| Interview

Dagmar Freitag zum Anti-Doping-Gesetz: "Das hat eine andere Qualität"

Wer in Deutschland im Spitzensport dopt, hat nun auch das in Kraft getretene Anti-Doping-Gesetz zu fürchten. Bei einem Dopingverdacht könnte nun statt des Kontrolleurs "der Staatsanwalt an der Tür klingeln", warnt Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag und Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV).
dpa/sim

Dagmar Freitag hat lange für das nun in Kraft getretene Anti-Doping-Gesetz gekämpft. "Wir machen deutlich, dass Deutschland es ernst meint mit einer wirksamen Doping-Bekämpfung", sagte die Sportausschussvorsitzende im Bundestag und DLV-Vizepräsidentin im Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Für sie hat das Gesetz einen "gewissen Abschreckungsfaktor".

Das Anti-Doping-Gesetz ist in Kraft. Hat eine neue Ära begonnen?

Dagmar Freitag:

Das ist zu hoch gegriffen. Wir sind da ganz realistisch und sehen das Gesetz als weiteren, aber eben auch unverzichtbaren Baustein im Kontext einer erfolgversprechenderen Doping-Bekämpfung.

Um das Gesetz wurde sehr lange gerungen, die Kontroverse darum dauerte viele Jahre. Hat sich das lange Warten darauf gelohnt?

Dagmar Freitag:

Man muss manchmal einen langen Atem haben, um Widerstände – insbesondere die des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) -, die teilweise völlig unbegründet waren, zu überwinden. Es ist endlich gelungen, eine gesellschaftliche und auch eine politische Mehrheit für das Vorhaben zu gewinnen. Ich denke deshalb, dass sich der jahrelange Einsatz für dieses Gesetz gelohnt hat. Das Gesetz hat zum einen die Binnenwirkung, dass Doper in unserem Land wissen, bei einem Dopingverdacht kann jetzt nicht nur der Dopingkontrolleur, sondern auch der Staatsanwalt an der Tür klingeln. Und es hat eine Außenwirkung für die internationale Sportgemeinschaft: Wir machen deutlich, dass Deutschland es ernst meint mit einer wirksamen Doping-Bekämpfung. Es könnte so also auch Vorbildcharakter für andere nationale Gesetzgebungsvorhaben haben.

Hat das Gesetz auch Gültigkeit für ausländische Sportler, die in Deutschland an Wettkämpfen teilnehmen? Könnte bei einem Doping-Verdacht das Hotelzimmer eines Athleten durchsucht werden?

Dagmar Freitag:

Wer sich auf deutschem Boden aufhält, bei dem können natürlich Durchsuchungen stattfinden. Die Wirkung solch nationaler Gesetze hat man ja beispielsweise in Frankreich bei der Tour de France oder bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin gesehen.

Es gibt deutsche Athleten, die eine Benachteiligung für sie durch das Anti-Doping-Gesetz gegenüber Sportlern befürchten, in deren Ländern es kein solches Gesetz gibt!

Dagmar Freitag:

Das ist im Prinzip Unsinn. Ein sauberer Sportler hat ja auch in Deutschland nichts zu befürchten. Und: Ein sauberer Sportler muss ein großes Interesse daran haben, dass die, die ihn im Wettbewerb betrügen, effektiv verfolgt werden können. Dafür sorgen wir jetzt.

Aber es gibt Widerstand von Sportlern gegen das Gesetz...

Dagmar Freitag:

Ich glaube, der Widerstand von Sportlern dagegen kommt zum großen Teil aus Unwissenheit. Da gab es – zum Teil bewusst geschürte - Verschwörungstheorien, Deutschland mache wegen der klaren Anti-Doping-Haltung seine Sportler zu Zielen versteckter Attacken. Das halte ich schlichtweg für Quatsch. Ein Beispiel: Es gab die Angst der Sportler, ihnen könnten Dopingsubstanzen untergejubelt werden. Der Besitz von Doping-Mitteln war aber nach dem Welt-Anti-Doping-Code bereits vor unserem Gesetz verboten. Letztlich hat es diese Gefahr, wenn es sie gegeben haben sollte, also schon früher gegeben. Mir ist aber kein deutscher Sportler bekannt, der gesperrt worden wäre, weil ihm jemand verbotene Substanzen in die Sporttasche gesteckt hätte. Das ist eine Phantomdiskussion, die da geführt wird.

Erhöht das Gesetz den Abschreckungseffekt für Doper?

Dagmar Freitag:

Ich bin überzeugt, dass ein gewisser Abschreckungsfaktor greifen wird. Es ist ein Unterschied für einen Athleten, ob er sich vor einem Sportgericht verantworten muss und sich die übliche Sperre abholt oder sich einem staatlichen Richter gegenüber sieht. Das hat noch mal eine andere Qualität.

Jetzt drohen Sportlern, die dopen, auch Gefängnisstrafen?

Dagmar Freitag:

Es kommt auf das Vergehen an. Aber es ist nicht unsere Absicht, Sportler hinter Gittern zu bringen, sondern saubere Sportler zu schützen – aber wir sanktionieren jetzt Sportler, wenn sie dopen oder Doping-Substanzen verabreichen. Über das Strafmaß entscheidet das Gericht im Einzelfall.

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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