| Interview der Woche

Katharina Heinig: „Werde alles für die Rio-Norm geben“

Beim 70. Internationalen Paderborner Osterlauf trotzte Katharina Heinig (LG Eintracht Frankfurt) über 10 Kilometer dem unangenehmen Wind und lief in 33:04 Minuten Bestzeit. Eine Steigerung der 26-Jährigen um 27 Sekunden. Im Interview spricht sie über ihre Vorbereitung in Kenia und den Traum von den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien; 12. bis 21. August).
Peter Middel

Katharina Heinig, Sie machten nach dem Rennen einen recht zufriedenen Eindruck. Wie hat sich der Lauf für Sie angefühlt?

Katharina Heinig:

Ich bin auf den ersten Metern hervorragend ins Rennen gekommen, denn meine Beine fühlten sich recht gut an. Der Lauf war von Anfang an sehr schnell, sodass er für mich eine Art Start-Ziel-Sprint war. Der Wind hat allen zu schaffen gemacht, aber ich habe immer eine Gruppe von Männern gefunden, bei denen ich im Windschatten laufen konnte. Das Rennen war wirklich toll, und ich war sehr zufrieden. Allerdings mache ich keinen Hehl daraus, dass ich gerne fünf Sekunden schneller gelaufen wäre. Dann hätte ich gleich zum Saisonbeginn eine 32 vor dem Komma stehen gehabt. Mit meiner neuen persönlichen Bestzeit bin ich jedoch hochzufrieden. Mehr hätte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht erwarten können.

Sie sind 2009 und 2010 Deutsche Juniorenmeisterin im Halbmarathon geworden und haben im Marathonlauf eine persönliche Bestzeit von 2:33:56 Stunden. Ihre Fähigkeiten liegen offensichtlich mehr auf den längeren Strecken. Wie gefällt Ihnen die 10-Kilometer-Distanz?

Katharina Heinig:

Ich laufe diese Strecke sehr gerne und bin als Jugendliche schon oft über sie gestartet. Die Zeiten, die ich über 10 Kilometer erziele, betrachte ich jedoch lediglich als Zubringer-Leistungen für ein gutes Marathon-Resultat, denn mein Schwerpunkt liegt eindeutig auf der klassischen Distanz. Meine Marathon-Bestzeit bin ich 2014 in Hamburg gelaufen. Die möchte ich in diesem Jahr auf jeden Fall verbessern.

Sie sind gerade aus Kenia von einem dreiwöchigen Höhentrainingslager zurückgekommen. Dort haben Sie sich unter anderem mit ihrer Teamkollegin Gesa Felicitas Krause auf die Olympiasaison vorbereitet. Wie ist Ihnen das Trainingslager bekommen?

Katharina Heinig:

Das Training in Kenia ist knallhart, nicht nur körperlich, sondern auch mental. Wenn man jedoch gesund durchkommt, hat man auf jeden Fall etwas drauf. Es sind sehr viele Läuferinnen und Läufer dort oben, die alle auf dasselbe Ziel hin arbeiten. Da zieht man einfach mit. Es macht unwahrscheinlich viel Spaß, wenn man in einer Gruppe von Kenianern mitlaufen kann oder Pacemaker für harte Tempoläufe zur Seite gestellt bekommt. Das sind Vorteile, die man nirgendwo anders erhält. Mir gefällt auch die kenianische Mentalität. Die Leute sind recht locker und hilfsbereit. Auffallend ist, dass sie nie pünktlich sind und sich für alle möglichen Dinge sehr viel Zeit nehmen. Wenn es jedoch zum Training geht, werden sie unwahrscheinlich aktiv und sind mit großem Eifer dabei.

Wie sah Ihr Trainingsprogramm in Kenia aus?

Katharina Heinig:

Ich hatte in der ersten Woche einen Umfang von 214 Kilometern, in der zweiten Woche kam ich mit drei lockeren Trainingstagen lediglich auf 180 Kilometer und dann habe ich in der dritte Woche noch 220 Kilometer draufgepackt. Natürlich habe ich auch tempomäßig einiges gemacht. So bin ich während meines dreieinhalbwöchigen Aufenthaltes zweimal 20 mal 400 Meter gelaufen. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass ich die Tempodauerläufe in einem profilierten Gelände mit Geschwindigkeiten unter 3:30 Minuten gut verkraftet habe. Die härtesten Einheiten waren natürlich die langen Dauerläufe, bei denen wir in der Hitze gelaufen sind. Ich habe immer meine Kühlweste dabei. Die hat mir sehr geholfen. Vor allem bei den langen Läufen habe ich gespürt, dass ich in letzter Zeit leistungsmäßig einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht habe, denn ich habe sie alle in einem Tempo von etwa vier Minuten pro Kilometer absolviert. Danach konnte ich meine Energiedepots schnell wieder aufladen, sodass ich mein Training am nächsten Tag auf einem hohen Niveau weiter fortsetzen konnte.

