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Mohamed Mohumed – Schulabschluss begünstigt nächsten Leistungsschub

Olympia-Verschiebung, EM-Absage, viel Unsicherheit, dann aber doch Deutsche Meisterschaften in Braunschweig. Im Jahr 2020 war coronabedingt vieles anders. Hervorgebracht hat der Sommer dennoch wieder neun DLV-Athleten, die ihren ersten nationalen Einzeltitel bei den Erwachsenen gewonnen haben. Wir stellen sie vor, heute Langstreckenläufer Mohamed Mohumed.
Jan-Henner Reitze

Mohamed Mohumed
LG Olympia Dortmund

Bestleistungen:

1.500 Meter: 3:38,83 min (2020)
3.000 Meter: 7:59,14 min (2020; Halle)
5.000 Meter: 13:23,71 min (2020)

Erfolge:

Bronze Cross-EM 2019 (U23; Mannschaft)
Bronze Cross-EM 2018 (U20; Mannschaft)
Sechster Cross-EM 2018 (U20)
Vierter U18-EM 2016 (3.000 Meter)
Deutscher Meister 2020

Mit Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Alina Reh (SSV Ulm 1846) haben zwei Lauftalente die nationale Konkurrenz mittlerweile im Griff und mehr als den Anschluss zur internationalen Spitze bei den Frauen hergestellt. Mit Mohamed Mohumed hat in diesem Jahr auch ein junger Langstreckler die nationale Szene bei den Männern ordentlich aufgemischt und über 5.000 Meter in Braunschweig seinen ersten DM-Titel gewonnen. Die Steigerung der Bestzeit um mehr als eine halbe Minute auf 13:23,71 Minuten zeigt außerdem, dass der Anschluss an die internationale Spitze inklusive Olympia-Teilnahme in Reichweite gerückt ist.

Dass sich der 21-Jährige im vergangenen Winter ein neues Level erarbeitet hat, zeigte sich schon gleich zu Beginn der Hallensaison mit der 1.500-Meter-Bestzeit von 3:40,01 Minuten. Bei der Hallen-DM in Leipzig über 3.000 Meter machte der Youngster lange Tempo, blieb erstmals unter acht Minuten (7:59,14 min) und schrammte als Vierter nur um vier Hundertstel an Bronze vorbei.

„Einen Tag vor dem Rennen habe ich meine Abi-Vorklausur im Biologie-LK geschrieben“, erzählt der Dortmunder. „Auch das Lernen in der Woche war mit Blick auf die DM nicht optimal. Sportlich läuft es immer besser, wenn der Kopf frei ist. Über den vierten Platz habe ich mich aber keinesfalls geärgert.“ In diesen Umständen steckt allerdings auch die Erklärung dafür, warum es im Sommer dann nochmal deutlich voran ging. Nachdem die Abiturprüfungen durch waren, konnte sich der Langstreckler ganz auf den Sport konzentrieren. „Der doppelte Stress ist abgefallen.“

Corona-Lockdown bringt auch Vorteile

Dass es Mitte März wegen Corona zum Lockdown kam, hatte für Mohamed Mohumed auch positive Seiten. Die Olympia-Verschiebung bietet nicht nur die Chance, sich ein weiteres Jahr zu verbessern. Im Alltag war auch quasi nichts anderes mehr möglich, als sich zu Hause aufs Abi vorzubereiten und zu trainieren. „Obwohl es durchaus auch schwierig war, sich unter diesen Umständen zu motivieren.“ Schließlich war zuerst nicht absehbar, ob überhaupt noch Wettkämpfe stattfinden werden.

Eine große Unterstützung, auch in schwierigen Zeiten, ist der drei Jahre jüngere Bruder Yassin, der in Heilbronn Deutscher U20-Meister über 5.000 Meter geworden ist und genauso in der Gruppe von Pierre Ayadi bei der LG Olympia Dortmund trainiert. Die Beiden teilen sich inzwischen eine Wohnung, nachdem sie vorher im Sportinternat des Goethe-Gymnasiums lebten. „Wir wollen unseren Weg nach oben gemeinsam bestreiten“, erzählt Mohamed, der mit dem aktuellen Start des Wintersemesters beginnt Maschinenbau zu studieren. „Dabei wird abgestimmt, dass sich die Uni gut mit dem Sport vereinbaren lässt.“

Quereinstieg führt sofort zur U18-EM

Ein guter Läufer war der gebürtige Gladbacher schon in der Grundschule. „Da habe ich jeden 1.000-Meter-Lauf gewonnen und bin auch zu Vergleichswettkämpfen gefahren, alles ohne Training. Ich habe damals den Fußball bevorzugt.“ Beim DJK VfL Willich fiel seine Ausdauer auch auf dem Platz auf. Dennoch versuchte es der damalige Schüler erst im Alter von 16 Jahren mit seinem ersten Leichtathletik-Wettkampf. „Ich wollte einfach mal was Neues ausprobieren.“

