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Malaika Mihambo: „Es geht noch besser!“

Erst 7,07 Meter in Rom, am vergangenen Freitag dann 7,05 Meter beim Anhalt-Meeting in Dessau: Weitspringerin Malaika Mihambo hat einen Lauf. Warum sie sich über den zweiten Sieben-Meter-Sprung noch mehr freuen konnte – und welche Rolle What'sApp dabei gespielt hat.
Philip Häfner

Damit hatte Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) wohl nicht gerechnet. Während die Weitspringerin beim Anhalt-Meeting in Dessau noch fleißig Autogramme schrieb, kam auf einmal ein kleiner Junge angelaufen. Das sei ja wirklich keine schlechte Leistung, meinte er über ihren Sprung auf 7,05 Meter, mit dem Mihambo am vergangenen Freitag einen neuen Meetingrekord erzielt hatte – aber sie solle sich doch erst einmal seine Medaille anschauen, die er für seinen Sieg mit der Schulstaffel bekommen hatte. Dabei hielt er ihr die Plakette stolz unter die Nase.

Mihambo stutzte kurz, dann lachte sie umso herzlicher. Überhaupt stand der strahlenden Siegerin an diesem Abend die gute Laune buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Auch als sie kurz darauf von einem Journalisten gefragt wurde, ob die sieben Meter bei ihr jetzt zur Regel würden, grinste sie nur. Dann sagte sie: „Das hoffe ich doch!“

„Das Niveau ist gerade sehr gut“

Erst eine Woche zuvor hatte die Europameisterin von Berlin 2018 beim Diamond-League-Meeting in Rom (Italien) mit 7,07 Metern erstmals die magische Marke übertroffen. In Dessau ließ sie nun umgehend den zweiten Sieben-Meter-Satz folgen. „Das Niveau ist gerade sehr gut. Ich habe gemerkt, dass ich heute gut drauf bin und auch hier wieder an die sieben Meter heranspringen kann“, sagte sie.

Nach ihrem letzten Versuch riss die 25-Jährige noch in der Grube die Arme nach oben. Als auf der Anzeigetafel die Weite von 7,05 Meter aufleuchtete, machte Mihambo erst einmal einen Luftsprung (<link video:20195>zum Video). „Beim zweiten Mal konnte ich mich jetzt noch mehr freuen als beim ersten Mal in Rom“, sagte sie. „Die Atmosphäre ist einfach lockerer, wenn man das schon einmal geschafft hat.“

Sie genießt die Aufmerksamkeit

Der erste Sieben-Meter-Sprung war vor allem eine Erlösung gewesen, nachdem sich Mihambo dieser Marke zuvor sowohl im Freien als auch in der Halle schon bis auf einen Zentimeter genähert hatte. Zwar hatte sie nach außen nie daran gezweifelt, dass sie diesen irgendwann noch packen würde. Trotzdem fiel ihr nach dem Meeting in Rom gewissermaßen ein Stein vom Herzen.

Davon beflügelt, konnte sie den zweiten Siebener in Dessau umso mehr genießen. Druck verspürte sie im Paul-Greifzu-Stadion jedenfalls keinen, auch wenn nach dieser Vorleistung jetzt erst recht alle Augen auf sie gerichtet waren. Das galt in Dessau ganz besonders, wo die Weitspringerinnen ihren Wettkampf direkt vor der Haupttribüne absolvierten. „Ich spüre, dass die Aufmerksamkeit wächst, aber ich habe es genossen, hier zu springen. Das hat großen Spaß gemacht. Das Publikum war wirklich toll dabei“, sagte sie.

Innovatives Coaching

Nicht dabei war erneut ihr Trainer Ralf Weber, der bereits in Rom nur vom Fernseher aus mitverfolgen konnte, wie sein Schützling in neue Sphären vorstieß. Stattdessen wurde Mihambo auch beim Anhalt-Meeting wieder von Co-Trainer Sören Eisenhofer betreut.

