| World Challenge Ostrava

Timo Benitz im Zwiespalt der Gefühle

Timo Benitz ärgerte sich und haderte sichtlich. Um zwei Zehntel war er am Freitag in Ostrava (Tschechien) in 3:36:40 Minuten an der Olympianorm über 1.500 Meter vorbeigeschrammt und obendrein hatte er auf den letzten Metern den Sieg noch dem Tschechen Filip Sasínek überlassen müssen. „Man ärgert sich, wenn es so knapp ist“, erklärte der 24-Jährige seine Gemütslage.
Christian Fuchs

Das war die eine Seite der Medaille. Die andere aber sah so aus: Nach einem durchwachsenen und von Verletzungen geprägten letzten Jahr konnte sich der Mittelstreckler wieder eindrucksvoll in der europäischen Spitze zurückmelden, seine zweitschnellste Zeit auf dieser Strecke laufen und die EM-Norm abhaken.

Man durfte es also so oder so sehen. Es drehen und wenden. Doch die wichtigste Erkenntnis des Abends: Timo Benitz, der vor zwei Jahren ins Rampenlicht gestürmt war und unter anderem mit seinem Sieg bei der Team-EM in Braunschweig für Furore gesorgt hatte, ist wieder zurück, und das Rennen in Mähren machte Lust auf mehr.

Bis zur letzten Runde hatte sich der Athlet der LG farbtex Nordschwarzwald noch in Lauerposition gehalten, dann aber den Turbo gezündet und Mut zur Flucht nach vorne gezeigt. „Ich wollte eigentlich schon früher vor, aber der Weg nach vorne war relativ anstrengend, weil ich viel Kraft aufbringen musste. Aber ich musste was tun, um eine gute Zeit zu laufen. Dann war ich 400 Meter alleine vorne.“ Bis ihn zumindest einer noch einholte und ihm den Sieg wegschnappte.

Der positive Blickwinkel

Trotzdem gab es auch einen positiven Blickwinkel bei dem Deutschen Meister von 2014. „Dafür, dass es mein erstes 1.500 Meter-Rennen nach elf Monaten war, kann man sich damit schon sehen lassen. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich hier knapp an die Olympianorm heranlaufe, dann hätte ich mich schon auch richtig gefreut“, zog Timo Benitz schließlich doch eine versöhnliche Bilanz.

Auf jeden Fall konnte der Mittelstreckler ein positives Gefühl aus Ostrava zu seinem nächsten Wettkampf in Dessau (27. Mai) mitnehmen. „Es stimmt mich glücklich, dass ich weiß, ich kann in diesen Bereich laufen.“

Die Glücksgefühle halten damit bei Timo Benitz wieder Einzug, nachdem er eine Durststrecke hinter sich hat. Im letzten Jahr reihte sich Verletzung an Verletzung. Von einer Zerrung lief er in einen Sehnenriss. Er musste die Saison frühzeitig abbrechen und sich nach diesen Rückschlägen erst wieder aufrappeln.

Viel Arbeit nach Verletzungen

Das ist ihm gelungen. „In dieser Zeit steckt sehr viel Arbeit drin“, blickt er zurück. „Ich hatte letztes Jahr im Juli aufhören müssen und habe dann wieder ganz konsequent angefangen mit Radfahren, mit Schwimmen und solchen Dingen, die nicht so viel Spaß machen. Ich musste viel auf den Körper hören und viele Übungen nebenher machen. Mein Training hat sich jetzt auch nicht durch die Effizienz beim Laufen verbessert, sondern durch den Umfang, etwas für meine Problemzonen zu tun. Das war brutal viel Arbeit. Für mich ist es jetzt einfach das Schönste, wieder ohne Schmerzen zu laufen.“

Deshalb würde der Wahl-Berliner, der nach dem Studium als Ingenieur arbeiten möchte, es bereits als großen Erfolg werten, wenn er in der Olympiasaison ohne Verletzung durchkäme und es zugleich als verdienten Lohn ansehen, wenn er die Olympianorm unterbietet.

Signal an die Konkurrenz

In jedem Fall war das Rennen in Ostrava ein Signal, und das nicht zuletzt mit dem Blick zur EM in Amsterdam im Juli. „Ich habe denen wieder gezeigt, dass ich schnell laufen kann, und einen Schuss vor den Bug gesetzt“, stellte Timo Benitz fest.

Wenn er jetzt bei der Europameisterschaft vorne mitmischen könnte, dann wäre das „eine Wiedergutmachung für Zürich“. Dort war er heiß gehandelt, aber am Ende nur Siebter geworden - auch wegen einer schmerzhaften Achillessehnenverletzung.

In Amsterdam würde er am liebsten, wenn die weitere Saison perfekt läuft, die 800 Meter in Angriff nehmen. „Ich muss aber abwarten, wie sich das entwickelt.“ Fest steht: Die EM-Norm über 1.500 Meter hat Timo Benitz jetzt bereits in der Tasche. Und die Olympia-Qualifikation hat er fest vor Augen. Sobald die fällt, wird er nicht mehr an den Zwiespalt der Gefühle von Ostrava denken.

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