| Neue Bundestrainerin

Claudia Marx ermutigt Athleten, niemals aufzugeben

Von der Top-Langsprinterin zur Bundestrainerin: Claudia Marx ist seit diesem Jahr im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) für die 400 Meter-Läuferinnen verantwortlich. Die Dresdnerin hat in ihrer eigenen Karriere internationale Staffel-Medaillen gewonnen und sieht auch bei den gegenwärtigen Athletinnen großes Potenzial. Ihre Einstellung: Niemals aufgeben.
Pamela Lechner

Den Staffel-Stab für ihr neues Amt als Bundestrainerin hatte Claudia Marx im Januar von ihrem Vorgänger Tobias Kofferschläger im Rahmen des Trainingslagers auf Teneriffa (Spanien) erhalten, wo fast alle Kader-Athletinnen vor Ort waren. „Dort durfte ich die Mädels kennenlernen und das erste Mal mit ihnen arbeiten“, erzählt die 40-Jährige, die in dieser Woche nach Okinawa (Japan) reist – ins Vorbereitungscamp für die inoffizielle Staffel-WM.

Mit den IAAF World Relays in Yokohama (11./12. Mai) steht die erste große Herausforderung für Claudia Marx und ihr neues Team bevor. Die deutsche 4x400 Meter-Staffel der Frauen will sich im Rahmen des Events für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober) qualifizieren. Die Chancen dafür stehen auf dem Papier sehr gut.

Staffel mit Zukunft

Mit Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg) kehrt eine der Leistungsträgerinnen der letzten Jahre nach ihrer Verletzungspause in die Staffel zurück. Mit der Deutschen Meisterin Nadine Gonska (MTG Mannheim) und U23-Vize-Europameisterin Laura Müller (LC Rehlingen) gibt es zwei weitere DLV-Langsprinterinnen, die die 400 Meter unter 52 Sekunden laufen können. Der Traum der Bundestrainerin für 2019: Eine Staffel-Zeit, die Hoffnungen auf einen Finaleinzug bei der WM macht, und drei Einzelstarterinnen für Doha, die die WM-Norm von 51,80 Sekunden schaffen.

Neben den drei Etablierten machen auch aufstrebende junge Athletinnen wie die U20-Weltmeisterin über 4x100 Meter Corinna Schwab (LG Telis Finanz Regensburg), WM- und EM-Teilnehmerin Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim) oder Hallen-Aufsteigerin Luna Bulmahn (VfL Eintracht Hannover) für eine erfolgreiche Zukunft der 4x400 Meter-Staffel Mut.

Wandel in den Trainingsmethoden

Vor ihrem neuen Amt als Bundestrainerin hat Claudia Marx mehrere Jahre als Stützpunktrainerin am OSP Chemnitz/Dresden und als Bundesnachwuchstrainerin gearbeitet. Für den DLV betreute sie zuerst den männlichen Nachwuchs im Langhürden-Bereich, dann zuletzt die Kurzsprinter und deren international erfolgreiche Staffel. Nun mit gestandenen Athletinnen zu arbeiten sei eine Umstellung.

„Es geht jetzt vor allem um gutes trainingswissenschaftliches Arbeiten und eine gute Betreuung in den Trainingslagern“, sagt die gebürtige Berlinerin. Dabei hilft ihr die Erfahrung ihrer eigenen Karriere. „Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie hart die Mädels trainieren, wieviel sie opfern für eine gute Leistung und wie anstrengend und herausfordernd diese Strecke ist.“ Als Beraterin und Motivatorin beim Durchstehen harter Trainingseinheiten kann Claudia Marx helfen.

Verändert haben sich im Vergleich zu ihrer Zeit als 400 Meter-Läuferin die Trainingsmethoden, und das sei auch gut so. „Wir haben früher viel im Ausdauerbereich gearbeitet, viel mit langen ausdauernden Läufen, die uns zwar eine gewisse Härte gegeben haben, aber die Sprint-Leistung eingeschränkt haben.“ Athletinnen wie Nadine Gonska oder Laura Müller seien alles Sprint-Typen, für die es kontraproduktiv wäre, oft längere Distanzen zu rennen. „Insofern bin ich froh darüber, wie die Heimtrainer die Trainingspläne gestalten“, meint Claudia Marx.

Zusammenarbeit mit Jörg Möckel und Ronald Stein

Als Heimtrainerin betreut sie in Dresden unter anderen Frieder Scheuschner, der bei der Jugend-DM in Rostock über 200 Meter auf den Silberrang sprintete und nun in die Aktiven-Klasse aufgerückt ist, sowie weitere jugendliche Kaderathleten aus dem Bereich (Lang-)Sprint. Dabei gibt es eine gute Zusammenarbeit mit Männer-Bundestrainer Jörg Möckel (Chemnitz), und auch DLV-Staffel-Teamleiter Ronald Stein steht als Mentor weiterhin mit Rat und Tat zur Seite.

Claudia Marx ist derzeit eine von insgesamt nur drei Frauen im DLV, die als Bundestrainerin oder Teamleiterin im Erwachsenen-Bereich tätig sind. Mit einer sechsjährigen Tochter zu Hause, die diesen Herbst in die Schule kommt, ist der neue Job mit viel Reisetätigkeit schon eine Herausforderung. Die Aufgabe nimmt sie mit Enthusiasmus an: Ihr persönlicher Einsatz und die Investitionen der Langsprinterinnen sollen sich am Ende sportlich auszahlen.  

Comeback als Athletin nach schwerem Unfall

Was Claudia Marx den Athleten mitgeben möchte, ist vor allem eines: „Aufgeben ist keine Option.“ Man kann nach Rückschlägen immer wieder zurückkommen, man kann aus diesen Rückschlägen lernen und sogar gestärkt auf die Bahn zurückkehren. Das erlebte die Trainerin, deren Vater Berliner Meister im Hochsprung war und deren Mutter in der Basketballauswahl der DDR spielte, in ihrer eigenen Karriere.

Im Jahr 1998 erlitt sie als 19-Jährige bei einem Autounfall Brüche an sechs Rippen, dazu war ein Lungenflügel eingefallen, drei Tage musste sie im Krankenhaus beatmet werden. Ihre sportliche Laufbahn schien zwischenzeitlich in Gefahr. Doch Claudia Marx kämpfte sich zurück. Und es lohnte sich.

Ein Jahr später steigerte sie ihre 400 Meter-Bestzeit auf 52,26 Sekunden (später 51,41 sec) und gewann mit der DLV-Staffel über 4x400 Meter Silber bei der U23-EM in Göteborg (Schweden). Ihre größten Erfolge feierte sie mit Staffel-Silber bei den Weltmeisterschaften 2001 und Staffel-Gold bei der EM 2002 in München. „Für mich kam es nie in Frage aufzugeben“, sagt die Bundestrainerin. Aus ihrem damaligen Comeback hat Claudia Marx viel Stärke gezogen, die sie auch in ihrem neuen Job begleitet.

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