| Anhalt-Meeting

Malaika Mihambos „ziemlich perfekter Sprung“

Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) unterstrich beim Anhalt-Meeting in Dessau ihre weltweite Ausnahmestellung. Nach einer nicht einfachen Saison mit Rückenproblemen und Trainerwechsel sprang sie selbst aus verkürztem Anlauf 7,03 Meter. Angesichts der besonderen Umstände war es wahrscheinlich sogar ihr bester Satz von allen.
Philip Häfner

Nein, alles gelingt auch einer Malaika Mihambo nicht. Als die Weitspringerin nach der Siegerehrung beim 22. Anhalt-Meeting in Dessau ihren Blumenstrauß ins Publikum werfen wollte, flog das Bukett eher hoch als weit und wäre ihr um ein Haar wieder auf den Kopf geplumpst. Die 26-Jährige nahm ihren kleinen Fauxpas jedoch mit Humor. Hatte sie doch kurz zuvor im Wettkampf eindrucksvoll bewiesen, dass es ihr in ihrer Spezialdisziplin an der nötigen Länge ganz sicher nicht mangelt.

Mit 7,03 Meter kam die amtierende Welt- und Europameisterin im Paul-Greifzu-Stadion bis auf zwei Zentimeter an ihren Meetingrekord heran, den sie im vergangenen Jahr an gleicher Stelle aufgestellt hatte. Am Dienstagabend gewann sie vor Vize-Weltmeisterin Maryna Bekh-Romanchuk (Ukraine/6,85 m) und der bis dato Weltjahresbesten Nastassia Mironchyk-Ivanova (Weißrussland/6,72 m).

Wieder einmal ein Sieben-Meter-Satz für Deutschlands Sportlerin des Jahres, nur dieses Mal eben aus kurzem Anlauf, was ihre herausragende Leistung noch einmal unterstrich. „Ich habe ziemlich viel richtig gemacht bei dem Sprung und an allen Stellschrauben das Optimum gezeigt. Das war ein ziemlich perfekter Sprung“, meinte Malaika Mihambo. Und niemand, der den Sprung gesehen hatte, wollte ihr da widersprechen.

„Keine Ahnung, wo ich das hergeholt habe“

Die Sportlerin der LG Kurpfalz konnte es zunächst selbst kaum fassen. „Ich musste erst zwei Mal hinhören, bis ich es begriffen habe. Ich habe zwar gemerkt, dass der Sprung gut war, aber dass er über sieben Meter war, habe ich nicht geglaubt“, sagte sie. Auch etwas später hatte sie noch „keine Ahnung, wo ich das hergeholt habe“. Malaika Mihambo springt in dieser Saison lediglich aus verkürztem Anlauf, aus 16 anstatt wie bei ihren bisherigen Sieben-Meter-Sprüngen aus 20 Schritten.

„Vier Schritte weniger als sonst bedeuten zwischen acht und zehn Meter. Das merkt man dann schon. Man kommt einfach nicht auf die maximale Geschwindigkeit, die beim Weitsprung das A und O ist. Deshalb waren die ganz großen Weiten auch nicht zu erwarten“, hatte sie noch bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig erklärt, wo sie bei ihrem ersten Start in diesem Sommer bei 6,71 Meter gelandet war.

Dessau brachte nun die Erkenntnis, dass sie es offenbar auch aus kurzem Anlauf schafft, noch schnell genug zu sein. „Ich bin froh, dass ich das geschafft habe. Bei der DM war ich noch ein bisschen langsam und träge. Heute war ich sehr spritzig. Und auch wenn der 100-Meter-Lauf von der Zeit her nicht ganz so schnell war, hat er mir doch für den Weitsprung sehr viel gebracht“, sagte die 26-Jährige. Im Sprint war sie am Dienstag 11,59 Sekunden gelaufen. Ihre Bestzeit steht bei 11,21 Sekunden.

Gefühlte Bestleistung

Das Anhalt-Meeting war erst ihr zweiter Wettkampf in diesem Sommer, der erste vor Publikum. Trotz der Corona-Einschränkungen war vor allem die Haupttribüne gut gefüllt und machte ordentlich Stimmung. „Das hat wie immer großen Spaß gemacht und mir wirklich noch einmal zusätzlich Energie gegeben“, sagte Malaika Mihambo.

Zwar waren die 7,03 Meter „nur“ der sechstweiteste Sprung ihrer Karriere, doch angesichts der besonderen Umstände womöglich doch der beste von allen. Auf die Frage eines Journalisten, wie viel diese Leistung aus langem Anlauf wert sei, sagte sie: „Diesen Sprung kann man mindestens in die gleiche Kategorie wie in Doha stecken.“ Bei den Weltmeisterschaften in Katar hatte sie im vergangenen Oktober mit 7,30 Meter ihre aktuelle Bestleistung aufgestellt.

Die Aussage gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass Malaika Mihambo nach ihrer Rückenverletzung überhaupt erst seit Ende Mai wieder richtig im Training ist. Maximales Krafttraining hat sie in diesem Jahr erst gar nicht gemacht. „Da gibt es viele Mittel, die wir gar nicht ausgereizt haben“, sagte sie. Ein Satz, der der Konkurrenz Angst und Bange machen sollte.

Umzug in die USA muss weiter warten

In dieser Verfassung ist Malaika Mihambo jedenfalls die klare Favoritin für die Olympischen Spiele in Tokio (Japan), die wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr auf 2021 verschoben wurden. Dass Olympia in diesem Sommer nicht stattfinden konnte, ist zwar ärgerlich – für die Weitspringerin war es aber trotzdem kein verlorenes Jahr. „Weil ich nicht nur sehr gute Leistungen gebracht habe, sondern auch sehr viel gelernt habe. Es war ein sehr anstrengendes Jahr mit vielen Veränderungen. Daran wächst man und geht daraus umso stärker hervor.“

In erster Linie ist der Trainerwechsel zu nennen. Nach erfolgreichen 15 Jahren hatte ihr langjähriger Coach Ralf Weber die Zusammenarbeit „aus persönlichen Gründen“ beendet. Im Mai hatte Malaika Mihambo daraufhin erklärt, dass sie künftig beim legendären Carl Lewis sowie bei Leroy Burrell in Houston (USA) trainieren wolle. Solange dort allerdings noch Corona wütet, ist der Umzug weiterhin auf Eis gelegt. „Ich kann dazu momentan noch nicht viel sagen. Die Lage vor Ort in den USA ist einfach noch zu schwierig, um absehen zu können, ab wann man rübergehen kann.“

In der Zwischenzeit wird sie weiter von Bundestrainer Ulrich Knapp betreut. „Ich bin hier sehr gut aufgehoben, wie man ja auch an der Weite in Dessau gesehen hat“, sagte Malaika Mihambo. Bereits am Sonntag (13. September) startet sie beim ISTAF in Berlin, ihr letzter Auftritt in diesem Jahr. „Dort möchte ich noch einmal einen guten Wettkampf machen und wieder so nah wie möglich an die sieben Meter herankommen“, sagte sie. Das mit dem Blumenwerfen kann sie bis dahin ja noch einmal üben.

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