| Olympische Jugendspiele

Traumhafter Medaillenregen in Nanjing

Verzaubert von Olympia: Die 13-köpfige Mannschaft der Leichtathleten hat sich bei den Olympischen Jugendspielen in Nanjing (China; 16. bis 28. August) glänzend präsentiert. Mehr als jeder Zweite reist mit einer Medaille im Gepäck zurück nach Deutschland. Einzig eine Goldene fehlt in der Sammlung. Zwei Deutsche U18-Bestleistungen von Alina Reh, 3.000 Meter, und Henrik Hannemann, 110 Meter Hürden, sind Zeichen dafür, dass fünf Ringe beflügeln.
Pamela Ruprecht

Gleich am ersten Tag der Finals im Stadion von Nanjing sammelten die Youngster vier Edelmetalle. Vorgelegt hatte Clemens Prüfer (SC Potsdam) im Diskuswurf - Silber. Nachgezogen ist Henrik Hannemann (LG Neumünster) mit der gleichen Farbe über 110 Meter Hürden und mit deutscher U18-Bestlesitung (13,40 sec). Danach waren die Mädels an der Reihe, Diskuswerferin Lara Kempka (SC Neubrandenburg) und 800-Meter-Läuferin Mareen Kalis (LC Paderborn) gewannen jeweils Bronze.

So viele Medaillen hatte sich Bundesnachwuchstrainer Jörg Peter nicht ausgerechnet, höchstens "gehofft und geträumt". An Tag zwei der Endrunde ging es munter weiter. Die Neubrandenburger Kugelstoßer Merten Howe und Anika Nehls holten Bronze, Alina Reh (TSV Erbach) erlief sich auf den 3.000 Metern Silber und zwar mit einer weiteren kleinen Steigerung ihrer Deutschen U18-Bestleistung (9:05,07 min).

Auf und Ab der Erfolgswelle

Dann kam Tag drei mit weiteren aussichtsreichen Kandidaten für das olympische Podium. Doch der Flow des Erfolgs kam ins Stocken. Zu deutscher Zeit mitten in der Nacht, musste Konstanze Klosterhalfen zusehen wie Dalila Gosa aus Barhain ihr 100 Meter vor Schluss die erhoffte Bronzemedaille ablief. Platz vier über 1.500 Meter - eine Enttäuschung für die Leverkusenerin.

Noch schwerer traf es Eileen Demes (TV Neu-Isenburg) auf den 400 Meter Hürden. Die U18-WM-Vierte lag klar auf Medaillenkurs, als sie mit Eingang in die Zielgerade an der achten Nachbarshürde hängenblieb und stürzte. „Besonders schade“, stufte Jörg Peter das Malheur ein. Kleine Dämpfer auf der Welle der Euphorie. Dennoch: Das DLV-Team war nah dran, dass alle Träume wahr wurden. „Die Heimtrainer haben das perfekt hinbekommen, die Athleten auf den Saisonhöhepunkt vorzubereiten“, lobte Peter.

Für einen krönenden Abschluss sorgte Fabienne Schönig (LG Wipperfürth), die im Kreise der Werfer unter Druck stand, hatten die anderen vier schon alle Medaillen um den Hals. Der kurze Regenschauer während des Wettkampfes war ein gutes Omen. Bei diesem Wetter absolvierte sie auch als Fussballspielerin ihre besten Spiele. So flog der Speer auf Silber. Medaille Nummer acht für die deutsche Mannschaft und großer Jubel von den Teamkollegen auf den Rängen.

Medaillen vorgenommen

Die Werfer haben sich als Bank erwiesen wie auch bei den Europameisterschaften der Aktiven in Zürich (Schweiz). Merten Howe hatte mit Gerald Bergmann seinen Heimtrainer dabei. Der Diskus-Nachwuchsbundestrainer betreute das Wurfteam in Nanjing. Auch Clemens Prüfer hat seine Grundlagen aus Neubrandenburg, ehe er 2013 nach Potsdam wechselte. Anika Nehls und Lara Kempka trainieren bei Ex-Diskusweltmeisterin Franka Dietzsch.

„Alle Werfer hatten sich Medaillen vorgenommen. Dass das aber auch tatsächlich aufgeht, ist ganz selten“, sprach Gerald Bergmann aus seiner Erfahrung. Die Aufregung vor den Finals war extrem groß. Spürbar war, dass es für die Athleten etwas ganz Großes war, das nicht daneben gehen sollte. Bergmann bereitete die Werfer mental auf die humorvolle Art vor. „Das kam bei den jungen Menschen gut an.“ Daneben fand Physiotherapeutin Angelika Steger-Adams oft die richtigen Worte vor dem Wettkampf.

Werfer coachen Werfer

Obwohl chronisch unterbesetzt, da viele Wettkämpfe parallel liefen, funktionierte die Zusammenarbeit des Trainerteams "überragend" (O-Ton Bergmann). Von den Ausscheidungswettkämpfen in Baku (Aserbaidschan) waren sie eingespielt. Neu ins Team gekommen war Stabhochsprung-Bundesnachwuchstrainerin Christine Adams, die sich um die Springerinnen kümmerte. Eine gute Gemeinschaft, in der sich alle wohlfühlten.

Fanden Events gleichzeitig statt, halfen die Sportler selbst als Trainer aus. Während Bergmann mit Merten Howe schon im Stadion war, bereitete Clemens Prüfer Annika Nehls auf dem Aufwärmplatz für das Kugelstoßen vor. Merten Howe wiederum unterstützte Lara Kempka beim Einwerfen vor dem Diskusfinale. „Das sind Top-Athleten, die auch Aufgaben als Trainer übernehmen können“, schwärmte Bergmann über das Team.

