| Interview der Woche

Vanessa Grimm: „Hoffentlich wache ich nicht auf und es war alles nur ein Traum“

Der erste Auftritt auf der großen Siebenkampf-Bühne verlief für Vanessa Grimm (Königsteiner LV) wie in einem Rausch. Ohne eine Schwäche und mit fünf Einzel-Bestleistungen fand sich die 24-Jährige am Sonntag im „Mehrkampf-Mekka“ Götzis auf einmal mit 6.316 Punkten auf Platz fünf inmitten der Weltklasse wieder. Carolin Schäfer ist die einzige DLV-Athletin, die in den vergangenen vier Jahren mehr Punkte gesammelt hat. Wie Vanessa Grimm sich diesen Leistungssprung erklärt, was ihre ersten Gedanken nach dem 800 Meter-Zieleinlauf waren – und wie es jetzt weitergehen soll? Das hat sie uns im Interview verraten.
Silke Bernhart

Vanessa Grimm, Sie haben hier in Götzis gerade mehr als 6.300 Punkte gesammelt und Ihre Bestleistung um 269 Punkte gesteigert – was ist das Erste, das Ihnen jetzt dazu einfällt?

Vanessa Grimm:

Ich bin sprachlos. Ich habe eben gedacht: Hoffentlich wache ich nicht auf und es war alles nur ein Traum! Es lief einfach, von vorne bis hinten. Über die Hürden war ich zwei Hundertstel über PB und über 200 Meter sechs Hundertstel darüber. Der Rest waren alles Bestleistungen. Es lief einfach!

Haben Sie schon im Vorfeld gespürt, dass Sie mit einer ganz besonderen Spannung hier zu Ihrem Debüt nach Götzis reisen?

Vanessa Grimm:

Ja, ich habe gemerkt, dass die Vorbereitungswettkämpfe echt gut liefen, obwohl ich mich da teilweise noch gar nicht so fit gefühlt hatte. Und auch im Training lief es richtig gut. Ich habe mich einfach so auf diesen Wettkampf gefreut. Das war eine Vorfreude in Verbindung mit Aufregung. Und dann kam ich hierher. Und obwohl nicht so viele Zuschauer da waren wie sonst, war es trotzdem ein riesen Erlebnis. Ich glaube, das hat mich hier besonders gepusht.

Sie haben im sogenannten „Mehrkampf-Mekka“ in einem Weltklasse-Feld Platz fünf belegt. Das sind vermutlich Dimensionen, die Sie sich vorher nicht vorgestellt hatten…

Vanessa Grimm:

Das ist überhaupt nicht real für mich. Mein Trainer Philipp Schlesinger hat mir das gerade gesagt. Und ich habe gesagt: Wirklich? Wie kann das denn passieren?! Ich war hier als Drittletzte gemeldet. Von daher – unglaublich!

Welche der Einzelleistungen würden Sie besonders hervorheben?

Vanessa Grimm:

Ach, das kann ich gar nicht so richtig sagen. Das Kugelstoßen hat natürlich besonders Spaß gemacht. Weil ich da schon wusste, dass ich gut drauf bin und dass ich richtig weit stoßen kann. Da hatte ich dann ja auch schon vor dem letzten Stoß eine richtig gute Weite stehen und konnte es einfach laufenlassen. Ansonsten habe ich mich mega über die 800 Meter gefreut. Dass ich endlich mal den nächsten Schritt geschafft habe, nach den schlechten Zeiten in der Halle. Da haben wir auch sehr viel investiert. Das waren meine Highlights. Aber auch der Weitsprung – 6,26 Meter ohne das Brett zu treffen!

Worauf führen Sie dieses neue Level zurück? Es gibt ja auch viele Athletinnen und Athleten, die sich in den vergangenen Monaten schwergetan haben.

Vanessa Grimm:

Motivationsprobleme hatte ich nie. Ich denke, grundsätzlich kam die Steigerung dadurch, dass mein Trainer und ich ein super eingespieltes Team sind. Ich bin seit fünf Jahren bei ihm und wir haben es jedes Jahr geschafft, eine Schippe draufzupacken. Ich habe mich jedes Jahr kontinuierlich gesteigert, auch wenn man manchmal gehofft hätte, dass es noch einen größeren Schritt gibt – aber den gab’s ja jetzt! Die Kontinuität hat sich ausgezahlt.

Ihr Trainer Philipp Schlesinger ist Mehrkampf-Landestrainer in Hessen, Sie starten für den Königsteiner LV. Wie sieht Ihre Trainingsgruppe aus?

Vanessa Grimm:

Bei mir in der Gruppe trainiert seit einem Jahr auch noch U23-Athletin Miriam Sinning. Und seit diesem Jahr ist auch Jenna Fee Feyerabend bei uns. Wir sind ein super Team und es macht viel Spaß, mit den Mädels zusammen zu trainieren. Ich glaube, wir ergänzen uns gut, und das ist auch ein Teil des Erfolgs.

Haben Sie mit Ihrem Götzis-Siebenkampf nun schon alle Ziele fürs Jahr erreicht? Oder wie soll es weitergehen? Für das World Ranking und die Olympia-Qualifikation sind die Leistung und die Platzierung sicher auch einiges wert…

Vanessa Grimm:

Ehrlich gesagt war für mich erst einmal alles auf Götzis ausgerichtet und ich habe mir gar keine Gedanken darüber gemacht, was danach kommt. Klar, Ratingen in drei Wochen. Aber da es jetzt so gut lief, muss ich mich doch erstmal ein paar Tage sammeln und dann mit meinem Trainer bequatschen, wo es noch hingehen kann. Aber egal, was jetzt noch als Ziel dazu kommt: Ich weiß, dass ich super gut drauf bin und dass ich einfach so weiter machen kann wie bislang.

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