| Belgrad 2022

Hallen-WM Tag 1 | Die DLV-Athletinnen und -Athleten in den Vorrunden

Fünf Vorentscheidungen mit deutscher Beteiligung stehen am Freitag bei der Hallen-WM in Belgrad (Serbien) auf dem Programm. Wie sich die DLV-Athletinnen und -Athleten präsentieren? Hier finden Sie es heraus!
Silke Bernhart / Nicolas Walter / Julian Reus

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

FRAUEN

60 Meter Vorläufe

Vergebliche Aufholjagd von Gina Lückenkemper

Ein Blick auf die Reaktionszeiten am Start zeigt, wo der Halbfinal-Platz für Gina Lückenkemper (SCC Berlin) verlorengegangen ist: 0,192 Sekunden brauchte die Deutsche Hallen-Vizemeisterin, bis sie aus den Blöcken war – und damit 0,04 mehr als fast jede andere ihrer Konkurrentinnen. Während links neben ihr die 19-jährige Jamaikanerin Brianna Williams (7,06 sec) einen Raketenstart hinlegte, kam Lückenkemper spät ins Rollen und konnte sich dann immerhin noch in 7,33 Sekunden auf Platz fünf nach vorne arbeiten. Für die nächste Runde reichte das leider nicht, und auch ihre Saison-Bestzeit von 7,20 Sekunden blieb unerreicht.

Gleich vier Athletinnen waren auf der blauen Bahn von Belgrad nach 7,10 Sekunden oder schneller im Ziel, die Beste von ihnen: US-Hallenmeisterin Mikiah Brisco (7,03 sec). Ewa Swoboda (Polen), mit 6,99 Sekunden weltweit die Nummer eins des Jahres, gab sich in 7,10 Sekunden keine Blöße. Auch Mujinga Kambundji (Schweiz; 7,17 sec), Dritte der letzten Hallen-WM 2018 in Birmingham (Großbritannien), zog als Vorlauf-Siegerin ins Halbfinale ein. Neue Landesrekorde und das Halbfinal-Ticket gab's für Italien und Zaynab Dosso (7,14 sec), Luxemburg und Patrizia van der Weken (7,21 sec) sowie Israel und Diana Vaisman (7,23 sec). sb

Stimme zum Wettbewerb:

Gina Lückenkemper (SCC Berlin):
Satz mit X – das war wohl nichts heute. Irgendwie hat die Spannung auf den ersten Metern gefehlt. Die war im Warm-up da, und im Warm-up lief's auch wirklich gut. Aber ich habe schon beim Probestart gemerkt, dass es sich irgendwie komisch anfühlt. Wir haben im Call-Room viel gesessen, aber das war ja nicht das erste Mal, eigentlich hätte die Spannung dadurch nicht wegfallen dürfen. Auf den ersten Metern haben sich dann aber einige Fehler eingeschlichen, die nicht hätten sein müssen. Dafür sind die 60 Meter schlichtweg zu kurz, als dass man das dann wieder ausbügeln kann. Die zweite Hälfte war wieder gut. Aber hintenraus rennen kann ich, das konnte ich schon immer. Nichtsdestotrotz – auch wenn das jetzt super ärgerlich ist und das eigentlich eine Zeit gewesen ist, die ich locker hätte laufen müssen, um ins Halbfinale zu kommen: Ich bin froh, dass ich hier gewesen bin und meine erste Hallen-WM mitgemacht habe. Das war ein unfassbares Learning für mich, unter Stressbedingungen 60 Meter zu laufen. Das ist etwas vollkommen anderes, weil die Fehler nicht verziehen werden. Und das ist ja bei mir noch so ein bisschen die Schwäche, das ist das, woran ich arbeiten muss. Und das geht im Wettkampf am besten.

 

MÄNNER

400 Meter Vorläufe

Patrick Schneider scheitert hauchdünn

Am Ende fehlte Patrick Schneider (TV Wattenscheid 01) der Hauch eines Hundertstels für ein kleines q. Als Dritter seines Vorlaufs schied er trotz eines beherzten Auftritts und einer Zeit von 46,76 Sekunden aus. Besonders ärgerlich: Der Pole Kajetan Duszynski sicherte sich mit geringfügig schnelleren 46,75 Sekunden das letzte Ticket des Tages für den Halbfinaleinzug.

