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Jan Schindzielorz: „Ich habe den Spaß wieder gefunden“

Jan Schindzielorz (LG Forchheim) war Anfang der 2000er einer der schnellsten deutschen Hürdensprinter. Höhepunkte seiner Karriere waren die Teilnahme an den Europameisterschaften 2002 in München, der deutsche Meistertitel 2004 in der Halle und zwei sechste Plätze bei den Universiaden 2003 und 2005. Zahlreiche Verletzungen verhinderten schnellere Zeiten. Nach zehn Jahren Wettkampfpause nimmt Jan Schindzielorz seit 2016 äußerst erfolgreich an Senioren-Wettkämpfen teil. Bei den Deutschen Senioren-Meisterschaften in Mönchengladbach (29. Juni bis 1. Juli) ist Jan Schindzielorz in der M40 neben seiner Spezialstrecke 110 Meter Hürden über 100, 200 und 400 Meter gemeldet.
Bettina Schardt

Wie kam es dazu, dass Sie 2016 wieder wettkampfmäßig auf die Bahn zurückgekehrt sind?

Jan Schindzielorz:

Das hat eine kleine Vorgeschichte: Ich hatte zwischendrin immer einiges an Sport gemacht, Dauerlauf, Mountainbike und Rennradfahren, nur keine Leichtathletik.  Ich war also ziemlich fit. Im Mai 2015 hat meine Freundin Christine Priegelmeir, eine aktive Senioren-Sprinterin, gesagt: „Geh doch mal wieder in Forchheim auf den Sportplatz.“ Tatsächlich waren meine Jugendtrainer noch da und ich habe erstmal wieder angefangen zwei Mal die Woche leichtathletisch zu trainieren, ohne irgendeinen Gedanken an Wettkämpfe.

Doch irgendwann ist nur Training auch langweilig. Im Februar 2016 habe ich meinen ersten 60-Meter-Wettkampf gemacht. An die Hürden habe ich eigentlich nicht mehr gedacht. Doch auch hier hat Christine mir einen Schub gegeben und ich bin in Ludwigshafen das erste Mal seit zehn Jahren wieder Hürden gelaufen. Dann war es um mich geschehen mit den Hürden.

Innerhalb kürzester Zeit sind Sie an die Spitze gelaufen – zunächst mit vier deutschen Meistertiteln in der M35 2016, dann 2017 bis zum Europameistertitel der M35 über 110 Meter Hürden in 14,11 Sekunden. Hatten Sie erwartet, dass es so schnell wird?

Jan Schindzielorz:

Nein. Am Anfang hatte ich Probleme mit den Achillessehnen und den Waden und habe gedacht, ich kann nie wieder Hürden laufen. Aber mit der Zeit hat sich mein Körper daran gewöhnt. Ich musste Geduld haben. Die 14,11 Sekunden waren schon verdammt schnell.

Bei den Junioren und in der U23 haben Sie EM-Bronzemedaillen gewonnen. Im letzten Sommer nun EM-Gold in der M35. Was macht für Sie den Reiz aus, wieder Wettkämpfe auf höchstem Niveau zu bestreiten?

Jan Schindzielorz:

Ich habe den Spaß wieder gefunden, den ich als Hochleistungssportler am Ende verloren hatte. Ich habe mit 28 Jahren meine Karriere beendet, weil ich immer wieder verletzt war und nicht die Leistung bringen konnte, die erwartet wurde. Alle wollen von einem Leistung sehen, irgendwann ist es ein Zwang und der Druck wird immer größer. Da hatte ich die Nase voll. Jetzt habe ich den Spaß wieder und freue mich auf die Wettkämpfe! Ich setze mir auch realistische Ziele, die ich erreichen kann.

Ein ehemaliger Hochleistungssportler bei Senioren-Wettkämpfen. Passt das?

