| DM 2015

Weitsprung-Show in Nürnberg sorgt für enormes Aufsehen

Hochleistungssport attraktiv in Szene gesetzt: Die aus dem Grundig-Stadion ausgelagerte Deutsche Meisterschaft im Weitsprung hat in der Nürnberger Innenstadt am Freitagabend für großes Aufsehen gesorgt. Die imposante Konstruktion der fourplex-Arena auf dem Hauptmarkt sah von außen wie ein Pop-Konzert aus, im Innenraum nahmen aber die besten Springer Deutschlands Anlauf und begeisterten die insgesamt 6.000 Zuschauer.
Pamela Ruprecht

Die goldene Kirchturmuhr strahlte in der Sommersonne. Zuschauerreihen drängten sich um die riesig anmutende Arena, in der eine Leichtathletik-Show stieg, wie man sie noch nicht erlebt hat. Die Deutsche Meisterschaft im Weitsprung fand mitten in der Nünberger City statt. Was das Veranstaltungsmanagement des DLV unter Direktor Frank Kowalski realisiert hat, zog die Aufmerksamkeit des ganzen Innenstadt-Lebens der Frankenmetropole auf sich.

Die Arena war auf dem Hauptmarkt nicht zu übersehen. Acht Meter hohe Tribünen mit einer Reihe von Scheinwerfern und eine große Videowand am Ende der Grube. Dazwischen liefen die Athleten durch einen klatschenden Zuschauertunnel, alle 4.000 Plätze waren besetzt. Vor den Toren standen weitere 2.000 Schaulustige, die das Spektakel beschallt mit lauter Musik an den offenen Seiten miterlebten.

Emotionaler Abend

Prominenz auf der VIP-Tribüne: Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) mit Sonnenbrille und Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch (LAV Stadtwerke Tübingen) mit Cap feuerten Sosthene Moguenara (TV Wattenscheid 01) an, die am Ende mit 6,65 Meter Silber holte („Die Atmosphäre war super. Das hat richtig Bock gemacht hier zu springen“). Auch Hürdensprinter Gregor Traber (VfB Stuttgart) ließ sich das Event nicht entgehen.

Am besten mit der speziellen und stimmungsvollen Situation kam Lena Malkus (SC Preußen Münster) zurecht, die sich mit der Anlage ausgiebig beim Probetraining am Donnerstagabend bekannt gemacht hatte. Im letzten Versuch packte sie 6,74 Meter aus, Grund zum Jubel über eine Weltklasse-Leistung. "Das Publikum war der Wahnsinn", sagte die Siegerin. Auch der Hamburgerin Nadja Käther, die überraschend und ohne Druck mit 6,56 Meter Bronze gewann, machte der Wettkampf richtig Laune.

Doch es war nicht für alle ein nur erfreuliches Highlight. Für Malaika Mihambo (LG Kurpfalz), das Gesicht des DM-Plakates, war nach dem Vorkampf mit 6,22 Meter Schluss. Die U23-Europameisterin verschenkte zu viel vor dem Brett und vergoß ein paar Tränen. „Ich weiß nicht, was los war“, suchte sie nach einer Erklärung und wurde mit einem großen Applaus verabschiedet. Es ging bei aller Show immernoch um die WM-Startplätze für Peking (China; 22. bis 30. August).

Lichteffekte in der Dämmerung

Als die Dämmerung einsetzte und die Männer an der Reihe waren, befand sich Sebastian Bayer (Hamburger SV) als Livestream-Co-Kommentator nach seinem verletzungsbedingten Saisonende nicht ganz freiwillig in der Zuschauerrolle. „Da blutet einem beim Zuschauen schon das Herz“, sagte der Ex-Europameister angesichts der besonderen Location.

Seine Disziplinkollegen wurden mit Nebel und Lichteffekten vorgestellt und liefen nacheinander unter großem Applaus den Anlaufsteg entlang. Zehnkampf-Vize-Weltmeister Michael Schrader (SC Hessen Dreiech) strumpfsockig, Julian Howard (LG Region Karlsruhe) lässig barfuß. Alle hatten es auf die Acht-Meter-Marke abgesehen.

