| Verletzung

Julia Gerter schlägt nach Achillessehnenriss „Road to Tokyo“ ein

Für Weitspringerin Julia Gerter zerplatzte vor drei Wochen ein Traum. Beim Anhalt-Meeting in Dessau riss der Frankfurterin beim zweitbesten Wettkampf ihrer Karriere die Achillessehne. Doch die 24-Jährige geht diese Herausforderung mit viel positiver Energie an. Ihr Ziel heißt schon heute: Tokio.
Alexandra Dersch

Das Gefühl als die Sehne riss – Julia Gerter wird es wohl nie vergessen. „Ganz komisch, wie Kaugummi, mit einem kleinen Knall“, erinnert sich die 24-Jährige der LG Eintracht Frankfurt an den Abend des 14. Junis beim Anhalt Meeting in Dessau. Kurz zuvor hatte sie mit 6,62 Metern den zweitbesten Sprung ihrer Karriere gezeigt. Der nächste Versuch sollte ihr Sprung zur WM in Doha werden. „Ich hatte die WM-Norm an dem Tag drauf, das habe ich in dem Moment gespürt.“ Doch kaum näherte sie sich dem Balken, fiel Julia Gerter plötzlich wie vom Blitz getroffen. „Ich hatte keine Schmerzen, aber ich wusste sofort, die Achillessehne ist durch.“

Die Sehne, die ihr schon seit 2017 immer wieder so große Schmerzen bereitet. Sie war auch der Grund, warum sie nach einem kurzen Ausflug auf die 400 Meter wieder zurück zu ihrer alten großen Liebe, dem Weitsprung, kam. „Da fühle ich mich Zuhause“, sagt Julia Gerter. Ein Wohlfühlen, das man sieht. So gefühlt leicht, elegant und ästhetisch, wie sie springt, ist es kein Wunder, dass Experten schon seit geraumer Zeit vom großen Pozential von Julia Gerter schwärmen.

Die Sehne war es aber auch, die nach der bitteren, da nur um einen Zentimeter verpassten EM-Teilnahme im Vorjahr, extra Streicheleinheiten brauchte. „Ich habe mich die ganze Saison mit Beschwerden rumgeplagt“, erzählt die Butzbacherin, der trotz eines Muskelfaserisses im Mai 2018 doch bei den Deutschen Meisterschaften und ihrem Sprung auf 6,68 Meter (Platz drei) der Durchbruch bei den Aktiven gelungen war. Von Mitte November bis Anfang April hatte sie der Sehne Pause gegönnt, erst Mitte April wieder die Weitsprungspikes angezogen. Sie war schmerzfrei, soweit das eine Leistungssportlerin sagen kann, denn Julia Gerter weiß: „Leistungssport ist immer ein ganz schmaler Grat. Aber dass die Sehne reißen könnte, daran habe ich im Traum nicht gedacht.“

Erfolgreiche OP

Mit dieser Realität setzt sie sich nun Tag für Tag auseinander, aufgefangen von ihrem Trainer Jürgen Sammert, dem OSP Frankfurt, ihrer Familie, ihren Freunden, ihrer Trainingsgruppe. „Das hilft, darüber bin ich auch sehr dankbar.“ Denn statt sich wie erhofft hinter Überfliegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) auf Platz zwei in Deutschland zu etablieren und bei der WM in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober) am Start zu sein, steht nun Reha auf dem Programm.

Den Sprung von Dessau, als die Sehne riss, wollte sich Julia Gerter bislang nicht anschauen, wohlwissend, dass auch Zuschauen weh tun kann. Doch ihr Trainer Jürgen Sammert und auch Bundestrainer Uwe Florczak haben ihr mit auf den Weg gegeben: Der Druck, den sie in diesem Versuch gemacht hatte, hätte sie weit fliegen lassen. Und allein das ist, was für sie zählt.

Olympia als realistisches Ziel

Ihr Blick geht voraus. „Meine 'Road to Tokyo' hat bereits mit der erfolgreichen Operation begonnen“, sagt Julia Gerter, die sich nun in der vermeintlich frei gewordenen Zeit auch verstärkt ihrer Bachelor-Arbeit in Wirtschaftswissenschaften widmen möchte.

„Ich bin keine Träumerin und halte nichts von zu hohen Zielen. Aber ich weiß, Olympia 2020, das steckt in mir.“ Es ist die Kampfansage einer jungen, sprungstarken Frau, die nun zwar das Gefühl kennt, wie es sich anfühlt, wenn Träume aufgrund einer Verletzung zerplatzen, die aber auch ganz selbstbewusst sagt: „Diese Verletzung wird mich und meine Sehne nur stärker machen.“

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