| Disziplin-Check

LANGHÜRDEN MÄNNER | Drei im Olympia-Halbfinale, drei unter 49 Sekunden

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainer:innen der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: Langhürden der Männer.
Svenja Sapper

Im Video: Interview mit dem Leitenden Bundestrainer Sprint Ronald Stein

Das ist 2021 passiert

Gleich mehreren Athleten gelang es in der olympischen Saison, mit starken Leistungen auf sich aufmerksam zu machen. Für den ersten Paukenschlag des Jahres sorgte Constantin Preis: Eine Woche nachdem der Sindelfinger bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig den Titel-Hattrick perfekt gemacht hatte, stürmte er Mitte Juni in Genf (Schweiz) mit 48,60 Sekunden zur schnellsten deutschen Zeit in diesem Jahrtausend.

Gut einen Monat später schob sich der Zweite der Deutschen Meisterschaften ins Rampenlicht: Mit Silber bei der U23-EM in Tallinn (Estland) und der zweiten deutschen Zeit unter 49 Sekunden (48,96 sec) konnte Emil Agyekum (SCC Berlin) glänzen. Doch aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei: Mit einer Glanzzeit von 48,62 Sekunden überzeugte Luke Campbell (Eintracht Frankfurt) im August im Olympia-Halbfinale von Tokio (Japan).

Damit belegte er bei den Spielen den elften Platz und reihte sich knapp hinter Preis auf Rang acht der ewigen deutschen Bestenliste ein. Rang elf für Campbell ist das beste Abschneiden eines Deutschen über diese Strecke bei Olympischen Spielen seit 1992 – kein einziger Athlet, der in diesem Jahr zu den deutschen Top Ten zählte, war damals bereits geboren. Campbell, Preis und dem dritten Olympia-Starter Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt, Saisonbestleistung: 49,50 sec) gelang in Tokio ein historischer Erfolg: Erstmals seit 1972 in München standen wieder drei deutsche Athleten in einem Olympia-Halbfinale über 400 Meter Hürden.

Ein weiterer Rekord: Noch nie zuvor hatten drei 400-Meter-Hürden-Spezialisten im selben Jahr die 49-Sekunden-Schallmauer unterboten. Während die vier Schnellsten sich 2021 im Bereich zwischen 48,60 und 49,50 Sekunden bewegten, beträgt der Abstand zum Rest der deutschen Spitze über 1,7 Sekunden. Somit dürften es die Topathleten dieses Jahres sein, die im kommenden Jahr um je drei Startplätze für die WM in Eugene (USA) und die Heim-EM in München kämpfen werden.

Während die deutsche Spitze um Preis (23) und Agyekum (22) noch recht jung ist, muss der Nachwuchs sich noch etwas herankämpfen, wenn sie in die Fußstapfen von Campbell & Co. treten wollen: Ohne deutsche Starter fand die U20-EM statt, die ebenfalls in Tallinn ausgetragen wurde. Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Rostock setzte sich nach einem Fehlstart des Jahresschnellsten Jordon Gordon (OTB Osnabrück) der Wattenscheider Mateusz Lewandowski durch.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
U20-EM
U23-EM Silber: Emil Agyekum – 
Olympische Spiele  –  – 

Unser „Ass des Jahres“:

Constantin Preis (VfL Sindelfingen)

Deutscher Meister
Olympia-Halbfinalist
Schnellste deutsche Zeit in diesem Jahrtausend

Unser „Talent des Jahres“:

Emil Agyekum (SCC Berlin)

U23-EM-Silber
Erstmals unter 49 Sekunden

Die deutschen Top Ten 2021

Zeit Athlet Jahrgang Verein
48,60 sec Constantin Preis 1998 VfL Sindelfingen
48,62 sec Luke Campbell 1994 Eintracht Frankfurt
48,96 sec Emil Agyekum 1999 SCC Berlin
49,50 sec Joshua Abuaku 1996 Eintracht Frankfurt
51,24 sec Lukas Peter 1999 LC Jena
51,93 sec Michael Adolf 1996 TSV Gräfelfing
52,12 sec Jordan Gordon 2002 OTB Osnabrück
52,17 sec Luca Hey 1999 THW Kiel
52,20 sec Henry Vißer 1998 LAZ Rhede
52,20 sec Marcel Meyer 2001 Hannover 96

Statistik –  Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 400 Meter Hürden

