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Deutsche Speerwerfer liefern Show der Extraklasse

Der Olympiasieger nur Vierter – geschlagen von drei Landsleuten: Das gibt’s wohl nur in Speerwurf-Deutschland. Am Samstag beim Berliner ISTAF stahl Johannes Vetter mit seinem ersten 89-Meter-Wurf einem dennoch gut gelaunten Thomas Röhler die Show. Auch Julian Weber war in Bestform. Über 100 Meter Hürden glänzte Siegerin Cindy Roleder. Christina Obergföll feierte einen Abschied nach Maß.
Silke Morrissey

Aufgrund von Knieschmerzen hatte Johannes Vetter die letzten Meetings absagen müssen. Den Start beim ISTAF aber, den wollte sich der WM-Vierte aus Offenburg nicht nehmen lassen. Und er packte seine ganze Energie gleich in den ersten Versuch, begleitet von einem lauten Schrei und gefolgt von einer Jubelpose sowie einem strahlenden Lachen: 89,57 Meter. 

Der 23-Jährige steigerte damit seine Bestleistung um 1,34 Meter: Platz zwei der Welt und Platz vier der ewigen deutschen Bestenliste seit Einführung des neuen Speers! In einem Wettbewerb auf Olympia-Niveau fuhr der gebürtige Dresdner damit einen Sieg gegen hochklassige Konkurrenz ein, bei der die hartnäckigsten Verfolger aus dem eigenen Lager kamen.

Julian Weber mit geborgter Kleidung top

Denn nur wenig nach stand Johannes Vetter der noch ein Jahr jüngere Julian Weber (USC Mainz). Und das, obwohl er ohne Gepäck im Olympiastadion angekommen war und sich seine Wettkampf-Ausrüstung erst bei Olympiasieger Thomas Röhler borgen musste. Im zweiten Durchgang steigerte sich der 22-Jährige auf 88,29 Meter – eine Weite, die ihm in Rio Olympia-Silber beschert hätte.

Mit 85,43 Metern präsentierte sich auf Rang drei auch der Mannheimer Andreas Hofmann in Topform. Nur Platz vier blieb diesmal Thomas Röhler (LC Jena), für den genau zwei Wochen nach seinem 90-Meter-Wurf von Rio 82,55 Meter in die Ergebnislisten einging. "Das ist okay für mich. Ich bin müde, ich hatte in den letzten sieben Tagen fünf Wettkämpfe. Mein Körper braucht jetzt einfach Ruhe", erklärte er.

Cindy Roleder rennt allen davon

Als Cindy Roleder über 100 Meter Hürden schon an der dritten Hürden vorne mit dabei war, war klar: Der Sieg würde nur über die Leipzigerin mit dem starken Finish gehen. Und so war es dann auch. Auf den letzten 30 Metern zog sie der Konkurrenz davon und sprintete in glänzenden 12,65 Sekunden, der drittbesten Zeit ihrer Karriere, als Erste ins Ziel. "Ich habe mich super vorbereitet und wollte mich gut präsentieren, mit einem guten Saison-Abschluss", erklärte die Olympia-Fünfte anschließend, "ich bin absolut happy!"

Zufrieden konnte auf Platz sechs auch die Wattenscheiderin Pamela Dutkiewicz sein, die in 12,86 Sekunden ihren Hausrekord nur um eine Hundertstel verfehlte. Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen; 12,94 sec) blieb dahinter ebenfalls unter 13 Sekunden. 

Im Rennen der Männer war der Sieg eine Tausendstel-Entscheidung, die knapp zugunsten des Briten David Omoregie und gegen den Franzosen Pascal Martinot-Lagarde (beide 13,24 sec) ausfiel. Ein weiteres Mal schnell unterwegs war der Olympia-Neunte Gregor Traber (VfB Stuttgart), der in Berlin in 13,43 Sekunden Vierter wurde.

Robert Harting mit Niederlage in seinem Wohnzimmer

Ausgerechnet der Wettbewerb, für den eigens eine Wettkampf-Anlage auf die Gegenseite gebaut wurde, verblasste dagegen im Vergleich mit vielen anderen Höhepunkten: der Diskuswurf der Männer. Der Olympiasieger von 2012 Robert Harting (SCC Berlin) konnte aber trotz Niederlage in seinem Wohnzimmer als Dritter mit 63,23 Metern nach den Olympia-Aus in der Qualifikation einen versöhnlichen Saison-Abschluss feiern. Beim Olympia-Dritten aus Wattenscheid Daniel Jasinski (59,07 m) war die Luft raus. Der Überraschungssieger kam aus Österreich und heißt Lukas Weißhaidinger (66,00 m).

Ebenfalls mit Spannung erwartet wurden die 3.000 Meter Hindernis mit Gesa Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt), die im Vorjahr beim ISTAF einen deutschen Rekord über 2.000 Meter Hindernis aufgestellt hatte. Dieses Mal musste sie die U20-Weltmeisterin und -Weltrekordlerin Celliphine Chespol (Kenia; 9:25,49 min) früh ziehen lassen, war aber auf Rang zwei (9:30,95 min) ungefährdet. Ein Achtungserfolg gelang mit neuer Bestleistung und Platz fünf Jana Sussmann (LT Haspa Marathon Hamburg; 9:41,05 min), die das Ticket nach Rio als viertbeste Deutsche nur knapp verpasst hatte.

