| Die Finals 2022

Spannender Kugelstoß-Dreikampf um DM-Gold

Kugelstoß-Party vor dem Brandenburger Tor: Die deutschen Meistertitel im Kugelstoßen werden am 23. und 24. Juni erstmals vor einem der bekanntesten Wahrzeichens Berlins vergeben. Bei den Frauen bahnt sich ein spannender Dreikampf auf der Jagd nach Gold und der 19-Meter-Marke an. Wer holt sich den DM-Titel – Sara Gambetta, Katharina Maisch oder Julia Ritter?
Sandra Arm

DM 2022 Berlin

Ihr Rücktritt kam dann doch plötzlich: Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig holte die frühere Kugelstoß-Weltmeisterin Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) die Bronze-Medaille und kündigte kurz darauf das Ende ihre Laufbahn an. Den Staffelstab gab sie damit an die jüngere nationale Konkurrenz weiter. Hinter ihrer jahrelangen Dominanz konnte der Nachwuchs reifen und sich entwickeln. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin bahnt sich nun ein spannender Dreikampf um den DM-Titel an.

Und das vor einer einzigartigen Kulisse: dem Brandenburger Tor. Die Kugelstoßerinnen freuen sich auf diesen Tag. „Ich habe solch einen Wettkampf 2018 in Nürnberg erleben dürfen, als wir auf dem Hauptmarkt stoßen durften. Vor dem Brandenburger Tor, das ist noch einmal was ganz Anderes und schon ziemlich beeindruckend. Meine Familie hat frei genommen. Sie kommt aus Stuttgart und wird mich unterstützen“, sagt Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge).

Auch Julia Ritter (TV Wattenscheid 01) war damals in Nürnberg am Start. Sie kennt das spezielle Feeling nur zu gut, wenn die Aufmerksamkeit nur auf den Protagonisten im Ring liegt. „Es war richtig schön mit sehr, sehr viel Publikum – und nur wir im Mittelpunkt.“ Umso mehr steigt bei der 24-Jährigen die Vorfreude auf Berlin: „Wenn wirklich so viele Leute kommen, wie man sich das wünscht, dann wird das eine richtig fette Party.“

Sara Gambetta: die Favoritin

Ulm, Nürnberg, Biberach: Ob vor dem Münster, auf dem Hauptmarkt oder dem Marktplatz – Sara Gambetta (SV Halle) mag diese einzigartige Atmosphäre. „Ich kenne das Setting und das macht natürlich immer Spaß. Die Fans sind nur für uns da, das ist schon cool. Es ist auch das Konzept, das man die Leichtathletik zu den Zuschauern bringen muss. Wen man das mit solchen Disziplinen, die man auch relativ einfach aufbauen kann, schaffen kann, dann soll man das ruhig öfters tun.“

Als Titelverteidigerin, Deutsche Hallenmeisterin und gemessen an ihrem bisherigen Saisonverlauf geht die 29-Jährige als klare Favoritin in den Ring. „Deutsche Meisterin würde ich natürlich gern wieder werden“, sagt sie geradeheraus und erwartet „einen ziemlichen geilen Wettkampf. Wir Drei werden den Titel unter uns ausmachen. Ich hoffe, dass wir einen schönen Tag haben werden.“

Zuletzt gelang ihr beim SoleCup in Schönebeck der Befreiungsschlag mit Einstellung ihres Hausrekords im Freien von 18,88 Meter. Noch fehlt der Olympia-Achten die Konstanz, aber eine 19 vor dem Komma könnte durchaus in dieser Saison noch stehen. „Körperlich habe ich die 19 Meter auf jeden Fall drauf. Ich kann das einfach noch nicht kanalisieren im Stoß“, erklärt sie ihre Reserven. In dieser Woche gibt es den letzten Feinschliff im Trainingslager in Latsch. „Ich habe eigentlich immer gute Erfahrungen mit Latsch und den Technikeinheiten beim Bundestrainer gemacht. Das sollte dann gut laufen.“

Katharina Maisch: die Herausforderin

In Lauerstellung befindet sich Katharina Maisch, die mit ordentlich Schwung und einer neuen Freiluft-Bestleistung in die Sommersaison gestartet war. In Neubrandenburg wuchtete sie die Vier-Kilo-Kugel auf 18,80 Meter. Die Form der 25-Jährigen stimmte. Osterode und Rehlingen wären die nächsten Stationen gewesen. „Ich dachte dort könnten die 19 Meter fallen. Ich hatte richtig Bock, da weiterzumachen.“ Auf dem Weg dorthin wurde sie jedoch durch eine Corona-Infektion gehörig ausgebremst. „Ich war acht Tage Corona-positiv und konnte zum Ende hin wieder leicht anfangen zu trainieren.“