Zwei Minuten Gold

Bei den ersten Olympischen Jugendspielen in Singapur waren 16 DLV-Athleten am Start, zwei Gold- und zwei Bronzemedaillen waren die Ausbeute 2010. „Wenn man es daran festmacht, haben wir die Medaillenzahl verdoppelt“, resumierte Jörg Peter. Dass es diesmal nicht für Gold reichte, lag auch daran, dass die Sieger oftmals absolute Überflieger waren. Etwa Hürdensprinter Jaheel Hyde aus Jamaika, der vor Henrik Hannemann die jemals schnellst gelaufene U18-Zeit (12,96 sec) der Welt fabrizierte.

Das Leistungsniveau der Jugendspiele ist mit Endkämpfen von Weltmeisterschaften vergleichbar. Allerdings ist die Konkurrenz in der Breite nicht so stark aufgestellt. Pro Nation darf nur ein Athlet starten. In den Sprintfinals stehen also nicht wie sonst zwei Jamaikaner oder Amerikaner, sondern im Idealfall nur der Beste.

Auf Platz zwei der Diskus-Weltjahresbestenliste rangierte Clemens Prüfer mit 65,02 Meter. Eine Bürde, denn der Ranglistenerste war nicht am Start. Erst im dritten Versuch kam er nach Anlaufschwierigkeiten in den Wettkampf. Im letzten Durchgang schaffte er mit 63,52 Meter den großen und weitesten Wurf. Zwei Minuten weilte er damit auf dem Goldrang. Doch dann kam ein Chinese, Yulong Chen, mit Heimvorteil im Rücken und katapultierte die Scheibe wie noch nie auf 64,14 Meter. Mehr als vier Versuche gab es nicht. Keine Konterchance mehr für Prüfer, der sich mit der Hymne des Gastgeberlandes anfreundete.

Wie kleine Stars gefeiert

Gefeiert wurde Clemens Prüfer von den Zuschauern auch als Zweiter wie ein Star. „Er hat den Fehler gemacht, mit seiner Medaille auf die Tribüne zu kommen. Dort musste er erstmal eine halbe Stunde Fotoshooting mit den Zuschauern machen“, beschrieb Bergmann. Jedes Kind aus China wollte ein Foto mit ihm. Das war beeindruckend und ging anderen Gewinnern ähnlich.

Im Vorfeld hieß es, Medaillen stehen bei Jugend-Olympia nicht so sehr im Zentrum, mehr das Erlebnis und der kulturelle Austausch. Sportarten und Verbände sehen das unterschiedlich. Die Leichtathleten sind mit großen Ambitionen angereist. „Es ging in Nanjing sehr, sehr viel auf. Wir sind mit allen zufrieden“, resumierte Jörg Peter.

Bei den Dopingproben verkühlt

Die Eröffnungsfeier war riesig, das Olympische Dorf wunderbar, die Organisation ohne Pannen und im Stadion laut Bergmann „richtig volle Hütte“, bis zu 20.000 Zuschauer. Das Training wurde den schwül-warmen Bedingungen und der hohen Luftfeuchtigkeit in China angepasst, so dass die jungen Talente in Bestform auflaufen konnten. Ein bisschen verkühlt hat sich ein Teil der Mannschaft bei den frischen Temperaturen im Raum der Dopingprobenabnahme.

Zum Ausklang der Wettkämpfe fand am Dienstag eine über Nationen hinweg gemischte 8x100-Meter-Pendelstaffel statt. Auf einer Tartanbahn mitten im Olympischen Dorf. Alina Reh lief beispielsweise mit Jaheel Hyde in einer Staffel. Mehr Gaudi als sportlicher Wert. Aber da gab es sie noch, die Goldmedaille, für Merten Howe. Er gewann mit seiner Gruppe, nachdem die erste Staffel disqualifiziert worden war.

Bevor es am Freitag mit dem Flieger zurück nach Frankfurt geht, „nehmen wir noch ein bisschen Kultur mit, ein paar Tempel“, scherzte Bergmann. Die Erinnerung an bewegende Momente wird bleiben und beim ein oder anderen der Wunsch, den Medaillengewinn bei der Olympiade der Großen zu wiederholen.

Die Medaillengewinner von Nanjing:

<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-4-clemens-pruefer-holt-silber-wie-sein-bruder>Clemens Prüfer holt Silber wie sein Bruder
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-4-henrik-hannemann-stuermt-mit-u18-bestzeit-zu-silber>Henrik Hannemann stürmt mit U18-Bestzeit zu Silber
<link https: www.leichtathletik.de news detail bronze-im-ring-macht-lara-kempka-uebergluecklich>Bronze macht Lara Kempka überglücklich
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-4-mareen-kalis-bleibt-in-letzter-sekunde-bronze>Mareen Kalis bleibt in letzter Sekunde Bronze
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-5-merten-howe-macht-den-ring-zu-bronze>Meten Howe macht den Ring zu Bronze
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-5-anika-nehls-riskiert-vom-bronzerang>Anika Nehls findet Bronze geil
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-5-alina-reh-laeuft-mutig-zu-silber>Alina Reh läuft mutig zu Silber
<link https: www.leichtathletik.de news detail nanjing-tag-6-fabienne-schoenigs-speer-fliegt-auf-silber>Fabienne Schönigs Speer fliegt auf Silber

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024