Zu Beginn seines Rennens kam Patrick Schneider nur langsam in Fahrt. Am Ende der ersten Runde klaffte bereits eine größere Lücke zu den beiden Führenden Patrik Sorm (Tschechien) und Benjamin Vedel (Dänemark). Doch auf den zweiten 200 Metern konnte sich der Deutsche mit einem energischen Antritt wieder an die Spitze heranarbeiten – für einen der ersten beiden Plätze sollte es auf der Zielgeraden dennoch nicht reichen. Den Angriff des Australiers Tom Willems konnte der 29-Jährige auf den letzten Metern dagegen aber noch knapp abwehren. nw

Stimme zum Wettbewerb:

Patrick Schneider (TV Wattenscheid 01):
Ich hatte mir etwas mehr erhofft. Bahn 4 war keine schlechte Ausgangslage mit den zwei Favoriten vor mir. Ich dachte, ich kann mich da etwas besser heransaugen und als Erster oder Zweiter in die zweite Runde gehen, das ist leider nicht ganz aufgegangen. Hintenraus wollte ich dann nochmal attackieren, ich bin aber nicht ganz vorbeigekommen. Am Ende habe ich es irgendwie noch ins Ziel gerettet.
 

800 Meter Vorläufe

Auf den letzten Metern schwinden Marc Reuther die Kräfte

Marc Reuther (Eintracht Frankfurt) erarbeitete sich gleich zu Beginn des Rennens über 800 Meter eine gute Ausgangssituation. Direkt hinter dem Kenianer Collins Kipruto positioniert, führte er das sechsköpfige Verfolgerfeld an. Nach zweieinhalb Runden musste der Deutsche diese Platzierung an den US-Amerikaner Isaiah Harris abgeben, der am 25-Jährigen vorbeistürmte. Mit dem Rundengong kam es schließlich zu einer Berührung mit dem Spanier Alvaro De Arriba, durch die Reuther einige Hundertstel einbüßte.

Doch diese sollten nicht mehr entscheidend sein: Auf den letzten 100 Metern gingen dem Frankfurter sichtbar die Kräfte aus. Auch einen Stolperer von Collins Kipruto konnte er nicht mehr zu seinen Gunsten nutzen. In 1:48,63 Minuten beendete er das Rennen schließlich auf Platz fünf. Isaiah Harris sicherte sich in 1:47,00 Minuten den Sieg vor Alvaro De Arriba (1:47,97 min). Beide Athleten zogen damit ins Finale ein, welches am Samstagabend ohne deutsche Beteiligung stattfinden wird. 

Stimme zum Wettbewerb:

Marc Reuther (Eintracht Frankfurt)
Es war ein ordentliches Gerangel eingangs der letzten Runde. Ich habe versucht die Position zu halten, weil nur die ersten Beiden weiterkommen. Dadurch wird es natürlich hart, wenn man den kompletten Schritt verliert. Nichtsdestotrotz bin ich taktisch ganz gut gelaufen, war vorne und muss einfach sagen, dass hintenraus auf den letzten Metern der Kick nicht mehr da war. Ich denke, ich weiß, woran ich arbeiten muss und es war ein wichtiger Zwischenschritt für die Freiluft-Saison.
 

3.000 Meter Vorläufe

Maximilian Thorwirth kämpft sich ins Finale

Die Premiere auf der großen Bühne von Weltmeisterschaften verlangte Maximilian Thorwirth (SFD 75 Düsseldorf Süd) alles ab. Im langsamen dritten Vorlauf wurde geschubst und geschoben, innen und außen überholt – und Thorwirth lag zumeist in der Mitte des Feldes eingekesselt auf der Innenbahn. Doch er ließ sich im Kampf um die besten Plätze nicht beirren, arbeitete sich immer wieder nach vorne und hatte sich auch für die letzten zwei schnellen Runden noch einige Körner aufgespart. So konnte der Düsseldorfer die Tempoverschärfung der Top Drei mitgehen und schließlich sogar schon einige Meter vor dem Ziel zum Jubel ansetzen: Platz vier und damit die direkte Finalqualifikation waren da sicher! Seine Zeit von 7:56,20 Minuten spielte keine Rolle mehr – eher noch die Tatsache, dass er die Nummer eins des Jahres Berihu Aregawi (Äthiopien; 7:58,59 min) hinter sich gelassen hatte, der damit das Finale verpasste.