In Schönebeck fand Katharina Maisch nach der Corona-Erkrankung nur schwer zurück. Sie leistete sich zum Auftakt drei ungültige Versuche und ärgerte sich: „Das darf einfach nicht passieren.“ Sie konnte sich am Ende mit 18,49 Metern noch retten. Alles wollte sie dann aber nicht auf Corona schieben: „Meine Technik war auch nicht gut. Ich merke natürlich, dass mir Einheiten fehlen und ich teilweise noch platt bin.“

Nichts desto trotz lässt sich Katharina Maisch nicht von ihrem Weg abbringen. „Die 19 Meter sind in diesem Sommer auf jeden Fall drin. Das ist das große Ziel.“ Und sie traut sich Großes auf nationalem Parkett zu. „Ja, ich traue mir den Titel zu. Ich bin die Einzige, die noch nie einen deutschen Meistertitel errungen hat. Ich denke, ich bin jetzt auch mal an der Reihe.“ Die Konkurrenzsituation empfindet sie als sehr positiv: „Das Kugelstoßen in Deutschland hat enorm zugenommen. Das Niveau, was wir jetzt haben, ist schon krass. Es wird auf jeden Fall ein Dreikampf. Mal schauen, wer am Ende die Nase vorne hat.“

Julia Ritter: die Wundertüte

Aktuell die deutsche Nummer Drei ist Julia Ritter, der in Osterode der ersehnte „Ausrutscher“ auf 18,60 Meter gelang. Auf den nächsten hofft sie in den kommenden Wettkämpfen. Doch dafür braucht es „ein bisschen mehr Technik. Meine Hüfte ist noch nicht da, wo sie sein soll im Ring“. Was sie durchaus positiv stimmt, dass sich ihre Weiten im höheren Bereich der 18 Meter festigen. Die 19 Meter sind indes noch Wunschdenken: „Ich bin jetzt nicht diejenige, die sagt, das muss ich jetzt unbedingt schaffen. Eine 18,80 sehe ich schon – und dann ist nach oben hin alles offen.“

Die Konkurrenz untereinander bewertet Julia Ritter mit einem sehr positiven Gefühl: „Wir sind so eine schöne Dreiergruppe, die sich gegenseitig immer ein bisschen ärgern kann. Wir sind wirklich ein gutes Team, feuern uns gegenseitig an und ich glaube auch, dass Jeder es der Anderen auch ein bisschen mit gönnt. Das finde ich immer schön. Wir haben eine sehr freundschaftliche Stimmung.“ Vor dem Brandenburger Tor schaue dann trotzdem Jede erstmal auf sich, wenn die Jagd vorrangig nach dem DM-Titel und der magischen 19-Meter-Marke beginnt.

Berlin als Sprungbrett für Eugene und München

Es geht aber noch um viel mehr als den DM-Titel. Nämlich um die internationalen Startplätze. Alle Drei haben die Normen für die Weltmeisterschaften in Eugene (USA; 15. bis 24. Juli) und der Europameisterschaft in München (15. bis 21. August) schon übertroffen. Jeweils drei WM- und EM-Tickets sind zu vergeben. In einem ist sich das Trio bereits einig: „Wir nehmen beide Höhepunkte mit.“ Wo sie sich unterscheiden, sind die Ziele. Ein WM-Platz unter den Top Acht wäre für Sara Gambetta „ein großer Gewinn“, weil auch das Niveau in der Welt extrem hoch ist. „Was aktuell in der Welt abgeht, das ist der Wahnsinn. Gerade unter den ganzen Drehstoßerinnen, die gerade total ausrasten.“

Einen Platz unter den Top Zwölf peilt Katharina Maisch an. Für sie genießt die Heim-EM aber den höheren Stellenwert. „München ist von Stuttgart auch nicht so weit weg, so dass die ganze Familie mit am Start sein wird.“ Dafür soll es dann mit familiärer Unterstützung in den Endkampf, also unter die Top Acht gehen. In Europa rangiert Sara Gambetta aktuell auf dem vierten Platz uns sagt: „Ich bin mir nicht zu fein zu sagen, dass ich in München um eine Medaille kämpfen möchte. Ich war damals schon bei der EM in Berlin dabei. Das war der Wahnsinn. Wenn man einen guten Tag erwischt, kann da alles möglich sein.“

Während Sara Gambetta und Katharina Maisch in konkreten Zielen denken, ist Julia Ritter etwas vorsichtiger. Sie legt ihren Fokus voll auf die Deutschen Meisterschaften, mehr lässt sich aus ihr nicht herauskitzeln. „Es kann noch viel passieren, es sind Drehstoßer hinter mir. Ich will mich nicht schon vorher freuen, bevor das Ganze in trocknen Tüchern ist.“ Nach ihren sechs Stößen weiß sie definitiv mehr und dann kann die Party vor dem Brandenburger Tor hoffentlich so richtig starten.

DM 2022 Berlin

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