Zugabe gefordert

U23-Europameister Fabian Heinle (LAV Stadtwerke Tübingen) flog gleich im zweiten Durchgang auf die Goldweite von 8,03 Meter. „Die Atmosphäre ist einzigartig“, sagte der neue Deutsche Meister vor dem letzten Versuch, als das Absprungbrett nochmal in Schuss gebracht wurde. Mit der Dunkelheit stieg die Stimmung. Bei der gewünschten Raggae-Musik von Julian Howard, der mit 7,81 Metern die Bronzemedaille einsteckte, standen die Zuschauer.

„Ich hoffe, wir können das noch oft wiederholen“, blickte Vize-Meister Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen; 7,97 m), der Gänsehaut bekam, in die Zukunft. „Ich bin stolz hier dabei zu sein“, sagte Michael Schrader (7,22 m), der noch schwere Beine vom Kienbaum-Trainingslager hatte. „Aber Hauptsache, die Stimmung ist geil!“ Zur Siegerehrung wurde die ganze Anlage in rote Lichtwellen getaucht - ein Anflug von Disco-Feeling in der Arena.

Intensive Vorbereitung

Noch ganz anders sah es am Donnerstagvormittag auf dem Hauptmarkt aus. Der Aufbau des Areals, an dem etwa 150 Personen beteiligt waren, war zu diesem Zeitpunkt noch in vollem Gang. Man kann sagen, die Veranstalter haben das Projekt so intensiv vorbereitet, wie die Athleten für die Meisterschaft trainiert haben - alles für diesen Moment. Am Dienstagmorgen übergab die Stadt Nürnberg den Platz an das Veranstaltungs-Team, bis Freitagmittag musste alles stehen.

Aufgrund der hohen technischen Anforderungen an die fourplex-Arena entstand ein enormer Aufwand. Es wurde rund um die Uhr gearbeitet. Eine Nachtschicht mussten die Techniker für die Verkabelung der Beleuchtung einlegen. DLV-Projektleiter Danny Scheinpflug zog den Vergleich mit dem ausgelagerten Kugelstoß-Wettbewerb auf dem Ulmer Münsterplatz im Vorjahr: „Das Sprung-Event in Nürnberg ist eine ganz andere Hausnummer.“

Aufbau, Zuschauerränge und die verwendete Technologie – eine Speed-Cam produzierte in bisher noch nicht gesehener Perspektive Bilder auf die Videowand - überstiegen das Projekt von Ulm um einiges. „Wir wollen uns weiterentwickeln, wir arbeiten mit viel Innovation und haben uns dieser Herausforderung daher angenommen“, sagte Danny Scheinpflug.

Gefälle top ausgeglichen

Größte Schwierigkeit: Vom Beginn des Anlaufstegs bis zur Grube gibt es auf dem Hauptmarkt ein Gefälle von eineinhalb Meter, das ausgeglichen werden musste, um den IAAF-Regularien zu entsprechen. Nur ein Zentimeter Höhenunterschied auf zehn Metern ist erlaubt. Das ist mit der schrittweisen „Einlaserung“ der Unterkonstruktion gelungen, die Vermesser der Anlage trugen nach der Fertigstellung am Freitagmorgen null Gefälle ins Protokoll ein. Die Steg-Konstruktion war also ohne Schwingungen mit Bedingungen im Stadion vergleichbar.

Der Aufwand hat sich gelohnt. Schon ohne die gefüllten Zuschauerränge machte die Konstruktion Eindruck. "Unglaublich", teilten die Weitspringer in den sozialen Medien schon nach dem Probetraining mit. Ein Erlebnis für Zuschauer und Athleten. „Da wächst die Vorfreude auf die nächsten zwei Meisterschaftstage“, schrieb der 100-Meter-Rekordler Julian Reus (TV Wattenscheid 01) auf Twitter.

Denn das war erst der Anfang, sowohl der Deutschen Meisterschaften, deren nächste Entscheidungen am Samstag und Sonntag im Grundig-Stadion stattfinden - als auch einer neuen Art der Inszenierung, wie Leichtathletik noch mehr Spaß machen und Menschen anlocken kann. Alyn Camara fasste es nach dem Wettkampf auf Facebook treffend zusammen: "Es war DIE Veranstaltung des Jahres."

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