Im zweiten Vorlauf hatte sich zuvor Sam Parsons (Eintracht Frankfurt) nach dem plötzlichen Ausstieg des bis dahin führenden Ali Moussa Barak (Tschad) schon nach 500 Metern an die Spitze gesetzt. Dort ließ ihn der Rest des Feldes bis etwa zur Hälfte des Rennens Tempo machen – dann arbeiteten sich die Favoriten nach vorne und zogen an dem Deutschen Hallen-Vizemeister vorbei. Als Hallen-Europarekordler Adel Mechaal (Spanien) gefolgt von 10.000 Meter-Olympiasieger Selemon Barega (Äthiopien) einen Gang hochschaltete, konnte sich eine Sechser-Gruppe an der Spitze absetzen, die die Top Vier-Plätze für die direkte Final-Qualifikation unter sich ausmachte. Sam Parsons wurde in 7:55,97 Minuten Siebter und verpasste damit den Finaleinzug.

Stimmen zum Wettbewerb:

Maximilian Thorwirth (SFD 75 Düsseldorf-Süd):
Ich bin super happy mit meinem Finaleinzug bei meiner ersten Weltmeisterschaft, das war das große Ziel. Dass ich das auch in einem langsamen Rennen so hinkriege, ist natürlich top! Es war sehr, sehr viel Gerangel, weil es langsam war – obwohl wir im dritten Vorlauf waren und eigentlich wussten, wie schnell wir für die Qualifikation über die Zeit laufen mussten. Ich bin auch einmal kurz in den Innenraum geschubst worden, aber ich bin mir sehr, sehr sicher, dass das nicht meine Schuld war – da mache ich mir keine Sorge. Ich freue mich, dass ich mich in so einem für mich schwierigen Rennen auf so hohem Niveau, alle so eng zusammen, durchsetzen und das große Q für Deutschland holen konnte.

Sam Parsons (Eintracht Frankfurt):
Ich wollte ein starkes Rennen zeigen. Ich wusste, dass die erste Gruppe ziemlich schnell gelaufen ist, daher wollte ich von vorne Vollgas geben. Ich weiß, dass das keine ideale Position bei einer Weltmeisterschaft ist. Aber es war nur ein erster Wettkampf in einem langen Jahr, und ich weiß, dass ich noch besser werden kann und bei der EM in München ein noch besserer Läufer sein kann. Mein großes Ziel in dieser Saison war es vor allem gesund zu bleiben – und das habe ich geschafft.
 

Siebenkampf Tag 1

Kai Kazmirek muss den Siebenkampf abbrechen

Er hatte nach dem Gewinn der World Athletics Combined Events Challenge im Jahr 2021 eine Wild Card und wollte diese bei der Hallen-WM nutzen, um sich ein weiteres Mal in einem Weltklasse-Feld zu beweisen – aber schon die ersten Disziplinen zeigten am Freitag, dass Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) nicht im Besitz seiner vollen Kräfte war. Nach 7,22 Sekunden über 60 Meter und 6,95 Metern im Weitsprung wuchtete er die Kugel noch auf 13,40 Meter, bevor er sich auf Platz zwölf von zwölf Teilnehmern in die Mittagspause verabschiedete. Dort machten Magen-/Darm-Beschwerden die Regenerationsphase zunichte. In Absprache mit Bundestrainer Christopher Hallmann und dem medizinischen Team um Verbandsarzt Dr. Walter Hubmann fiel die Entscheidung, den Siebenkampf aus gesundheitlichen Gründen abzubrechen.

Umso mehr wird den 31-Jährigen diese Entscheidung schmerzen, weil er bis dahin Teil eines spannenden Wettbewerbs auf extrem hohen Niveau war. Die Führung hatte sich nach drei Wettbewerben Zehnkampf-Olympiasieger Damian Warner (Kanada) geschnappt, dem trotz Tages-Bestleistungen von 6,68 Sekunden über 60 Meter und 8,05 Metern im Weitsprung die Konkurrenz dicht auf den Fersen ist. Nach dem Kugelstoßen (14,89 m) führt er mit 2.855 Punkten – 33 mehr als Ashton Eaton (USA) 2012 bei seinem Hallen-Weltrekord – das Feld vor Simon Ehammer (Schweiz; 2.797 pt) und dem Olympia-Dritten Ashley Moloney (Australien; 2.729 pt) an.

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

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