dass der Sprung supergut war…“ Aber 8,49 Meter? Damit habe er nicht gerechnet, eher mit einer Weite zwischen 8,20 bis 8,30 Metern. Sein eigentliches Ziel: als jahresbester Deutscher beim Heimspiel in Rehlingen (9. Juni) anzutreten – jetzt hat er die Latte deutlich höher gehängt.

Weitsprung-Sieg der Frauen hart umkämpft

6,88 Meter, 6,81 Meter, 6,72 Meter, 6,70 Meter - die Weitsprung-Ergebnisse der Kurpfalz-Gala im Frauen-Wettbewerb lesen sich wie die eines EM-Finales. In Weinheim waren es diesmal die jungen Athletinnen, die den Arrivierten ein Schnippchen schlagen konnten.

U20-Europameisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) hatte sich im fünften Versuch mit Bestleistung von 6,81 Metern an die Spitze gesetzt. Im sechsten Durchgang holte sich U23-Europameisterin Lena Malkus (SC Preußen Münster) mit Hausrekord von 6,88 Metern den Sieg. Ebenfalls stark: Melanie Bauschke (LAC Olympia Berlin; 6,72 m) mit EM-Norm und die Wattenscheiderin Sosthene Moguenara, die diesmal bei 6,70 Metern landete.

"Ich kann das noch gar nicht glauben", gestand Lena Malkus anschließend. Hüftbeschwerden hatten die Saisonvorbereitung begleitet und ein großes Fragezeichen über die EM-Saison gesetzt. Erst kurzfristig war die Entscheidung für einen Start in Weinheim gefallen. Dass es dort so weit hinaus gehen würde - damit hatte die Psychologie-Studentin nicht gerechnet.

Hürdensprinter drehen auf

Die erste EM-Norm des Tages konnte bereits im zweiten Rennen des Tages gefeiert werden: Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) gelang über 110 Meter Hürden in 13,54 Sekunden eine Punktlandung. Im dritten Vorlauf folgte der Paukenschlag: Matthias Bühler (LG Offenburg) erzielte in 13,39 Sekunden (+1,2 m/sec) die drittschnellste Zeit seiner Karriere.

"Ich habe mich richtig auf den Wettkampf gefreut" strahlte Bühler anschließend. "Das Training in den letzten zwei Wochen lief richtig gut und ich habe mich spritzig gefühlt."

Nach einem Freudenausbruch im Zieleinlauf war die Luft raus - der Offenburger verzichtete auf das Finale. Hier setzte Gregor Traber in 13,51 Sekunden noch einen drauf. Der Leipziger Erik Balnuweit (13,57 sec) näherte sich der EM-Norm bis auf drei Hundertstel.

Nadine Hildebrand unter 13 Sekunden

Die Deutsche Meisterin Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen) ließ es im Vorlauf (13,04 sec) noch vergleichsweise ruhig angehen. Im Finale machte sie ernst und rannte in 12,93 Sekunden auf und davon. Die Normjagd für Zürich ist damit abgehakt. Einen starken Eindruck hinterließ auch die Chemnitzerin Franziska Hofmann, der in 13,22 Sekunden nur zwei Hundertstel zur Bestleistung fehlten. Knapp dahinter: Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01; 13,23 sec).

Für die größte Überraschung im Hürdenwald aber sorgte ein U20-Athlet: Patrick Elger (LAC Erdgas Chemnitz) rannte fast aus dem Nichts in 13,48 Sekunden zur Norm für die U20-WM in Eugene (USA; 22. bis 27. Juli) die bei 13,70 Sekunden liegt.

Aufgrund einer langwierigen Schambein-Entzündung konnte er seit Ende 2012 keine Wettkämpfe mehr bestreiten, in Weinheim meldete er sich mit einer Topleistung zurück. "Ich war heiß darauf, endlich wieder zu starten", sagte er. Seine Trainingspartnerin Franziska Hofmann war von der Leistung nicht überrascht: "Man hat schon im Training gesehen, dass Patrick gut drauf ist!"

Christian Blum schnell wie nie

Ein gelungener Start, ein paar schnelle Schritte und Christian Blum hatte sich vom Feld abgesetzt: Der Wattenscheider war über 100 Meter eine Klasse für sich und so schnell wie noch nie zuvor in seiner Karriere. 10,20 Sekunden - Bestleistung und EM-Norm (10,24 sec). Auf Rang drei kam hinter dem Finnen Jonathan Astrand (10,31 sec) der Wolfsburger Sven Knipphals (10,32 sec) ein.

"Meine alte Bestleistung war sieben Jahre alt", sagte Christian Blum nach dem Rennen fast ein wenig fassungslos. Sein Rezept für die gute Zeit: das gelungene Trainingslager der deutschen Sprinter in Clermont, Florida (USA). "Wir haben sechs Wochen konzentriert zusammen gearbeitet und uns immer gepusht. Das ist ein ganz hohes Niveau. Es ist schon fantastisch, was der deutsche Sprint zurzeit leistet."

Esther Cremer auch über 100 Meter fix

Schnellste Frau war in Weinheim die Norwegerin Ezinne Okparaebo (11,25 sec) vor der Rumänin Andreea Ograzeanu (11,31 sec). Dahinter kamen auf den Rängen drei und vier in 11,38 Sekunden zeitgleich 400-Meter-Spezialistin Esther Cremer (TV Wattenscheid 01) und Newcomerin Josefina Elsler (LC Paderborn) ein.

Im U20-Wettbewerb schrammte Siebenkämpferin Celina Leffler (SSC Koblenz-Karthause; 11,72 sec) nur um zwei Hundertstel am Richtwert für Eugene vorbei - und zeigte wenig später auch mit Bestleistung im Weitsprung (6,32 m), dass sie in Topform ist. Sebastian Schürmann (SC Falke Saerbeck) machte bei seinem 100-Meter-Sieg in 10,47 Sekunden der zu starke Wind (+2,5 m/sec) einen Strich durch die U20-WM-Norm.

Mit dem zweitbesten Rennen ihrer noch jungen Karriere machte einmal mehr Gina Lückenkemper (LAZ Soest) auf sich aufmerksam. In 23,45 Sekunden war sie hinter Esther Cremer (TV Wattenscheid 01; 23,15 sec) und der Finnin Hanna-Mari Laatvala (23,34 sec) über 200 Meter die drittschnellste Athletin und kann für diese Strecke getrost mit Eugene planen.

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