| Ein-Jahres-Bilanz

Anti-Doping-Gesetz: Nationale Zustimmung, aber international viel Arbeit

Ein Jahr Anti-Doping-Gesetz: Bundesjustizminister Heiko Maas und zahlreiche geladene Gäste diskutierten am Montag in Berlin über die weltweit richtungweisende deutsche Gesetzgebung und internationale Defizite im Anti-Doping-Kampf.
Peter Schmitt

Seit knapp einem Jahr gibt es in Deutschland das Anti-Doping-Gesetz. Bundesjustizminister Heiko Maas hatte am Montag zu einem Symposium ins Justizministerium in Berlin geladen, um "eine erste Zwischenbilanz zu ziehen." Mit dabei waren unter anderem Triathlet Jan Frodeno, Hürdensprinterin Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen), Ringerin Aline Focken sowie Turner Marcel Nguyen, die unter dem Slogan "Gemeinsam gegen Doping" als Botschafter auftraten.

In einer Podiumsdiskussion diskutierten Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Alfons Hörmann, DOSB-Präsident, ARD-Journalist Hajo Seppelt, Dr. Andreas Gotzmann, Vorsitzende der NADA, Jan Frodeno sowie Bundesjustizminister Maas zum Thema Anti-Doping-Gesetz.

Gesetz soll die sauberen Athleten schützen

Einig waren sich letztlich alle Teilnehmer: Das Anti-Doping-Gesetz schützt diejenigen, die betrogen werden und steht für einen sauberen Sport. Größtes Manko: Das Anti-Doping-Gesetz in Deutschland ist zwar das beste auf der Welt, doch international besteht noch viel zu wenig Interesse daran, dass der Anti-Doping-Kampf von der Politik global und weltweit unterstützt wird.

"Der Sport ist im Kampf gegen Doping überfordert und braucht deshalb die staatliche Unterstützung. Es gibt auch die sauberen Athletinnen und Athleten, und für die setze ich mich besonders ein", sagte Dagmar Freitag. Sie machte keinen Hehl daraus, dass es anfangs schwierig war, die Unterstützung des organisierten Sports für das Anti-Doping-Gesetz zu bekommen.

Nadine Hildebrand, Olympia-Halbfinalistin über 100 Meter Hürden, die selbst als Rechtsanwältin arbeitet, zählt zu den Verfechtern des Anti-Doping-Gesetzes, das nicht bei allen Sportlern unumstritten ist. "Im Grundsatz war ich immer für das Anti-Doping-Gesetz. Es hilf aber nur dann wirklich, wenn es langfristig gesehen auch weltweit gilt. Letztlich ist es wichtig, das Anti-Doping-Gesetz genau zu erklären, denn viele wissen nicht im Detail, was durch dieses Gesetz genau geregelt ist. Ich bin überzeugt, wenn die Sensations-Geilheit gedrosselt wird, wird der Druck auf die Sportler geringer und der Griff zu Dopingmitteln seltener."

DOSB-Präsident Hörmann hält Zwischenbilanz für verfrüht

DOSB-Präsident Alfons Hörmann hält das Gesetz für "richtig und wichtig", weist jedoch darauf hin, dass es nach einem Jahr zu früh für eine Zwischenbilanz sei, da es noch keine abgeschlossenen Verfahren gibt. Ferner müsse auch international mehr passieren, da die Chancengleichheit gewahrt werden müsse. Dies sei jetzt nicht der Fall. Grundsätzlich kann sich Hörmann sehr gut vorstellen,  dass der DOSB aus dem Aufsichtsrat der NADA ausscheidet, um mehr Unabhängigkeit zu garantieren.

Bundesjustizminister Heiko Maas stellte noch einmal die drei wichtigsten Aspekte des Anti-Doping-Gesetzes vor: Selbst-Doping wird unter Strafe gestellt. Strafverfolgung der Helfer und Hintermänner wurde ausgeweitet. Sportverbände werden im Kampf gegen Doping unterstützt unter anderem durch die Stärkung der Sportgerichtsbarkeit. "Insgesamt müssen wir feststellen, dass wir eine Wettbewerbs-Verzerrung auf internationaler Ebene haben, die nicht hinzunehmen ist."

In Rio teilweise dilettantisches Vorgehen bei Kontrollen

Hajo Seppelt hält das Anti-Doping-Gesetz für einen ersten und folgerichtigen Schritt: "Der Sport muss sich von der Politik auf die Finger schauen lassen, da er im Kampf gegen Doping überfordert ist." Auch in Deutschland gebe es eine große Dunkelziffer-Zahl. International müsse der DOSB seine Nibelungen-Treue zum IOC-Präsidenten Thomas Bach aufgeben, denn was in Rio im Vorfeld und während der Spiele  nicht nur mit Russland gelaufen sei, könne so nicht hingenommen werden. Allein bei 4.000 Sportlern gab es keine Kontrolle. Nachtests von früheren  Olympischen Spielen wie Peking und London seien viel zu spät durchgeführt worden. Hier habe das IOC versagt, so der ARD-Journalist.

Die Vorstandsvorsitzende der NADA, Dr. Andrea Gotzmann, sieht noch großen Bedarf, was die Professionalität betrifft. "In Rio ist man teilweise dilettantisch vorgegangen. Da liegt noch viel im Argen. International versuchen wir, zusammen mit den Kollegen der einzelnen Nationalen Anti-Doping-Agenturen für die Notwendigkeit des Anti-Doping-Gesetzes in den einzelnen Regierungen zu werben." Eine Notwendigkeit, um künftig international erfolgreicher gegen Betrug und Manipulation im Sport vorzugehen.

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