| Porträt

Saskia Feige: Leidenschaft und Disziplin als Schlüssel zum Erfolg

Wenn am Samstag bei den Deutschen Meisterschaften im Straßengehen der Startschuss für die 20 Kilometer der Frauen fällt, wird es für die Leipzigerin Saskia Feige ein Rennen gegen die Uhr. Denn national ist sie in dieser Disziplin Einzelkämpferin und einsame Spitze. Und international? Hat sie spätestens mit ihrer ersten Zeit unter 1:30 Stunden Potenzial für die Weltspitze untermauert.
Jane Sichting

"Etwas schade" sei es, dass es aktuell nur bei den deutschen Männern so viel Konkurrenz gibt. Dennoch ist die Vorfreude von Saskia Feige (DHfK Leipzig) auf die Deutschen Meisterschaften im Straßengehen am Samstag (30. April) in Frankfurt am Main groß. Für sie steht der Spaß im Vordergrund. Nachdem es in den vergangenen Jahren kaum Möglichkeiten gab, Wettkämpfe zu bestreiten, seien die Meisterschaften auch ein Schritt hin zu mehr Normalität.

Zudem hat die 24-Jährige keinen Druck, eine bestimmte Zeit zu gehen – denn sowohl die EM- als auch die WM-Norm für die Titelkämpfe in München und Eugene (USA) hat sie bereits Anfang April in Poděbrady (Tschechien) erfüllt. Zugleich ist sie dort in 1:29:59 Stunden erstmals in ihrer Karriere unter der 1:30-Stunden-Marke geblieben – als eine von erst drei deutschen Athletinnen. Schneller waren bisher nur die Deutsche Rekordhalterin Sabine Zimmer (1:27:56 h) und Melanie Seeger (1:28:17 h), die letzten DLV-Geherinnen, die Anfang der 2000er-Jahre in der Weltspitze mitgehen konnten.

„Das bedeutet mir sehr viel, denn das war immer eine Schallmauer für mich“, sagt Saskia Feige. Zusammen mit ihrem starken achten Platz bei der Team-WM Anfang März in Muscat (Oman) freue sie sich über den gelungenen Start in das neue Jahr: „Da es nach den Olympischen Spielen keine Wettkämpfe mehr gegeben hat, hatte ich leider keine Chance noch einmal zu zeigen, was ich wirklich kann.“ Die nach längerer Zeit nun aufgestellte Bestzeit beflügele sie nicht nur für die Sommersaison, sondern gebe ihr auch ein gutes Gefühl, dass es vorangeht.

Aus der Niederlage gelernt

Denn so positiv lief es vor allem 2021 nicht immer für die Medizinstudentin. Ausgerechnet bei ihrem wichtigsten Wettkampf und Jahres-Höhepunkt, den Olympischen Spielen in Tokio (Japan), musste Saskia Feige das Rennen aufgeben. „Im Sport ist leider nicht immer alles vorhersehbar. Das Rennen war nicht der Wettkampf, den ich haben wollte“, erzählt sie.

Danach habe sie sich ein paar Tage sehr geärgert und sich schließlich auch die Frage gestellt, was sie aus solch einer Niederlage für sich ziehen kann und ob sie auf dem richtig Weg sei. Dabei ist sie zu der Entscheidung gekommen, dass „mir das Gehen im Leistungssport so sehr am Herzen liegt, dass sich deswegen nichts ändert und ich weitermachen will. Klar war es nicht schön, aber es war eine Erfahrung und ich habe auch viel dabei gelernt.“

Vom Laufen zum Gehen

Dass die gebürtige Potsdamerin sehr schnell lernt, zeigt auch ihre Entwicklung zur deutschen Nummer eins im Gehen selbst. Zwar hatte sie schon in der zweiten Klasse den Weg in die Leichtathletik gefunden, ihre Leidenschaft für die technisch sehr anspruchsvolle Disziplin Gehen jedoch erst 2015 bei einem Schnuppertraining entdeckt. Nachdem sie bis dahin vorwiegend als Läuferin auf der Mitteldistanz unterwegs war, ging in der Trainingsgruppe ein bisschen die Luft raus und Feige wollte noch einmal etwas Neues probieren.

