| Sportpsychologie kompakt

Vorstellungen - Kino im Kopf

Mentale Stärke zählt im Sport längst zu den Erfolgsfaktoren. Genau wie die sportliche Leistung lassen sich auch die Prozesse im Kopf analysieren und optimieren. Dr. Michael Gutmann, leitender Psychologe im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), erklärt in einer neuen Reihe Phänomene der Sportpsychologie – verständlich und auf den Punkt. Heute im Fokus: Vorstellungen (Kopfkino).
Dr. Michael Gutmann

Einen Wettkampf am Tag danach im Kopf noch einmal durchgehen. Sich einzelne Situationen wieder und wieder vor Augen führen. Wer diese Prozesse schon durchlaufen hat, hat schon einmal Vorstellungen benutzt.

Vorstellungen beschreiben das Durchleben von Szenen im Kopf, ohne dass diese gerade wirklich stattfinden. Vorstellungen können sehr unterschiedlich sein: vergangen (habe ich so erlebt) oder zukünftig (so wird es sein), tatsächlich oder möglich (könnte so werden oder gewesen sein), willkürlich (aktiv eingeleitet) oder unwillkürlich (kommt immer wieder von allein), kurze (Sprung) oder längere Abläufe (ganzer Wettkampf).

Wofür brauche ich Vorstellungen?

  • Zur Vorbereitung auf wichtige Situationen (einen Plan haben): Motivation aufbauen, Selbstvertrauen stärken und sich emotional auf die Situation einstellen, Spannungsaufbau und Erholung steuern.
  • Zum Verarbeiten vergangener Situationen (z.B. Misserfolg, Verletzung).

Wie kann ich Vorstellungen nutzen?

  • Konkrete Vorstellungen von einer Situation entwickeln: Hineinversetzen in die Situation, erleben, spüren, wie es war, wie es sein wird oder sein könnte.
  • Strategien entwickeln, z.B.:
    • Handlung planen (was ist wann zu tun?): Was mache ich dann? Dabei die Aufmerksamkeit immer darauf richten, was du erreichen willst (z.B. den Balken treffen).
    • Vorbilder finden, die solche Situationen meistern und sich damit identifizieren („Laufen wie ...“).
    • Bilder finden, die symbolisieren, was erreicht werden soll (z.B. „abziehen wie ...“, „explodieren“).
    • Positive Erinnerungen wecken, die ähnliche Situationen beschreiben und Positives aus dieser Situation mitnehmen (z.B. eigener Sprung).
  • Vorstellung ablaufen lassen („Kopfkino“): Die erwartete Szene mit allen Strategien in einem positiven Verlauf im Kopf immer wieder ablaufen lassen.

Ziel ist es, eine gespannte Vorfreude zu erreichen mit der Zuversicht, der neuen Situation gewachsen zu sein. Die Aufgabe soll als schwierig, aber lösbar empfunden werden.

Durch die Auseinandersetzung mit der kommenden Situation können sich Athleten darauf vorbereiten, wie sie sich dann verhalten wollen.

Vorstellungswege

Es gibt zwei Wege, Vorstellungen vor dem geistigen Auge zu sehen:

  • Die Vorstellung wie mit eigenen Augen sehen, d.h. als wenn man selbst handelt.
  • Die Vorstellung von außerhalb des eigenen Körpers betrachten, d.h. als wenn man ein Video von sich selbst sieht.

Es kann sein, dass ein Athlet eine der beiden Perspektive besser findet oder zwischen den beiden Perspektiven hin- und herschaltet. Das hängt vom Athleten und der Situation ab. Ein Tipp an alle Athleten: Versucht, euren letzten Wettkampf aus beiden Perspektiven zu betrachten und findet heraus, welche Perspektive euch leichter fällt.

Wie können Vorstellungen die Leistung verbessern?

  • Vorstellungen können die Technik verbessern.
  • Vorstellungen können das Selbstvertrauen steigern.
  • Vorstellungen können das Spannungsniveau steigern, wenn der Athlet sich müde fühlt.
  • Vorstellungen können das Spannungsniveau senken, wenn sich der Athlet nervös oder gestresst fühlt.
  • Vorstellungen können helfen, die Fähigkeiten des Athleten auch dann zu trainieren, wenn er nicht körperlich trainieren kann.

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