Jahr =/< 49,35 sec* Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005 1 49,69 50,04 50,79
2006 50,31 50,56 51,11
2007 50,50 50,73 51,25
2008 51,07 51,17 51,43
2009 1 49,74 50,12 50,58
2010 49,92 50,10 50,85
2011 1 49,33 49,56 50,40
2012 1 49,37 49,51 50,14
2013 1 49,50 49,80 50,30
2014 2 49,25 49,67 50,26
2015 50,08 50,28 50,87
2016 50,10 50,34 50,97
2017 49,86 50,16 50,63
2018 1 50,20 50,44 50,93
2019 2 49,31 49,72 50,75
2020 49,84 50,69 51,68
2021 3 48,73 49,38 50,75

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 49,17 (C. Duma) 48,24 (Iakovakis/GRE) 0,93 47,24 (Clement/USA) 1,93
2006 49,69 (C. Duma) 47,82 (Iakovakis/GRE) 1,87 47,39 (Clement/USA) 2,30
2007 50,37 (T. Goller) 48,12 (Plawgo/POL) 2,25 47,61 (Clement/USA) 2,76
2008 50,81 (L. Hense) 48,52 (Plawgo/POL) 2,29 47,25 (Taylor/USA) 3,65
2009 49,20 (T. Goller) 48,27 (Greene/GBR) 0,93 47,91 (Clement/USA) 1,29
2010 49,85 (G. Fleischhauer) 47,88 (Greene/GBR) 1,97 47,32 (Jackson/USA) 2,53
2011 48,72 (G. Fleischhauer) 48,20 (Greene/GBR) 0,52 47,66 (van Zyl/RSA) 1,06
2012 49,21 (S. Schirrmeister) 47,84 (Greene/GBR) 1,37 47,63 (Sanchez/DOM) 1,58
2013 49,15 (S. Schirrmeister) 48,05 (Bekric/SRB) 1,10 47,69 (Gordon/TRI) 1,46
2014 48,93 (F. Franz) 48,47 (Hussein/SUI) 0,46 48,03 (Culson/PUR) 0,90
2015 49,87 (J. Hanßen) 48,05 (Kudryavtsev/RUS) 1,82 47,79 (Bett/KEN) 2,08
2016 49,48 (T. Giehl) 47,92 (Copello/TUR) 1,56 47,73 (Clement/USA) 1,75
2017 49,40 (L. Campbell) 48,22 (Warholm/NOR) 1,18 47,80 (McMaster/IVB) 1,60
2018 49,14 (L. Campbell) 47,64 (Warholm/NOR) 1,50 46,98 (Samba/QAT) 2,16
2019 49,23 (C. Preis) 46,92 (Warholm/NOR) 2,31 46,92 (Warholm/NOR) 2,31
2020 49,49 (C. Preis) 46,87 (Warholm/NOR) 2,62 46,87 (Warholm/NOR) 2,62
2021 48,60 (C. Preis) 45,94 (Warholm/NOR) 2,66 45,94 (Warholm/NOR) 2,66

Das fällt auf: 

  • Bereits zum dritten Mal in Folge führt der Sindelfinger Constantin Preis die deutsche Jahresbestenliste an – in diesem Jahr mit der ersten deutschen Zeit unter 49 Sekunden seit 2014 und der schnellsten Zeit seit Beginn unserer Aufzeichnungen.
  • Zum ersten Mal seit Beginn unserer Analyse 2005 haben drei Athleten den Schwellenwert von 49,35 Sekunden* unterboten: Constantin Preis, Luke Campbell und Emil Agyekum. Ihnen ist es zu verdanken, dass der Schnitt der deutschen Top Drei gleich eine halbe Sekunde schneller ist als der Bestwert vor dieser Saison. Auch der Top-Fünf-Wert, zu dem der dritte Olympiastarter Joshua Abuaku beitrug, ist besser denn je.
  • Der Abstand zum europäischen Jahresbesten war dennoch nie so groß wie in diesem Jahr. Das ist auf Karsten Warholm zurückzuführen: Der jüngst zu "Europas Leichtathlet des Jahres" gekürte Norweger verbesserte erst den Uralt-Weltrekord von Kevin Young um acht Hundertstel und pulverisierte bei den Olympischen Spielen seinen eigenen Rekord.
  • Wie bei den Frauen Sydney McLaughlin, Dalilah Muhammad und Femke Bol liefen auch bei den Männern alle drei Medaillengewinner von Tokio, Karsten Warholm, Rai Benjamin (USA) und Allison dos Santos (Brasilien) schneller als die Weltrekordmarke vor dieser Saison (46,78 sec).
  • Preis, Campbell und Agyekum belegen in der europäischen Jahresbestenliste die Plätze 7,8 und 10. Alle drei dürfen sich damit Hoffnungen auf einen EM-Finalplatz im kommenden Jahr in München machen.

leichtathletik.TV-Clips:

400 Meter Hürden

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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