| Espoo 2023

Xaver Hastenrath will bei der U23-EM seine starke Saison krönen

In seinem ersten U23-Jahr dreht Xaver Hastenrath richtig auf: Team-EM-Bronze in Chorzów, Titel bei der U23-DM in Göttingen und die Nominierung für die U23-EM in Espoo. Der endgültige Umstieg von der 6-Kilo-Kugel auf die 7,26 Kilo schwerere Männerkugel ist geglückt. Aufgrund von Handgelenksproblemen verzichtete er auf einen DM-Start in Kassel, in Espoo zählt er in diesen Tagen wie auch seine weiteren deutschen Mitstreiter zu den Anwärtern aufs Podium.
Sandra Arm

Und plötzlich ist Xaver Hastenrath (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) mittendrin in der europäischen U23-Spitze. Im Ranking belegte er bis zum DM-Wochenende noch den dritten Platz, ehe sich die weiteren deutschen EM-Starter Tizian Lauria (VfL Sindelfingen; 19,65 m) und Eric Maihöfer (VfL Sindelfingen; 19,42 m) an ihm vorbeischoben.

Sein Spitzenplatz resultierte aus den 19,40 Metern, gestoßen bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften in Darmstadt. Das war Mitte Mai. Doch auch danach wuchtete der Stoßspezialist die schwere Eisenkugel noch zwei weitere Male über die 19-Meter-Marke. Wie zuletzt bei den Deutschen U23-Meisterschaften in Göttingen, wo er nur einen Stoß richtig treffen sollte. Dieser landete bei 19,31 Meter – seine zweitbeste Weite überhaupt.

„An sich verlief der Wettkampf eher durchwachsen. Ich hatte danach wieder Probleme mit meinem Handgelenk und Finger. Das bin ich schon gewohnt“, sagte der 19-Jährige nach seinem Titelgewinn. Die letzten anderthalb Monate wurden die Probleme für den Linkshänder sogar noch schlimmer. Ein MRT brachte vor wenigen Tagen den Befund einer Überbelastung. Von dieser Beeinträchtigung will sich Xaver Hastenrath aber nicht ausbremsen lassen. Schließlich überzeugte der Kugelstoßer seit Wochen und Monaten mit konstant guten Leistungen.

Steigerung um mehr als anderthalb Meter

Leistungen, die ihm ungeplante Reisen beschert haben: Zuletzt die Team-EM in Chorzów (Polen), jetzt die U23-EM in Espoo (Finnland; 12. bis 16. Juli) und anschließend die Universiade in Chengdu (China; 28. Juli bis 8. August). „Das Ziel für die Saison waren 18,80 Meter. Das ist die B-Norm für die Universiade. Jetzt habe ich sogar 60 Zentimeter weiter gestoßen. Wenn ich an meinen letzten Wettkampf im Vorjahr zurückdenke, dann haben sich die 18,80 Meter noch ziemlich unrealistisch angehört“, sagt er, zuweilen immer noch etwas ungläubig.

Seine alte Bestmarke stand bei 17,77 Metern. In diesem Sommer packte er mal eben 1,63 Meter obendrauf. Eine "normale" Entwicklung, wie Xaver Hastenrath es für sich und seinen bisherigen Weg einordnet: „Ich betreibe Kugelstoßen noch nicht allzu lange. Ich habe mich bisher so entwickelt, dass ich mich jedes Jahr um anderthalb bis zwei Meter steigern konnte. Solche extrem starken Schwankungen, mal läuft es ein Jahr gut, dann wieder nicht, hatte ich bisher noch nicht. Bisher habe ich den Ausgleich gut mit meinem Trainer hinbekommen. Ich hoffe, ich kann da in den Folgejahren weiter anknüpfen“, hofft er auf eine ebenso positive Weiterentwicklung.

Vom Handball zum Kugelstoßen

Erst vor vier Jahren begann er mit dem Kugelstoßen, der Handball war parallel sein sportlicher Anker. Auf halbrechter Position wirbelte er über das Parkett. Den reinen Hallensport musste er dann aufgrund einer Verletzung an der Achillessehne vor zweieinhalb Jahren komplett aufgeben. Das Positive daran. Er hatte währenddessen schon Gefallen am Kugelstoßen gefunden. „Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Es war im Nachhinein die richtige Entscheidung“, blickt Xaver Hastenrath auf seinen Wechsel zurück.

Die anfänglichen Trainingsumfänge von drei Einheiten in der Woche steigerten sich allmählich, seit gut anderthalb Jahren sind es fünf. Betreut wird Xaver Hastenrath von Dirk Zorn, der schon die Zehnkämpfer Jan Ruhrmann und Nico Beckers zu zwei der stärksten Stoßer und Werfer im Kreise der deutschen Allrounder gecoacht hat.

Die Leistungskurve des jungen Kugelstoßers zeigte stets in eine Richtung – nämlich nach oben. Was ihm noch fehlte, war ein internationaler Einsatz. Im Vorjahr lag der Fokus noch auf der 6-Kilo-Kugel, als älterer U20-Jahrgang, sowie der Qualifikation für die U20-WM in Cali (Kolumbien). Diese verfehlte er knapp. Erst bei den anschließenden Deutschen Jugendmeisterschaften pushten sich Lukas Schober (SG Weißig 1861; 20,16 m) Steven Richter (LV 90 Erzgebirge; 20,14 m) und Xaver Hastenrath zu Höchstleistungen im Ring. Mit einer Spitzenweite von 20,02 Metern kam er auf Rang drei. Daraufhin wurde er für den U20-Länderkampf in München nominiert.

Überraschender Einsatz bei der Team-EM

Nach seinem Debüt im Nationaltrikot folgte jüngst der Einsatz bei der Team-EM in Chorzów. „Ich war im DLV-Team einer der Jüngsten. Es hat mich unheimlich toll empfangen. Ich kam mit jedem klar, das war ein super Team.“ Und eben jenes Team holte Bronze – als Neunter mit 19,14 Metern steuerte der U23-Kugelstoßer einige wichtige Punkte zu diesem Erfolg bei. Zudem ist diese Medaille eine schöne Motivation für die kommenden internationalen Aufgaben. In München und Chorzów kämpfte er noch für das Team, in Espoo nun erstmals für sich allein. Zudem bot die Team-EM einen ersten kleinen Vorgeschmack auf die U23-EM in Espoo.

„Das war mein erster internationaler Einsatz gegen die „richtigen“ Männer im Kugelstoßen. Die Bronzemedaille motiviert auf jeden Fall. Wenn man als Dritter gemeldet ist, dann schielt man auf jeden Fall nach einer Medaille. Ich denke, dafür werde ich eine gute Bestleistung stoßen müssen“, hofft Xaver Hastenrath auf eine Fortsetzung seiner zuletzt gezeigten Wettkampfergebnisse. Die Leistungsstärke der internationalen Konkurrenz kann er nur schwer einschätzen, da ihm einfach die Wettkämpfe auf diesem Parkett fehlen.

Um sein Handgelenk zu schonen und gut vorbereitet in seinen internationalen Wettkampf zu starten, verzichtete er zuletzt auf die DM in Kassel. Er legte stattdessen nach der U23-DM in Göttingen einen Trainingsblock ein. „Ich bin mir relativ sicher, dass mich die Probleme an der linken Hand nicht stören werden. Ich werde bei meinem EM-Start noch mehr Adrenalin in mir haben, so dass ich davon kaum etwas merken werde“, beschwichtigt der 1,87 Meter große Athlet, der mit einer EM-Medaille seiner jetzt schon „gelungenen“ Sommersaison die Krone aufsetzen kann.

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