Schon als der Sommer noch nicht richtig begonnen hatte, entschied sich Viertelmeilerin Janin Lindenberg, ihre Karriere im Leistungssport zu beenden – aus nachvollziehbaren privaten Gründen. Inzwischen steht die Magdeburgerin mitten im Berufsleben und hat einen neuen Nachnamen. Sie hat geheiratet und heißt jetzt Janin March.
Bei der Staffel-WM in Nassau (Bahamas) hat Janin Lindenberg (SC Magdeburg) Anfang Mai im Nationaltrikot ihre letzten 400 Meter absolviert. In der Medley-Staffel des DLV über 1.200, 400, 800 und 1.600 Meter erreichte die 28-Jährige gemeinsam mit Diana Sujew (LG Eintracht Frankfurt), Christina Hering (LG Stadtwerke München) und Gesa Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt) in 11:06,14 Minuten den fünften Platz. Vorher hatte sie im Rahmen des Trainingslagers in den USA in einem Testrennen in Gainesville 55,30 Sekunden auf die Uhr gebracht.
Mit der Rückkehr nach Deutschland folgte kurzfristig die Entscheidung, Schluss zu machen mit dem Leistungssport. Die Erklärung dafür hängt mit der Familie zusammen. "Ich habe im privaten Umkreis jemanden, der krank ist. Die Situation hat sich zugespitzt und ich wollte nicht mehr lange von zu Hause weg sein", erzählt die Fünfte der Hallen-EM von 2011. "Ich war mental einfach nicht mehr in der Lage, das auf den Punkt zu bringen, was man für den Leistungssport bringen muss. Verein, Sponsoren und Polizei bezahlen einen nicht für 50 Prozent Leistung. Man muss 100 Prozent dabei sein. Ich konnte das nicht mehr und wollte mit allen ehrlich sein."
Plötzlich mittendrin im Berufsleben
Von heute auf morgen bestimmte nicht mehr der Sport den Alltag, sondern die Bundespolizei. Neben der Sportkarriere hatte Janin Lindenberg hier eine Ausbildung absolviert, die den schnellen Umstieg ins Berufsleben ermöglichte. Jetzt ist sie im Ermittlungsdienst.
"Das schwierigste war, früh aufzustehen und zehn Stunden zu arbeiten, anstatt vormittags zwei Stunden zum Training zu gehen. Das Leben ist nicht mehr so komfortabel", beschreibt die Magdeburgerin die plötzliche Umstellung. "Auf der anderen Seite hat es auch Vorteile. Man hat einen geregelten Alltag und kann Wochenenden planen. Rückblickend war die Bundespolizei das Beste, was mir passieren konnte."
Auch im Privatleben hat sich etwas getan. Im September heiratete Janin Lindenberg ihren Freund Marcel und heißt seitdem mit Nachnamen March. "Es war ein schönes Fest und auch einige Sportler waren da", erzählt die Braut.
Austoben im Fitnessstudio
Nach dem Ende der Karriere gehört Sport immer noch dazu - nach Feierabend geht es regelmäßig ins Fitnessstudio. "Da kann ich meinen Körper in die Form bringen, wie ich es möchte und nicht mehr, wie es der Leistungssport bestimmt. Ich kann mich austoben", berichtet die Deutsche Meisterin von 2010, die unter anderem immer noch gerne Kniebeugen macht.
Auf der Bahn lief es in den vergangenen Jahren nicht mehr so wie gewünscht. "Ich konnte nur noch sehr selten zeigen, was ich mir im Training erarbeitet habe." Das machte den Abschied leichter. 2013 endete ein Versuch, auf die Langhürden umzusteigen, mit einem entzündeten Fuß. Im vergangenen Jahr klappte es nicht mit einer Zeit unter 53 Sekunden. Beim EM-Einsatz mit der Staffel war im Vorlauf Schluss.
Highlight Staffel-Silber bei der EM 2010
Der schönste Moment der Karriere waren die Europameisterschaften 2010 in Barcelona (Spanien), nicht nur weil es mit dem DLV-Quartett Silber gab, sondern auch "weil ich mit den tollsten Menschen zusammen gelaufen bin", erinnert sich Janin March. Insbesondere zu Claudia Grunwald - damals Claudia Hoffmann - besteht immer noch eine freundschaftliche Verbindung. Im gleichen Jahr holte Janin March auch den DM-Titel im Freien. Ein Jahr später gab es DM-Gold in der Halle sowie mit Rang fünf bei der Hallen-EM in Paris (Frankreich) den größten Einzelerfolg. Aus der Freiluft-Saison 2011 stammt mit 51,97 Sekunden die Bestzeit.
Was bleibt von der Karriere? "Ich habe tolle Orte gesehen, tolle Menschen kennen gelernt und tolle Wettkämpfe gehabt. Ein riesen Dank geht an meinen Trainer Marco Kleinsteuber, der mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin", antwortet Janin March, die am Fernseher weiterhin die Leichtathletik verfolgt, besonders ihre ehemalige Magdeburger Trainingsgruppe um Viertelmeiler Eric Krüger. Auch live vor Ort fühlt sie noch den Puls der Wettkämpfe.
"Ich habe beim ISTAF auf der Tribüne gesessen. Was ich vermisst habe, sind die Menschen, die ich im Laufe der Karriere kennen gelernt habe. Das Feuer, selbst mitrennen zu wollen, hatte ich nicht mehr. Das zeigt, meine Entscheidung war richtig. Ich bin im richtigen Leben angekommen." Als Diskuswerfer Martin Wierig (SC Magdeburg) in den Ring trat, schlug das Herz dennoch etwas schneller. "Nur wenn ich dieses Feuer für mich nicht mehr spüre, heißt das nicht, dass ich es bei anderen nicht mehr spüre."