| Olympische Spiele 2021

Christin Hussong: „Bin bereit, um eine Medaille zu kämpfen“

Von der U18-Weltmeisterin hat sie sich kontinuierlich und unter der fürsorglichen Betreuung ihres Vaters Udo hin zu einer Weltklasse-Speerwerferin entwickelt. Bei den Olympischen Spielen in Tokio tritt Christin Hussong als Nummer zwei der Welt und in Topform an. Alles ist möglich – sie ist bereit.
Peter Schmitt

Olympische Spiele 2021

In Herschberg in Rheinland-Pfalz – einem Ort mit rund 850 Einwohnern ist die beste deutsche Speerwerferin und seit 2018 Europameisterin, Christin Hussong (LAZ Zweibrücken), zuhause. Wenn sie einmal nicht trainiert, spielt sie gerne mit ihrem Golden Retriever „Benni“ oder genießt ganz einfach das Familienleben mit Vater Udo, Mutter Gabi und Schwester Michelle. „Ich lebe gerne auf dem Land, denn dort kann ich mich in Ruhe erholen. In der Stadt empfinde ich es immer als sehr, sehr stressig.“

Am Samstag startete sie vom Pre-Camp in Miyazaki zu den Olympischen Spielen nach Tokio. Obwohl sie bei der Team-EM in Chorzów (Polen) in diesem Jahr 69,19 Meter geworfen hat und auf Platz zwei der Weltrangliste steht, ist es im Vorfeld der Spiele sehr ruhig um sie gewesen. Alle reden von Johannes Vetter (LG Offenburg), dabei muss man Christin Hussong, wenn es um die Vergabe der Medaillen geht, ganz klar auf der Rechnung haben.

Vater und Tochter funktionieren als Team großartig

„Bei der WM in Doha bin ich auf Medaillenkurs gewesen und am Ende auf Platz vier gelandet. Diesmal will ich definitiv eine Medaille holen“, formulierte die 27-Jährige vom LAZ Zweibrücken ihr Olympia-Ziel im Interview mit leichtathletik.de vor dem Abflug nach Tokio.  Die Chancen stehen gut, sogar sehr gut, denn sie fühlt sich fit und hat in den letzten Wochen und Monaten jede Menge Selbstvertrauen getankt.

Seit 2010 ist Christin Hussong bei jedem internationalen Höhepunkt dabei gewesen und hat schon in jungen Jahren (u.a. U18-Weltmeisterin) gezeigt, was sie draufhat.Trainiert wird sie von ihrem Vater, der früher Handball gespielt und viel von Bundestrainerin Maria Ritschel gelernt hat, die seit 1990 beim DLV immer wieder Talente an den Spitzensport heranführte. „Sie war meine ständige Wegbegleiterin und mein Papa hat viel von ihr gelernt und letztlich den A-Trainerschein gemacht.

Das Gespann Vater und Tochter funktioniert deswegen so gut, weil sie sich als Team großartig ergänzen und öfters Neues ausprobieren. Da darf es schon mal konstruktive Kritik geben. Solange der Erfolg stimmt, ist das ok.

„Qualifikation ist bei Olympischen Spielen kein Selbstläufer“

„Die Vorbereitung in Miyazaki war noch einmal wichtig, um runterzukommen und sich an das Klima anzupassen und an die Hitze zu gewöhnen. Alles war sehr gut organisiert und jetzt bin ich für Tokio optimistisch.“ Auch wenn sie ganz klar zu den Favoritinnen in Tokio zählt, ist sie mit Prognosen vorsichtig: „Ich habe schon erlebt wie schnell es gehen kann, dass es nicht reicht, deshalb sind meine Gedanken jetzt erst einmal bei der Speerwurf-Qualifikation, die am Dienstag ansteht und nicht beim Finale, denn die Quali ist kein Selbstläufer bei Olympischen Spielen. Wenn Du dort als Elfte weiterkommst, kannst Du trotzdem noch Olympiasiegerin werden.“

Der Frauen-Speer geht insgesamt ein bisschen unter, obwohl das Niveau extrem hoch ist. So hat die Polin Maria Andrejczyk mit 71,40 Meter in diesem Jahr die drittgrößte Weite der Geschichte erzielt und Christin Hussong setzte mit ihren 69,19 Metern ebenfalls ein Ausrufezeichen. Eine Weite mit der sie die letzten fünf Jahre immer Gold geholt hätte. „Nach dem vierten Platz von Doha bin ich nicht nur athletisch und technisch besser geworden, sondern ich habe mich auch mental entwickelt. Ich bin definitiv bereit dazu, um eine Medaille zu kämpfen.“

Seit vielen Jahren mentale Betreuung durch Tanja Damaske

Mental wird Christin seit vielen Jahren von DLV-Psychologin Tanja Damaske – früher selbst eine Weltklasse-Speerwerferin – betreut. Dies gibt Hussong Sicherheit, denn sie weiß, immer wenn sie mentales Coaching benötigt, ist Tanja da. „Dabei gehört für mich Nervosität zum Wettkampf dazu. Wenn ich nicht aufgeregt bin, fehlt mir die Spannung. Sobald ich im Bus sitze, bin ich in meinem Tunnel und meine Nervosität ist weg.“

Trotz Corona hatte Christin Hussong eine optimale Vorbereitung. „Da gab es kaum eine Woche in der ich keine Bestleistung in allen möglichen Bereichen hatte. Ich habe mich immer wieder gesteigert und technisch verbessert und vor Chorzow hat sich abgezeichnet, wenn ich mal einen treffe, fliegt der Speer weit.“ Die Form stimmt. Jetzt kommt es darauf an, dass Hussong im richtigen Moment ihre Leistung abruft. Dann ist im Olympiastadion von Tokio alles möglich für die Europameisterin von Berlin 2018. Auch der Olympiasieg.

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