Jan Schindzielorz:

Die Atmosphäre auf Senioren-Wettkämpfen ist sehr angenehm, total entspannt. Das ist bei den Aktiven nicht immer so. Sehr sympathisch, das macht mir einfach Spaß! Natürlich machen auch die Erfolge Spaß, wenn ich Titel und deutsche Bestleistungen erreichen kann.

Schnelle Zeiten verlangen eine gute Vorbereitung. Wie können Sie Ihr Training mit Ihrem Beruf vereinbaren?

Jan Schindzielorz:

Ich bin glücklicherweise selbstständig. Mein Vater hat eine Firma für unterbrechungsfeie Stromversorgung. Dort bin ich nach dem Studium rein gegangen und dabei geblieben. Ich betreue den Online-Auftritt, den Online-Shop und die Lagerhaltung. So kann ich mir die Zeit gut einteilen.

Im Training bin ich nicht alleine. Mittlerweile habe ich gemeinsam mit meiner Freundin die jungen Sprinter bei mir im Verein, der LG Forchheim, teilweise als Trainer übernommen. Es ist deutlich mehr geworden, als ich am Anfang gedacht hatte, denn zudem bin ich jetzt in Bayern Disziplintrainer Hürden für die U18 und U20 und Stützpunkttrainer in Fürth. Das macht viel Spaß. Ich stehe fast jedes Wochenende und vier Mal während der Woche auf dem Sportplatz.

2018 sind Sie bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der Aktiven nur um eine Hundertstelsekunde am Endlauf über 60 Meter Hürden vorbei geschrammt – mit 39 Jahren. Jetzt haben Sie sich für die DM in Nürnberg qualifiziert. Wie ist es, sich mit der übernächsten Generation zu messen?

Jan Schindzielorz:

Es ist ganz interessant. Bei den Hallenmeisterschaften in Dortmund war ich mit Leuten in einem Lauf, die selbst ich nur aus dem Fernsehen gekannt hatte. Nur Erik Balnuweit und Alexander John hatte ich noch als Athlet erlebt. An der Startlinie fühle ich mich nicht älter. Erst wenn ich später das Video des Laufes sehe, merke ich, dass ich ein ganzes Stück älter bin.

2018 haben Sie schon alle vier deutschen Kurzhürden-Bestleistungen der M40 in Ihren Besitz gebracht: Über 60 Meter Hürden in der Halle (8,03 sec Männerhöhe/8,09 sec M40-Höhe) und über 110 Meter Hürden mit Männerhöhe in 14,49 und mit M40-Höhe in 14,35 Sekunden. Haben Sie sich für den Sommer eine bestimmte Zeit zum Ziel gesetzt?

Jan Schindzielorz:

14,20 Sekunden oder etwas darunter wäre schön. Das wäre in dem Bereich wie im letzten Jahr bei der EM in Aarhus. Für die WM in Málaga habe ich mir zum Ziel gesetzt, dass ich eine Medaille hole. Das ist im Seniorenbereich ja immer ein bisschen schwer abzuschätzen, wer kommt und was diejenigen drauf haben. Wenn alles passt, die Konkurrenz, das Wetter, ein bisschen Rückenwind, kann es vielleicht auch etwas schneller gehen. Aber dafür muss alles perfekt laufen. Für die DM der Aktiven nehme ich mir eine Zeit im 14,30er-Bereich vor.

Zuletzt haben Sie bei den Bayerischen Seniorenmeisterschaften sogar Ihr erstes 400-Meter-Einzelrennen bestritten – in starken 51,57 Sekunden. Planen Sie bei den Senioren-DM das volle Sprintprogramm?

Jan Schindzielorz:

Das hat mich auch überrascht. Die 400-Meter-Zeit war nur ein Nebenprodukt meines normalen Trainings. Ich muss mal schauen, was ich jetzt in Mönchengladbach nach den Kurzhürden am Freitag wirklich laufe. Den 400-Meter-Lauf habe ich doch einige Tage in den Beinen gemerkt und am Wochenende darauf will ich wieder Männerhürden laufen. Ich werde spontan entscheiden.

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