| Runder Geburtstag

Zum 80. von Hermann Latzel: Jahrhundert-Foto nach Olympia-Aus

Einst war er als Weitspringer erfolgreich. Bekanntheit erlangte er aber vor allem auch mit einem Foto vom Jahrhundertsprung Bob Beamons – welches nur aufgrund seiner eigenen verpassten Olympia-Teilnahme entstand. An diesem Montag (10. Januar) feiert Hermann Latzel seinen 80. Geburtstag.
Peter Middel

Obwohl Hermann Latzel als Experte für berufliche Bildung viele Jahre in Nigeria und Namibia verbrachte, ist er in der Leichtathletik nie in Vergessenheit geraten. Das hat einerseits mit seinen sportlichen Erfolgen, andererseits mit einem besonderen Foto zu tun.

Der frühere Berufsschullehrer gehörte in den 1960er Jahren zu den Top-Athleten des damaligen OSV Dortmund-Hörde. In dieser Zeit wurde er 1966 und 1968 Deutscher Weitsprung-Meister. 1970 gewann er im Trikot des ASV Köln, welches er für zwei Jahre trug, den Titel in der Halle. Seine Bestweite im Freien und unter dem Dach beträgt 7,91 Meter (jeweils 1970).   

International erstmalig in Erscheinung trat er 1966 bei den ersten Europäischen Hallenspielen in Dortmund, die den Probelauf für die späteren Hallen-Europameisterschaften bildeten, und im selben Jahr bei den Europameisterschaften in Budapest. Bei beiden Veranstaltungen belegte er jeweils einen respektablen sechsten Rang. 1970 schrammte er bei den Hallen-Europameisterschaften in Wien (Österreich) als Vierter mit 7,91 Metern nur einen Zentimeter an einer Medaille vorbei.

Verpasste Olympianorm führt zu historischem Foto

Trotz seines Weitsprung-Erfolgs bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1968 in Berlin mit 7,73 Metern wurde Hermann Latzel nicht für die Olympischen Spiele in Mexiko-Stadt (Mexiko) nominiert, da ihm wenige Zentimeter zur Olympianorm fehlten. Als kleines Trostpflaster für die entgangene Olympia-Teilnahme finanzierten einige Dortmunder Leichtathletik-Fans dem beliebten Weitspringer die Reise nach Mexiko-Stadt, damit er an den Spielen wenigstens als Zuschauer teilnehmen konnte.

Da Hermann Latzel schon damals ein passionierter Fotograf war, stand für ihn vor allem der Weitsprung im Fokus. Er lieh sich von einem Nationalmannschaftskollegen eine Jacke und hatte somit bei den laschen Kontrollen am 18. Oktober 1968 ungehinderten Zutritt zur Weitsprunganlage im Estadio Olimpico Universitario.

Gleich im ersten Versuch des Weitsprungs gelang dem damals 22-jährigen Bob Beamon (USA) mit der vorher nie für möglich gehaltenen Weite von 8,90 Meter der Jahrhundertsprung, bei dem er den damals bestehenden Weltrekord von 8,35 Metern um 55 Zentimeter verbesserte. Hermann Latzel konnte diesen sporthistorischen Moment mit seiner Kamera einfangen. Er war neben einem amerikanischen Bildberichterstatter der einzige Fotograf, der diesen Augenblick auf Zellouloid festhielt.

„Ich habe den Wert dieses Zeitdokuments erst nicht erkannt“

Die Schar der Profi-Fotografen hatte nämlich den 400-Meter-Endlauf mit dem späteren Olympiasieger Lee Evans, der zeitlich parallel zum Weitsprung stattfand, im Visier. Hermann Latzel ließ, nachdem der historische Weltrekord bestätigte wurde, seinen Film im Fotografen-Pool entwickeln. Sofort wurde ihm das Foto zu einem Selbstkostenpreis abgekauft. „Ich habe den Wert dieses Zeitdokumentes im ersten Moment gar nicht erkannt. Er ist mir erst bewusstgeworden, als ich wieder zuhause war und die Berichte über diesen unvergesslichen Sprung in den deutschen Medien nachlesen konnte“, berichtet Hermann Latzel.

Der frühere deutsche Weitsprung-Meister hat in den vergangenen Jahren oft lokalen Medien und befreundeten Journalisten sein sporthistorisches Foto honorarfrei zur Verfügung gestellt, nur ist er immer noch befremdet, wenn als Bildquelle nicht „Hermann Latzel“ angegeben wird, denn er verfügt als Fotograf über die Urheberrechte.

Lange Jahre in Nigeria und Namibia aktiv

Der 80. Geburtstag, den er an diesem Montag (10. Januar) feiert, bildet für Hermann Latzel Anlass, auf sein ereignisreiches, glückliches und erfülltes Leben zurückzublicken. Dazu gehört auch seine Zeit als Berufsschullehrer. Zunächst unterrichtete er in Deutschland und anschließend in Nigeria und Namibia. In Nigeria baute er unter anderem ein Berufsbildungszentrum für gewerbliche Berufe auf. In Namibia arbeitete er nach dem Ende der Apartheitspolitik als direkter Berater des Erziehungsministeriums am Aufbau des dortigen Berufsbildungssystems und der Lehrer-Ausbildung mit.

Während seiner Auslandsaufenthalte begleitete ihn stets seine Ehefrau Heidi Latzel. Seit seiner Pensionierung vor 20 Jahren hält sich das Ehepaar Latzel mit Golf und Joggen fit, denn der Sport ist weiter wichtiger Bestandteil ihres Lebens und das soll auch in Zukunft so bleiben.

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