| U20-EM 2017

Zwei deutsche U20-Weltrekorde krönen DLV-Abschneiden in Grosseto

Die U20-Europameisterschaften 2017 in Grosseto (Italien) waren Titelkämpfe, die in der deutschen Leichtathletik so schnell nicht in Vergessenheit geraten werden. Den Sieg im Medaillenspiegel krönten Zehnkämpfer Niklas Kaul und die deutschen 4x100 Meter-Sprinterinnen mit zwei U20-Weltrekorden.
Silke Bernhart

Es heißt, man solle vorsichtig mit Superlativen umgehen. Aber das, was die deutschen Athleten am Sonntag im Stadio Olimpico Carlo Zecchini von Grosseto ablieferten, das war nicht nur sprichwörtlich ein Wettkampf für die Geschichtsbücher. Innerhalb von knapp zwei Stunden stellten fünf DLV-Athletinnen und -Athleten – vorbehaltlich der noch ausstehenden Ratifizierung des Weltverbands IAAF – zwei U20-Weltrekorde auf.

Es waren herausragende Momente für die deutsche Leichtathletik, die zuvor seit der Wiedervereinigung mit Grit Breuer (400 m) und Raphael Holzdeppe (Stabhochsprung) lange nur zwei neue U20-Weltrekordler gestellt hatte – Holzdeppe wurde in diesem Jahr vom neuen U20-Europameister Armand Duplantis (Schweden) abgelöst, dessen Rekord ebenfalls noch ratifiziert werden muss.

Zehnkampf „wie im Märchen“

„Wie im Märchen“ waren die zwei Wettkampf-Tage von Grosseto für Zehnkämpfer Niklas Kaul (USC Mainz), der ein zuvor kaum vorstellbares Ergebnis von 8.435 Punkten erzielte – allerdings mit Ansage, denn Experten hatten ihm diese Leistung zugetraut, und auch er selbst hatte sie vor den 1.500 Metern mit Fingerzeigen in die Kamera angedeutet.

Dass die deutschen Sprinterinnen herausragende Talente in ihren Reihen haben, war ebenfalls kein Geheimnis. Der U20-Weltrekord im 4x100 Meter-Vorlauf in 43,27 Sekunden aber kam so überraschend, dass Katrin Fehm (ESV Amberg), Keshia Kwadwo (TV Wattenscheid 01), Sophia Junk (LG Rhein-Wied) und Jennifer Montag (TSV Bayer 04 Leverkusen) längst wieder auf dem Aufwärmplatz verschwunden waren, als die Kunde vom Rekord im Stadion die Runde machte. Wie stark das Quartett ist, bewies der zweite Auftritt des Tages, der in 43,44 Sekunden mit Gold gekrönt wurde.

Sieg in der Medaillenwertung

Insgesamt sieben Medaillen feierte der DLV am Sonntag bei den U20-Europameisterschaften, und damit mehr als insgesamt an den drei Tagen zuvor. Es war ein Endspurt, der das deutsche Team mit 13 Medaillen, davon fünf goldene, sieben silberne und eine in Bronze, sogar noch vor bis auf Rang eins des Medaillenspiegels brachte. Vor den Briten, die mit insgesamt 19 Medaillen und ebenso vielen Titeln, aber weniger Silbermedaillen, die Nationenwertung dominierten.

Und so erfüllte sich mit diesem Endspurt auch der Wunsch des DLV-Nachwuchs-Bundestrainers U20 Dietmar Chounard, der sich vor den Meisterschaften ein ebenso erfolgreiches Abschneiden seiner Athleten erhofft hatte wie das der U18-Nationalmannschaften in Nairobi (Kenia; U18-WM) und Bydgoszcz (Polen; U23-EM). Insgesamt kam man in den vergangenen zwei Wochen kaum hinterher mit dem Medaillenzählen. Die stolze DLV-Bilanz aus den drei Titelkämpfen: 44-mal Edelmetall für den Leichtathletik-Nachwuchs und zwölf neue Titelträger!

Sprinter fleißigste Medaillensammler

Wie vielfältig die deutsche Leichtathletik ist und wie breit gestreut die Talente, zeigt ein Blick auf die Disziplingruppen. Lange waren die Werfer die fleißigsten Medaillensammler. Sie mussten in Grosseto mit nur einmal Edelmetall vorlieb nehmen: Gold für Kugelstoßerin Julia Ritter (TV Wattenscheid 01). In Eskilstuna (Schweden) hatten bei der U20-EM zwei Jahre zuvor die DLV-Lauftalente, angeführt von Konstanze Klosterhalfen und Alina Reh, für zahlreiche Podestplätze gesorgt. Aus ihrem Lager ragte in Grosseto Hindernisläuferin Lisa Oed (SSC Hanau-Rodenbach) mit Überraschungs-Gold hervor.

Insgesamt aber überzeugten in diesem Jahr besonders die Sprinter. Gleich vier Medaillen gingen auf das Konto der weiblichen Sprintstaffel: Fehm, Kwadwo, Junk und Montag holten gemeinsam Gold sowie mit Silber (Kwadwo; 100 m), Silber (Junk;  200 m) und Bronze (Fehm; 200 m) drei Einzelmedaillen. Und dabei ging die vermeintlich Schnellste im Bunde Jennifer Montag nach verpasstem 100-Meter-Finale leer aus. Auch die 4x100 Meter Staffel der männlichen Jugend holte Gold, die 4x400 Meter Staffel der weiblichen Jugend feierte die Silbermedaille.

Viele der Talente, die 2015 in Eskilstuna für Furore gesorgt hatten, stehen schon jetzt im deutschen WM-Aufgebot für London (Großbritannien; 4. bis 13. August). Auch die erfolgreichen DLV-Athleten der diesjährigen Nachwuchsmeisterschaften werden schon bald den Kern der Aktiven-Nationalmannschaft bilden. Der gemeinsame Weg führt zu den Olympischen Spielen 2020, 2024 oder 2028. Es bleibt zu hoffen, dass er trotz Leistungssport-Reform so vielfältig bleiben wird wie eh und je. In jedem Fall können ihn die deutschen Hoffnungsträger mit neuen U20-Weltrekordlern in ihren Reihen umso selbstbewusster bestreiten.

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