| Stabhochsprung

Florian Gaul – Traumhafte Saison ohne Happy End

Stabhochspringer Florian Gaul ist aktuell der beste Deutsche seiner Disziplin. Zu den Olympischen Spielen kann er aber nicht mitfahren, weil er die Norm zu spät sprang. Das wurmt ihn – allerdings nur ein bisschen. Denn der 24-Jährige weiß, dass er die Zukunft noch vor sich hat.
Thorsten Eisenhofer

Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) war am Dienstagabend beim 22. Stabhochsprung-Meeting in Jockgrim mittendrin, aber nicht dabei. Der Weltmeister von 2013 verzichtete auf einen Start beim Meeting in der Pfalz, um sich gezielt auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien; 12. bis 21. August) vorbereiten zu können. Trotzdem war der 26-Jährige gefragt: Als Fotomotiv, als Gesprächspartner, als Autogrammeschreiber.

Florian Gaul war am Dienstagabend in Jockgrim dabei, aber nicht mittendrin. Der Athlet des VfL Sindelfingen hatte seine Anfangshöhe von 5,35 Meter nicht geschafft. Der 24-Jährige schaute sich den Wettkampf anschließend von einem Platz in Mitten der Zuschauer an, konnte, von Autogrammjägern und Fotowünschen unbehelligt, am Crêpe-Stand anstehen und auch später in Ruhe seine Stäbe Richtung Auto tragen.

Dabei ist Florian Gaul in diesem Jahr aktuell der beste deutsche Stabhochspringer. In Rottach-Egern überflog er am vergangenen Samstag 5,77 Meter. Damit steht er auf Platz sieben in der Weltjahresbestenliste. Nur wenn die Weltbesten im August in Rio de Janeiro bei den Olympischen Spielen starten, wird Florian Gaul nicht dabei sein. Er ist die Norm gesprungen – aber eben wenige Tage zu spät. So wie er am 24. Juni in Ingolstadt mit 5,65 Metern die EM-Norm sprang – ebenfalls wenige Tage zu spät für eine Teilnahme in Amsterdam (Niederlande).

Rio war kein "Muss-Ziel"

Wenn man sich mit dem Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik über dieses Thema unterhält, dann schwingt ein bisschen Enttäuschung mit. „Natürlich ist es ärgerlich, die Norm zu spät gesprungen zu sein. Es wäre schön gewesen, in Rio dabei zu sein. Es ist jetzt schon eine Genugtuung, auf Platz eins der DLV-Bestenliste zu stehen“, sagt Florian Gaul.

Aber er weiß eben auch, dass er die Norm zum einen zu spät gesprungen ist („Ich hätte bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel zeigen müssen, was ich drauf habe“) – und zum anderen war Olympia kein Muss-Ziel für den Stab-Artisten. Wenn überhaupt, war Rio ein Kann-Ziel. „Ich habe vor der Saison eigentlich nicht damit gerechnet, eine Chance zu haben, weil die nationale Konkurrenz schon sehr stark ist.“

Nach Verletzungsphase geht es nach oben

Der Neunte der U23-EM von 2013 hat in den vergangenen zwei Jahren auch schwierige Zeiten durchgemacht. Vor eineinhalb Jahren ereilte ihn ein Bandscheibenvorfall. Es war, vor allem zu Beginn der Verletzung, keine leichte Zeit für Florian Gaul, der doch das eine oder andere Mal zweifelte. Bis ihm bewusst wurde, dass es Karrieren ohne Verletzungen eigentlich nicht gibt. Und man einfach weitermachen muss. Auch in schlechten Zeiten.

So hat ihn die Verletzungsphase irgendwie auch weitergebracht. Denn schon im vergangenen Jahr steigerte er sich auf 5,53 Meter. Dieses Jahr musste er dann wegen einer entzündeten Bizepssehne zwei Wochen aussetzen. Wohl auch ein Grund, warum die Leistungsexplosion (zu) spät kam. Immerhin steigerte sich der DM-Siebte von seiner Hallenbestleistung (5,60 m) ausgehend innerhalb weniger Tage um 17 Zentimeter. „Dass ich 5,77 Meter springe, hat mich schon ein bisschen überrascht“, sagt Florian Gaul. Vor allem, weil er seine Bestleistung ja innerhalb des Wettkampfes zuvor schon auf 5,70 Meter geschraubt hatte.

Fernziel Olympische Spiele in Tokio

Der Wettkampf war in gewisser Weise auch ein Zukunftsversprechen an sich selbst, ein Moment, der ihm gezeigt hat, was in den kommenden Jahren möglich sein kann. „Ich habe nun die Zuversicht, mich in den kommenden Jahren für internationale Großereignisse qualifizieren zu können“, sagt Florian Gaul. Olympia in Tokio (Japan) 2020 ist sein Fernziel. Am liebsten wäre es ihm natürlich, wenn es im kommenden Jahr schon mit einem Start bei einer internationalen Meisterschaft klappt. Aber spätestens bei der EM 2018 in Berlin will er dabei sein.

Nun wird Florian Gaul noch bei zwei Meetings, in Mössingen (23. Juli) und in Köln (6. August), springen. Dann wird er in den Urlaub fahren, um vielleicht schon Mitte September wieder in die Saison einsteigen zu können, und sich den Stabhochsprung-Wettkampf in Rio den Janeiro im Fernsehen anschauen. Er sagt, er werde dies nicht mit Wehmut tun. „Die Saison war ja schließlich ein Traum.“ Wenn auch ein Traum ohne das ganz große Happy End.

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