| Doping-Skandal

„Entschuldigung reicht nicht“: World Athletics berät Fall Russland

Die Führung von World Athletics wird erneut über die Zukunft des wegen des Doping-Skandals gesperrten russischen Leichtathletik-Verbandes beraten. Trotz einer Entschuldigung für den Betrug ist die Aufhebung des verhängten Banns nicht wahrscheinlich.
dpa/alex

Die Annäherungsoffensive Russlands fünf Jahre nach Aufdeckung des Doping-Skandals mit einer Entschuldigung für den Betrug und die Manipulationen stößt in der Leichtathletik-Welt auf große Skepsis. „Die Entschuldigung ist der erste Schritt und das Mindeste, was man tun kann“, sagte Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Um „eine neue Vertrauensbasis aufzubauen“, sei mehr notwendig, als nur um Verzeihung zu bitten.

„Eine Entschuldigung ist immer ein Beginn. Dennoch möchte ich nicht, dass diese Entschuldigung Fakten ersetzt“, meinte auch Thomas Röhler (LC Jena), Speerwurf-Olympiasieger und Mitglied der Athletenkommission von World Athletics. Aus systematischen Gründen dürfe man „überhaupt nicht weich werden und muss weiterhin mit Fakten arbeiten“.

Was alles noch erforderlich sein wird, um die im November 2015 verhängte Suspendierung des russischen Verbandes Rusaf aufzuheben, dürfte Verbandspräsident Sebastian Coe am Donnerstag (13.30 Uhr) nach der Sitzung des Exekutivkomitees von World Athletics in Monte Carlo mitteilen. Allerdings ist nicht mit dem Ende des Banns zu rechnen – im Gegenteil. Die Integritätskommission des Dachverbandes (AIU) hatte sogar den Rusaf-Ausschluss aus der Weltorganisation gefordert.

Recht auf Resozialisierung

„Aus meiner Sicht reicht eine Entschuldigung nicht“, sagte ebenso Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag. Zu oft seien bislang Worten, selbst Eingeständnissen, keine glaubwürdigen Handlungen gefolgt. „Im Gegenteil: selbst als der Skandal lange öffentlich war, hat Russland weiter Daten manipuliert“, meinte die SPD-Politikerin. „Daher unterstütze ich zumindest die Beibehaltung der Sperre des russischen Verbandes, bis nachvollziehbare und dauerhafte Veränderungen in der Leichtathletik des Landes erkennbar sind.“

Sollte das nicht geschehen, müsse man auch „über noch weitergehende Maßnahmen reden“, betonte Freitag, gab aber auch zu bedenken: „Jeder Rechtsstaat, jeder entsprechend organisierte Verband kennt auch das Recht auf Resozialisierung. Eine solche Chance muss zumindest gegeben sein.“

Manipulation von Doping-Daten

Die Verschärfung des Konfliktes war einerseits durch die Manipulation der Doping-Daten aus dem Moskauer Labor, für die Russland von der Welt-Anti-Doping-Agentur für vier Jahre von Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde, und auf der anderen Seite durch den Fall Danil Lysenko ausgelöst worden. Der Hallen-Weltmeister hatte sich Doping-Kontrollen entzogen. Die damalige Rusaf-Führung versuchte, den Betrug mit gefälschten ärztlichen Attesten zu vertuschen.

Die AIU sperrte als Folge nicht nur Lysenko, sondern auch die Verbandsspitze um Präsident Dmitri Shlyachtin und bescheinigte den Funktionären einem „völligen Mangel an Reue". Eine weitere Konsequenz dieser Unverfrorenheit: Die AIU setzte die Prüfung der Anerkennung russischer Leichtathleten als neutrale Sportler aus, die nur mit diesem Status an internationalen Wettkämpfen respektive den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen dürfen.

Ob der neue Rusaf-Präsident Yevgeniy Yurchenko mit seiner Anfang März an Coe schriftlich adressierten Entschuldigung für die Betrügereien die Tür zu einer Lösung des Dauerkonflikts geöffnet hat, ist noch nicht absehbar. Der britische Weltpräsident sagte in der französischen Sportzeitung „L'Equipe“ dazu nur vage: „Ich würde es begrüßen, wenn die russischen Athleten in den Wettkampfbetrieb zurückkehrten – auch unter ihren eigenen Farben.“

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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