Der Erfolg war auf Anhieb so groß, dass der Fußball in den Hintergrund rückte. Kein Wunder, im Jahr 2016, dem ersten mit Lauftraining, ging es gleich zur U18-EM nach Tiflis (Georgien). Platz vier über 3.000 Meter in der Bestzeit von 8:23,14 Minuten entfachte dort endgültig die Leidenschaft für die Leichtathletik. „Das hat mir gezeigt, dass ich in dieser Sportart etwas erreichen kann und den Mut gegeben, weiterzumachen.“ Mit Dortmund lag der Trainingsstandort des DLV-Nachwuchsbundestrainers Langstrecke der Männer, Pierre Ayadi, in unmittelbarer Nähe. Damit klärte sich auch die Frage, wo an der Laufkarriere gefeilt werden sollte.

Es folgten weitere Einsätze in der Nachwuchs-Nationalmannschaft. Bei der Cross-EM ist Mohamed Mohumed seit 2017 jedes Jahr dabei gewesen, inklusive Edelmetall-Erfolgen mit der Mannschaft. Dazu kamen Einsätze bei der U20-WM 2018 und U23-EM 2019. Das zurückliegende Jahr blieb wegen Corona zwar ohne Start bei einer großen internationalen Meisterschaft, der Sieg mit Bestzeit im 5.000-Meter-Rennen von Heusden (Belgien) gegen vorwiegend europäische Konkurrenz steht aber auch auf internationaler Ebene für die neuen Fortschritte.

Mo Farah nacheifern

Auch wenn sich der Student lange mehr für die Stars der Fußball-Bundesliga interessierte, mit Mo Farah (Großbritannien) war ihm ein Läufer schon früh ein Begriff. Der viermalige Olympiasieger und sechsmalige Weltmeister stammt aus dem Heimatland seiner Eltern Somalia, Vater Ahmed ist Fan. „Mo Farah hat wirklich Außergewöhnliches erreicht“, sagt Sohn Mohamed Mohumed, der Motivation daraus zieht, dass ein Athlet so erfolgreich sein kann. „Warum soll jemand anderes nicht auch so etwas erreichen können?“

Der aufstrebende DLV-Athlet möchte sich keine Limits setzen und formuliert das langfristige Ziel, einmal vorne bei Olympischen Spielen mitlaufen zu wollen. Für die kommende Saison ist die Olympia-Norm (13:13,50 min) über 5.000 Meter „fest im Visier“. Blickt man auf die Steigerung in diesem Jahr, ist diese Zeit nicht unrealistisch. Läuft 2021 ähnlich rund, könnte auch die Position in der Weltrangliste nach Tokio (Japan) führen.

Video: Mohamed Mohumed behält über 5.000 Meter den kühlsten Kopf

Das sagt Bundestrainer André Höhne:

Mo ist ein junger Athlet, der schon in den vergangenen Jahren sehr trainingsfleißig war. Er hat hohe Umfänge mit bis zu 150 Kilometern in der Woche trainiert und Höhenketten absolviert. Dazu kommt sein Talent. Es braucht allerdings seine Zeit, bis sich das im Wettkampf auszahlt. In diesem Jahr war es so weit. Begünstigt hat diese Entwicklung, dass mit dem vollendeten Abitur ein Stressfaktor weggefallen ist.

Profitieren konnte Mo auch davon, dass seine Saisonplanung von Anfang an nicht auf einen frühzeitigeren Höhepunkt wie die Olympia-Qualifikation ausgerichtet war. So ist er durch die Absage nicht in ein Loch gefallen und konnte die gewonnene Zeit positiv durch weitere Grundlagenarbeit nutzen.

Er ist sehr leistungsorientiert und passt sein Umfeld von Wohnsituation über Studium oder Ernährung so optimal wie möglich an den Sport an. Mit Blick auf das nächste Jahr hat er bei der U23-EM eine Chance, vorne mitzulaufen und auch seine Medaille zu machen. Das sollte das Hauptziel sein. Darüber hinaus traue ich ihm aber auch die Olympia-Norm zu. Das wäre natürlich eine tolle Erfahrung für die langfristige Karriere. 2024 wird Olympia das Hauptziel sein. Die Entwicklung soll erst am Anfang stehen. Es kann noch deutlich weiter nach vorne gehen, wahrscheinlich dann sogar noch eher über die 10.000 Meter.

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