| Interview

Sabrina Mockenhaupt: "Marathon-Bestzeit mein letztes großes Ziel"

Sabrina Mockenhaupt (LT Haspa Marathon Hamburg) will mit 36 Jahren nach einer dreijährigen Verletzungsmisere (Sprunggelenks-Operation, Ermüdungsbrüche im linken Fuß und fast im Becken) noch einmal neu durchstarten. Vor wenigen Wochen hat sie beim Halbmarathon in Hannover ihren 43. deutschen Meistertitel geholt. Das soll aber erst der Anfang sein. Mit einer ganz neuen Einstellung ohne großen Druck ist die Freude am Laufen wieder da. So peilt sie im Herbst ihrer Karriere noch mal einen ganz schnellen Marathon an – möglichst unter ihrer Bestzeit von 2:26:21 Stunden, die sie 2010 in Berlin aufgestellt hat.
Christian Ermert

Sabrina Mockenhaupt, vor wenigen Wochen sind Sie in Hannover Deutsche Meisterin im Halbmarathon geworden. Warum hat der 43. DM-Titel so eine große Bedeutung für Sie?

Sabrina Mockenhaupt:

Nach der langen Phase ohne gute Wettkämpfe gibt es Auftrieb, als Deutsche Meisterin ins Ziel gekommen zu sein. Und mit den 70:54 Minuten bin ich richtig zufrieden. Danach hat auch mein Papa Fred gemeint, jetzt stehe mir auch im Marathon wieder alles offen. Das letzte große Ziel in meiner Karriere ist eine neue Bestzeit. Vielleicht ist ja sogar die Zeit von Fred drin. Der hält ja in 2:24:59 Stunden immer noch den Familienrekord. Und so schnell Halbmarathon gelaufen wie ich in Hannover ist er nie.

Sie wurden drei Jahre lang von Verletzungen ausgebremst. Jetzt läuft es wieder. Wie haben Sie die Krise in den Griff bekommen?

Sabrina Mockenhaupt:

Ich habe meine Einstellung zum Laufen komplett geändert. Jahrelang wollte ich immer die Beste, die Erste und auf allen Strecken die Stärkste sein. Nach Verletzungen habe ich immer alles getan, damit ich ganz schnell wieder zurückkomme. Doch letzten Sommer habe ich endgültig gemerkt, dass das so nicht mehr funktioniert. Im Trainingslager in St. Moritz war ich getrieben von dem Gedanken, unbedingt bei Olympia in Rio dabei sein zu müssen. Dabei war ich körperlich gar nicht zum Training in der Lage. Ich bin losgehumpelt, habe mich dabei versteckt, damit niemand sieht, dass ich eigentlich gar nicht laufen kann. Dann habe ich unter Schmerzen Kilometer abgerissen. Das würde ich nie mehr machen. Das hatte mit Sport nichts mehr zu tun.

Und was haben Sie getan, damit die Schmerzen verschwinden?

Sabrina Mockenhaupt:

Erstmal habe ich Urlaub gemacht. Danach bin ich zwei Monate lang gar nicht gelaufen. So konnte mein Becken ausheilen, das kurz vor dem Ermüdungsbruch stand. Und in der Zeit ist mir klar geworden, dass ich weiter auf hohem Niveau laufen will, dafür aber eine ganz neue Einstellung brauche.

Wie sieht die aus?

Sabrina Mockenhaupt:

Ich mache mir keinen Druck mehr. Ich bin auch einfach mal stolz auf das, was ich schon erreicht habe. Früher hat mich immer der Gedanke angetrieben, noch besser werden zu müssen. Jetzt sage ich mir: Ich kann sehr zufrieden sein mit dem, was ich erreicht habe. Alles, was jetzt noch kommt, ist Zugabe. Und jetzt ist die Lust am Laufen und am Erfolg wieder da.

Sie sind jetzt 36 Jahre alt, achten Sie mehr auf Ihre Ernährung als vor zehn Jahren?

Sabrina Mockenhaupt:

Mein Stoffwechsel hat sich schon verändert, deshalb achte ich noch mehr darauf, wertvolle Kohlenhydrate und Proteine, aber kaum Süßigkeiten zu essen. Weil ich viel unterwegs bin und nicht immer selbst kochen kann, ergänze ich meine Ernährung mit Orthomol Sport. Und das scheint ganz gut zu funktionieren: Ich bin ja trotz des vielen Trainings eigentlich nie krank.

Haben Sie Ihr Training auch verändert?

Sabrina Mockenhaupt:

Ja, ich laufe weniger Kilometer als früher und lege auch mal Ruhetage ein, wenn mein Körper sie braucht. Aber bei drei bis vier Einheiten in der Woche trainiere ich hart und lege Wert auf Qualität. Auch beim Krafttraining, das ich intensiviert habe. Dafür habe ich jetzt sogar einen Personal Trainer. Der hilft mir, vor allem die Oberschenkelrückseite, den Po und die Füße zu stärken – das schützt vor Verletzungen.

Wer schreibt jetzt Ihre Trainingspläne?

Sabrina Mockenhaupt:

Das mache ich selbst. Ich bin jetzt mein eigener Chef, berate mich aber mit Sebastian Reinwand, einem erfolgreichen Langstreckenläufer aus Nürnberg. In meinem Training gibt es jetzt auch mehr Läufe, bei denen ich es locker angehen lasse. Manchmal muss es natürlich anstrengend sein, wenn man Leistung bringen will. Aber man muss die Balance finden. Wenn du dir jeden Tag Druck und Stress machst, kommst du nicht weiter. Ich laufe auch viel mehr mit anderen als früher. Ich genieße es, mich dabei zu unterhalten und mir macht es nichts mehr aus, auch mal langsamer zu laufen als geplant.

Und was treibt Sie im täglichen Training an?

Sabrina Mockenhaupt:

Mir macht das Laufen endlich wieder Spaß und ich will andere dafür begeistern. Am liebsten mit neuen Erfolgen. Und über mein Comeback habe ich jetzt genug geredet, ich will ich wieder Leistung zeigen.

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