Lag für Sie in der Höhe nie die Gefahr nahe, das Training zu überziehen?

Katharina Heinig:

Da ich in der Höhe von der Luft her einige Probleme habe, habe ich mich bewusst nicht ganz ausgepowert. Außerdem habe ich darauf geachtet, dass ich nach einer harten Einheit meine Beine abgekühlt habe und zur Physiotherapie gegangen bin. Auch haben wir zur Regeneration oft ein lockeres Läufchen mit einem Tempo von sechs Minuten pro Kilometer zwischengeschaltet. Auf die Erholung habe ich auf jeden Fall geachtet.

Haben Sie trainingsmäßig noch Luft nach oben?

Katharina Heinig:

Ich baue mein Training sukzessive auf und kann es daher noch weiter steigern. Im vergangenen Jahr musste ich einen Rückschritt verkraften, als bei mir ein Knochenstück, das immer wieder zu Entzündungen führte, hinter meiner linken Achillessehne entfernt werden musste. Bis jetzt bin ich erfreulicherweise beschwerdefrei durchgekommen. Paderborn war nur ein Zwischenschritt. Ich trainiere nun fleißig weiter, denn ich habe nur noch knapp einen Monat Zeit bis zum Marathon in Zürich, wo ich die Olympianorm von 2:30:30 Stunden angreifen möchte. Bis dahin werde ich sicherlich noch einige Trainingsläufe mit hoher Qualität absolvieren, aber ich werde nicht mehr auf wöchentliche Umfänge von über 200 Kilometern kommen.

Warum laufen Sie in Zürich (Schweiz) und nicht in London (Großbritannien; beide 24. April) oder Hamburg (17. April)?

Katharina Heinig:

Ich starte in Zürich, weil es dort eine flache und schnelle Strecke gibt. Bei den Frauen sind dort schon Zeiten um 2:25 Stunden erzielt worden. In diesem Jahr werden wieder einige schnelle Läuferinnen und Läufer am Start sein, sodass ich dort sicherlich beste Voraussetzungen vorfinden werde. Ich werde dort alles geben, um mir dort die Rio-Norm zu holen.

Die EM in Amsterdam (Niederlande; 6. bis 10. Juli) ist für Sie sicherlich auch ein Thema...

Katharina Heinig:

Klar. Die EM bildet neben den Olympischen Spielen in diesem Jahr mein großes Ziel. Am 14. Februar 2016 bin ich in Barcelona über die Halbmarathon-Distanz 72:55 Minuten gelaufen und habe damit für diese Titelkämpfe die A-Norm von 73:00 Minuten unterboten. Ich hoffe natürlich, dass ich Anfang Mai mit dieser Zeit noch zu den besten Fünf im DLV zähle, denn dann werden die EM-Nominierungen bekannt gegeben. Amsterdam bildet schon ein sehr verlockendes Ziel für mich, denn dort findet gleichzeitig der Europacup im Halbmarathon statt.

Ihre Mutter Katrin Dörre-Heinig, die 1988 Olympia-Dritte im koreanischen Seoul war, ist Ihre Trainerin, Ihr Vater Wolfgang Heinig ist Leitender Bundestrainer und Sie sind begeisterte und erfolgreiche Langstrecklerin. Liegt da nicht die Gefahr nahe, dass man zu Hause nur noch über das Laufen spricht?

Katharina Heinig:

Auf keinen Fall. Ich wohne ja schon längere Zeit nicht mehr zu Hause und sehe meine Mutter meist nur beim Training. Wenn wir alle zusammen sind, spielen bei uns neben dem Laufen auch familiäre Themen eine wichtige Rolle. Da ich bei der hessischen Polizei bin und einer meiner beiden Brüder mit einer Polizistin verheiratet ist, reden wir oft über die Probleme der Polizei. Ich lese und koche auch gerne und gehe mit meinem Freund gelegentlich zum Klettern. Da habe ich genügend Gelegenheiten zur Ablenkung und Entspannung.

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