Mit der Überlegung, dass Gehen vom Training her nicht allzu weit weg sei vom Laufen – beides sind Ausdauersportarten – reizten sie die technische Herausforderung und die speziellen Bewegungsabläufe. Und nicht zuletzt bot das Gehen auch die Möglichkeit, über längere Strecken zu starten, auf denen die Grundschnelligkeit eine weniger große Rolle spielt. Bereits nach einem Jahr konnte Saskia Feige die ersten Erfolge feiern, etwa den deutschen Vizemeistertitel im 5.000 Meter Bahngehen oder den ersten Start im Nationaltrikot in der Altersklasse U20. Es folgten Starts im 20 Kilometer Gehen bei Deutschen Meisterschaften, der EM 2018 in Berlin und der WM 2019 in Doha (Katar).

Wechsel aus Potsdam nach Leipzig 2022

Saskia Feige konnte sich stetig steigern und immer weiter an die internationale Spitze herankämpfen, auf europäischer Ebene ist sie mit ihrer Zeit aus Podebrady zu diesem frühen Saisonpunkt die Nummer sechs. Diese Leistungssteigerung gelang ihr nach einem Wechsel aus ihrer Heimatstadt nach Leipzig. „Es war einfach an der Zeit“, erklärt die Athletin, „seitdem ich im Herbst 2020 mein Medizinstudium begonnen habe, ist mein Lebensmittelpunkt hier und mir gefällt es super gut. Es passt einfach sehr gut – auch das Training mit der Läufergruppe. Daher war mir der Schritt wichtig, mich dem Verein anzuschließen.“

Ausgerichtet ist das Training unter der gemeinsamen Leitung von Beate Conrad und Thomas Dreißigacker für Saskia Feige auf das Gehen, vor allem in der Wettkampfvorbereitung steht die Spezifik im Vordergrund. Ein gemeinsamer Dauerlauf mit der Gruppe sei da eher eine nette Abwechslung. „Manchmal passt es auch, dass sich mir jemand beim Gehen anschließt, der nur einen sehr lockeren Dauerlauf auf dem Plan hat.

„Mache genau das, was ich machen will“

Insgesamt absolviert sie bis zu zehn Einheiten in der Woche – parallel zu ihrem Medizinstudium und den darin integrierten Praktikumsphasen. „Meine Tage sind meist schon sehr voll. Aber ich kenne das ja noch aus meiner Zeit an der Sportschule, ich bin da einfach reingewachsen, mich gut strukturieren zu können. Um alles gut unter einen Hut zu bekommen, gehört es dazu, sich disziplinieren zu können."

Von Seiten der Trainer erfahre sie viel Unterstützung, sodass sie Sport und Studium gut zusammenbringen kann, ohne das ein Teil unter dem anderen leidet. "Sowohl der Sport als auch die Medizin sind zwei Sachen, an denen ich sehr hänge und die mir sehr Spaß machen.“ Damit erklärt sich Saskia Feige auch ihre Energie: "Wenn es mal hart wird, dann überlege ich, was ich sonst machen würde und komme zu dem Ergebnis: Nein, ich mache schon genau das, was ich will.“

Abschalten und über die eigenen Grenzen gehen

Diese Leidenschaft und der Fleiß, den Saskia Feige täglich unter Beweis stellt, sind nur einige ihrer Stärken. Vor allem sportlich profitiere sie zudem davon, beim Gehen „absolut abschalten“ zu können und es auch zu schaffen, über eigene Grenzen zu gehen, das Beste aus sich herauszuholen und nicht ab einem bestimmten Punkt stehen zu bleiben und zu resignieren.

Nach ihren Schwachstellen gefragt, sieht sie noch Potential in der Technik sowie den Trainingsumfängen, die noch nicht am Maximum seien: „Beim Gehen ist die Technik sehr wichtig, da gibt es immer etwas, woran man feilen kann. Das sind dann einfach Feinjustierungen wie bestimmte Winkel beim Fußaufsatz, mit denen man noch einmal mehr herausholen kann.“

Wie viel sie in der bevorstehenden Sommersaison mit den beiden Höhepunkten der Heim-EM und den Weltmeisterschaften aus sich herausholen kann, bliebt spannend. Beide Wettkämpfe ordnet Saskia Feige als sehr wichtig ein und dank einem Monat Pause zwischen den Rennen auch als gut machbar. „Die WM wird einfach der absolute Höhepunkt sein, die EM im eigenen Land hingegen wird auch richtig cool, weil viele Freunde und Familie dabei sein werden. Da freue ich mich schon sehr drauf.“

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