Über 200 Meter machten eine 19- und eine 20-Jährige den Sieg unter sich aus. Die Deutsche Meisterin und EM-Dritte Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) biss ein letztes Mal in dieser Saison die Zähne zusammen und hielt auf der Zielgeraden in 22,92 Sekunden ähnlich wie schon bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel dem Angriff von Lisa Mayer (LG Langgöns/Oberkleen; 23,02 sec) stand.

Abschied nach Maß von Christina Obergföll

Die Deutsche Speerwurf-Rekordlerin Christina Obergföll (LG Offenburg) hatte am Nachmittag in ihrem Abschieds-Wettkampf das ISTAF 2016 eröffnet und dabei die große Bühne ganz für sich. <link news:50080>Mit einem Sieg und dem zweitbesten Wurf ihrer Saison (64,28 m) gelang der 35-Jährigen dabei ein Abgang nach Maß. Stolz kann sie nun auf mehr als zwölf Jahren in der Weltspitze, sieben internationale Medaillen und zwei 70-Meter-Würfe zurückblicken.

Den Spannungsbogen führte anschließend im Dreisprung Europameister Max Heß fort – allerdings nicht ganz freiwillig. Wie schon in der Qualifikation in Rio startete der Chemnitzer mit zwei ungültigen Versuchen, konnte sich dann aber mit 16,70 Metern als Zweitbester in den Endkampf retten. Dort folgte aufgrund von Fußbeschwerden keine Steigerung mehr, vorbeiziehen konnte aber auch kein Kontrahent. So blieb es bleib bei Rang zwei hinter dem US-Amerikaner Chris Carter, der im dritten Versuch (17,01 m) den einzigen 17-Meter-Sprung der Konkurrenz zeigte.

Bernard Lagat bei letztem Bahnrennen Zweiter

Bernard Lagat, Doppel-Weltmeister über 1.500 und 5.000 Meter von 2007 und dreimaliger Hallen-Weltmeister über 3.000 Meter, hatte sich ebenfalls das ISTAF für einen Abschied ausgesucht: Über 3.000 Meter absolvierte der mittlerweile 41 Jahre alte US-Amerikaner sein letztes Bahnrennen und wurde in 7:43,63 Minuten Zweiter hinter dem Kenianer Augustine Choge (7:43,00 min).

Auch über 800 Meter ging der Sieg nach Kenia. Bei seinem einzigen Auftritt nach dem Olympiasieg brachte Weltrekordler David Rudisha in 1:43,31 Minuten viereinhalb Zehntel Vorsprung vor seinem Landsmann Kipyegon Bett ins Ziel. Ein letztes Mal stand in diesem Rennen der Braunschweiger Sören Ludolph, Olympia-Teilnehmer von 2012 und mehrmaliger Deutscher Meister, auf der Bahn. Als Achter in 1:48,31 Minuten beendete der 28-Jährige im Olympiastadion seine Karriere.

Müde Kugelstoßer

Ebenfalls mit dem Platz am Ende des Feldes musste im Frauen-Wettbewerb nach einer langen Saison die Deutsche Meisterin Christina Hering (LG Stadtwerke München; 2:03,02 min) vorlieb nehmen. An der Spitze gab's ein Wiedersehen mit der Weltmeisterin von 2009 Caster Semenya. Die Südafrikanerin kehrte als Olympiasiegerin nach Berlin zurück und ließ an der Stätte ihres ersten großen Erfolgs in 1:55,68 Minuten erneut die Konkurrenz hinter sich.

Nur wenige Stunden nach einer Spätschicht beim Thumer Werfertag am Freitag waren die Kugelstoßer David Storl (SC DHfK Leipzig; 20,15 m) und Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge; 18,45 m) weit entfernt von ihrer Bestform. So gingen die Siege an Franck Elemba (Kongo; 20,67 m) und Olympiasiegerin Michelle Carter (USA; 19,68 m).

Konstadinos Filippidis bezwingt den Olympiasieger

Der Weitsprung der Frauen konnte nach Problemen mit dem Absprung-Balken erst mit Verzögerung gestartet werden, die ganz weiten Sätze blieben trotz Teilnahme von Olympiasiegerin Tianna Bartoletta (USA; 6,49 m) aus. So konnte als Zweitplatzierte auch Siebenkämpferin Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt; 6,52 m) vorne mitmischen, ganz vorne landete Vize-Europameisterin Jazmin Sawyers (Großbritannien; 6,62 m).

Über 100 Meter ließ Altmeister Kim Collins (St. Kitts und Nevis; 10,07 sec) ein weiteres Mal die bis zu 17 Jahre jüngere Konkurrenz hinter sich. Im Stabhochsprung fügte der Hallen-Weltmeister von 2014 Konstadinos Filippidis (Griechenland) Olympiasieger Thiago Braz da Silva (Brasilien) eine Niederlage zu. Beide überwanden 5,72 Meter, der Grieche aber schon im ersten, der Brasilianer dagegen im dritten Versuch.

Umjubelte Stars von einst und Stars von heute 

Die Einstimmung auf die Spitzenleistungen hatten vor Beginn des Hauptprogramms die deutschen Olympia-Helden von einst: In offenen Cabrios fuhren gleich 19 deutsche Olympiasieger ein, unter ihnen Größen wie die zweimalige Siegerin im Hochsprung Ulrike Nasse-Meyfarth oder Ex-Speerwerfer Klaus Wolfermann.

Auch die frischgebackenen Goldmedaillengewinner von Rio, von denen acht in Berlin am Start waren, ließen sich schon vor ihrem Wettkampf gebührend feiern.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer <link>Ergebnisrubrik…

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