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Gesa Felicitas Krause nimmt 9:10 Minuten ins Visier

Mit ihrem zweiten Platz beim ISTAF hat sich Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause am Samstag in die verdiente Pause verabschiedet. Die ereignisreiche Saison mit Rang sechs bei Olympia, EM-Titel und deutschem Rekord will erst einmal verarbeitet werden. Neue Ziele sind aber gleichzeitig schon angepeilt.
Jan-Henner Reitze

Als Gesa Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt) erstmals auf die blaue Bahn des Berliner Olympiastadions trat, nahm sie die 1.500-Meter-Hindernis in Angriff. Die damals 15-Jährige holte sich noch im Trikot des TV Dillenburg im Jahr 2008 in 4:58,52 Minuten den Deutschen B-Jugend-Titel. Der Wettkampf insgesamt war ein Testlauf für die WM ein Jahr später, bei der Antje Möldner-Schmidt (LC Cottbus) den lange gültigen deutschen Rekord (9:18,54 min) aufstellte.

Im vergangenen Jahr kehrte eine ganz andere Gesa Felicitas Krause nach Berlin zurück. Als WM-Dritte wurde sie bei ihrem ersten ISTAF-Start gefeiert und bedankte sich mit einem deutschen Rekord über die 2.000-Meter-Distanz (6:04,20 min). Am Samstag ging es zum ersten Mal in diesem Stadion über die 3.000 Meter Hindernis. Der Auftritt war auch eine Belohnung für die Arbeit der vergangenen Monate.

"Es geht nicht immer nur um Druck, sondern auch um Freude. Ich habe mich sehr auf diesen Lauf und die Atmosphäre gefreut. Auch die Konkurrenz hatte schon im Callroom ein Lächeln auf den Lippen", erzählte die 24-Jährige, die sich mit Platz zwei (9:30,95 min) hinter Celliphine Chepteek Chespol (Kenia; 9:25,49 min) in den verdienten Urlaub verabschiedete.

Mit Abstand kommt auch die Zufriedenheit

Der Urlaub führt sie in die USA. Ein schon bekanntes Reiseziel. Drei Wochen lang eine Mischung aus Sightseeing und Erholung hat sich die Athletin ausgesucht, anstatt dem absoluten Nichts tun wie im All-inclusive-Urlaub im vergangenen Jahr. "Es wird mir gut tun, rauszukommen", erzählt die Europameisterin, die auch die zurückliegende sportliche Saison verarbeiten möchte und erwartet, dass sich mit dem Abstand auch "die endgültige Zufriedenheit einstellt".

Unter dem Eindruck des Olympia-Finals hat sich diese noch nicht ganz durchgesetzt. Nur drei Tage nach dem schnellen Vorlauf in Rio (9:19,70 min) war zur ungewohnten Vormittagszeit und bei hohen Temperaturen das Laufgefühl im Finale nicht so leicht und locker wie erhofft. Als die Favoritin und spätere Siegerin Ruth Jebet (Bahrain) bei 1.000 Metern aus dem Feld nach vorne preschte und sich nur wenige Konkurrentinnen auf die Verfolgung machten, blieb Gesa Felicitas Krause im Feld. "Manchmal wird man für ein bisschen mehr Mut belohnt. Aber der innere Instinkt hat gesagt: Es geht heute einfach nicht", so die Erinnerung der DLV-Athletin an den vorentscheidenden Moment des Rennens.

Die Tatsache, dass sie hinten raus noch einige Athletinnen, "die sich überschätzt hatten", einsammelte, sprach für diese Entscheidung. Und im Ziel war neben dem sechsten Platz in 9:18,41 Minuten auch der deutsche Rekord endlich auf der Habenseite. Dennoch bleibt der Gedanke, dass "vielleicht irgendwie ein fünfter Platz drin gewesen wäre." In den nächsten Wochen wird die 24-Jährige ihren Frieden mit dem Ergebnis machen.

Von Weltrekordzeit überrascht

Geprägt war das Olympia-Jahr vom Tempo – ausschlaggebend dafür Ruth Jebet (Bahrain), die mit ihrem Weltrekord in Paris (Frankreich; 8:52,78 min) unterstrichen hat, dass momentan kein Weg an ihr vorbei geht. Die Einschätzung dazu von Gesa Felicitas Krause: "Dieser Weltrekord hat selbst mich sprachlos gemacht. Mir war bewusst, dass er gebrochen werden kann. Aber so eine Zeit hätte selbst ich nicht erwartet.“ Die vorherige Bestmarke lag bei 8:58,81 Minuten.

So dominierend Ruth Jebet in der Welt war, so klar gehört der DLV-Athletin die Spitze in Europa. Ihr Rennen zum ersten EM-Gold bei den Erwachsenen in Amsterdam (Niederlande) war auf kontinentaler Ebene eine genauso große Demonstration der Stärke. Eine Leistung, die unter dem momentan noch dominanten Eindruck von Olympia im Kopf der Athletin noch nicht den Raum einnimmt, den sie verdient hat. Auch das wird sich völlig zu Recht noch ändern.

Gereifte Athletin mit neuen Zielen

Was die "post olympische Phase" angeht, will es die deutsche Rekordlerin diesmal besser machen als vor vier Jahren nach ihrem Olympia-Debüt in London (Großbritannien). "Damals hatte ich Angst, von diesem großen Ereignis loszulassen und meine Form zu verlieren." Die Folge waren Verletzungssorgen. Und auch das Vorhaben, neben dem Sport ein Studium zu stemmen, stellte sich als kontraproduktiv heraus. In Zusammenarbeit mit Trainer Wolfgang Heinig ist inzwischen mehr Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit aufgebaut.

"Ich habe gelernt, dass mein Körper auch Ruhe braucht", berichtet die Frankfurterin, die ihre Laufkarriere inzwischen als Full-Time-Job verfolgt und sich der Sportfördergruppe der Bundeswehr angeschlossen hat, wo in diesem Herbst auch ein Lehrgang ansteht. "Ich habe in den letzten Jahren eine gute Basis gelegt, auf die ich im nächsten Jahr aufbauen möchte. Das erste Trainingslager steht im Januar an." Wettkämpfe in der kommenden Hallensaison wird es höchstwahrscheinlich keine geben. Um das Training "ohne Druck im Nacken" gestalten zu können, ist auch kein Silvester-Lauf geplant.

Im Sommer sollen dann wieder Bestzeiten wackeln und fallen. "Es stecken noch ein paar Sekunden in mir. Mit dem entsprechenden Feinschliff traue ich mir zu, dass ich einmal die 9:10-Minuten-Marke breche." 2017 soll es in Richtung dieser nächsten "Schallmauer" gehen. Zeiten sind aber nicht alles. Was noch mehr in der eigenen Erinnerung und der der Fans bleibt, sind Titel und Medaillen. Und in dieser Beziehung ist Gesa Felicitas Krause ebenfalls noch lange nicht satt. "In Rio war es ein schnelles Rennen, im nächsten Jahr bei der WM wird es vielleicht wieder ganz anders." Und auch die nächsten Olympischen Spiele in Tokio (Japan) 2020 sind schon ins Visier genommen und sollen auch noch nicht das Ende der Karriere sein. "Ich habe noch ein paar Olympia-Zyklen vor mir. Zwei sind noch realistisch."

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