Dieser filmte die Versuche und schickte die Videos per What'sApp an Weber, der sie zu Hause mithilfe eines speziellen Analyse-Tools auswertete und auf gleichem Weg seine Korrekturhinweise übermittelte. So funktioniert Coaching im 21. Jahrhundert.

Weber betreut Mihambo bereits seit ihrem elften Lebensjahr. Gemeinsam haben sie alle Höhen und Tiefen ihrer Karriere durchgemacht: die Junioren-Europameistertitel 2013 (U20) und 2015 (U23), die EM-Bronzemedaille 2016 in Amsterdam (Niederlande) sowie Platz vier bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) im selben Jahr, schließlich im vergangenen Jahr den Triumph bei der Heim-EM im Olympiastadion. Aber auch die schwere Verletzung im Sprungfuß 2017, nach der eine Zeitlang sogar ungewiss war, ob sie jemals wieder springen könnte.

Mehr Absprung bei weiterhin hohem Anlauftempo

Infolge der Verletzung hatte Malaika Mihambo damals auch ihre Technik umstellen müssen. Der Absprung fiel danach erst einmal deutlich flacher und damit kraftschonender aus, der Anlauf dafür umso schneller. Mit der Geschwindigkeit sollte der geringere Absprung wettgemacht werden. Das Tempo hat sich die Athletin der LG Kurpfalz bewahrt, doch mittlerweile hebt sie zusätzlich wieder deutlich kraftvoller ab – was in der Addition die jetzigen Weiten überhaupt erst ermöglicht.

Indes seien selbst die beiden Sieben-Meter-Sprünge zwar „schon sehr gut, aber noch nicht optimal“ gewesen, sagte Mihambo. Unter anderem habe sie bei beiden Wettkämpfen nur sehr wenig Rückenwind gehabt, der Schub fiel gering aus. Sie ist daher fest überzeugt: „Es geht noch besser!“

Heike Drechsler als gutes Omen

Aber was heißt das für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober)? Momentan ist die DLV-Springerin Weltjahresbeste; beim Diamond-League-Meeting in Rom bezwang sie zudem die gesamte Weltspitze. Der Moderator in Dessau erinnerte am Freitagabend zudem daran, dass Heike Drechsler im Jahr 2000 ebenfalls erst Meetingrekord beim Anhalt-Meeting gesprungen war – und sich anschließend in Sydney (Australien) zur Olympiasiegerin krönte. Möglicherweise ja ein gutes Omen auch für Malaika Mihambo.

„Es sieht gut aus, aber die Saison steht erst ganz am Anfang“, sagte sie. „Die Anderen kommen sicher auch noch, da muss man dann schauen, wie es in Doha läuft. Unter sieben Meter werden die Medaillen sicher nicht weggehen. Ich hoffe natürlich, dass ich meine Position halten kann. Wenn ich gesund bleibe, bin ich zuversichtlich, dass ich mich dort ebenfalls gut platzieren kann. Aber ausruhen darf ich mich auf den bisherigen Leistungen nicht.“

Nächster Halt: „Berlin fliegt!“

Bereits am kommenden Sonnabend wird Mihambo deshalb bei <link>„Berlin fliegt!“ an den Start gehen. „Das ist wieder ein anderer Modus, da geht es auch um die Teamwertung“, sagt sie. Der spektakuläre Länderkampf findet dieses Jahr ab 13:00 Uhr auf dem Vorfeld des Flughafens Tempelhof statt. Neben Titelverteidiger Deutschland nehmen die USA, Großbritannien und China daran teil. Anschließend folgen für Mihambo ein Sprint in Weinheim sowie die Diamond League in London (Großbritannien; 20./21. Juli) und dann auch schon die <link>Deutschen Meisterschaften ebenfalls in Berlin am 3./4. August.

In Dessau fragte sie einer der anwesenden Journalisten erstaunt, ob sie denn trotz der überlangen Saison bis zur WM gar nicht mehr ein wenig herausnehmen wolle. Ihre Antwort lautete: „Wir sind doch noch gar nicht drin.“ Es scheint, als wären die 7,07 Meter in Rom tatsächlich erst der Anfang gewesen.

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