| EM 2016

Mathias Brugger kämpft sich in die Top Ten

Er hatte sich mehr vorgenommen, aber der Oberschenkel spielte nicht mit: In einem Zehnkampf mit vielen Rückschlägen hat sich Mathias Brugger bei den Europameisterschaften in Zürich Rang neun erkämpft. Gold ging an den Belgier Thomas van der Plaetsen, der den Grundstein zum Erfolg mit herausragenden 5,40 Metern im Stabhochsprung legte.
Silke Morrissey

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<link news:48520>Der EM-Zehnkampf von Amsterdam – Tag 1

110 Meter Hürden

Brugger beißt die Zähne zusammen – Nowak stürzt

Der Zehnkampf von Amsterdam bleibt eine wackelige Angelegenheit mit wenigen Höhen und vielen Tiefen – da machen leider auch die DLV-Athleten keine Ausnahme. Im Hürdensprint verabschiedeten sich drei weitere Mehrkämpfer aus dem Rennen um vordere Platzierungen, da sie nicht das Ziel erreichten. Unter ihnen: Tim Nowak (SSV Ulm 1846), den die zweite Hürden zu Fall brachte. Dabei war er noch der einzige DLV-Starter, der nach Tag eins auf Bestleistungskurs gelegen hatte, wenn auch nicht in Richtung der erhofften 8.000 Punkte.

Sorgenfalten und ein bandagierter Oberschenkel: So das Bild von Mathias Brugger (SSV Ulm 1846) vor dem Start. In 14,99 Sekunden brachte er dann aber sogar noch eine respektable Zeit zustande, auch wenn er in Topform deutlich schneller laufen kann. Damit wahrte er Rang neun im Gesamtklassement. Rene Stauß rannte in 2,3 Meter pro Sekunde Gegenwind und zu 15,63 Sekunden. Immerhin konnte er punkten und sich damit auf Rang 16 nach vorne arbeiten.

Einen perfekten Start in den Tag erwischte der Führende Oleksiy Kasyanov (Ukraine), der in 13,93 Sekunden einen neuen Meisterschaftsrekord innerhalb eines Zehnkampfes aufstellte. Dahinter war der Spanier Jorge Urena (13,95 sec) auf Bestleistungskurs unterwegs. Auch Mitfavorit Mihail Dudas (Serbien; 14,55 sec) gab sich keine Blöße.

Diskuswurf

Rene Stauß bester deutscher Diskuswerfer

Die Disken flogen gut am Donnerstag im Olympiastadion von Amsterdam – allerdings leider nicht für alle DLV-Starter. An der Spitze des Feldes verbuchten Martin Roe (Norwegen; 47,74 m) und Adam Helcelet (Tschechische Republik; 47,12 m) persönliche Bestleistungen, sechs weitere PBs und SBs gingen in die Ergebnisliste ein. Eine dieser Saison-Bestleistlungen ging auch auf das Konto von Rene Stauß: Der Württemberger ließ die Scheibe in Runde drei auf für ihn gute 44,33 Meter fliegen, weniger als anderthalb Meter unter Bestleistung.

Stärker einzuschätzen wären eigentlich die beiden Ulmer gewesen. Doch Mathias Brugger konnte auf solide 42,79 Meter nichts mehr draufpacken, was ihn sichtlich verärgerte. Und Tim Nowak trieb es zweimal über die Ringkante hinaus, bevor der Diskus im dritten Versuch auf magere 27,68 Meter flatterte. Damit ist und bleibt der Wettkampf ein frustrierender, bei dem es jetzt gilt, in den verbliebenen drei Disziplinen noch das ein oder andere Glanzlicht zu setzen.

Eine mentale Herausforderung wird das besonders für Mathias Brugger, dessen Oberschenkel-Verletzung ihn sichtlich einschränkt, der aber dafür kämpft, nach den 1.500 Metern trotzdem die Ziellinie zu überqueren. Er belegt Platz zehn (5.626 Pkt), 61 Punkte hinter Rang fünf. Die Führung wahrte Oleksiy Kasyanov (5.933 Pkt), dicht gefolgt von Mihail Dudas (5.884 Pkt). Der Spanier Jorge Urena musste ohne gültigen Versuch seine Medaillenhoffnungen begraben, so rückte der Belgier Thomas van der Plaetsen (5.793 Pkt) vor auf drei.

Stabhochsprung

Mathias Brugger hält die Fahnen hoch

Im Stabhochsprung gesellte sich auch Rene Stauß zum Kreise der Athleten dazu, die in Amsterdam in einer Disziplin ohne Punkte blieben: Bei 4,40 Metern hatte der Fünf-Meter-Springer seine Einstiegshöhe gewählt, dreimal fiel die Latte. Vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass er sich in dieser Disziplin im Training seine Fußverletzung zugezogen hatte – so spielten am Donnerstag Kopf und Körper nicht mit.

Mathias Brugger ist damit der einzige DLV-Zehnkämpfer, der trotz eines ebenfalls durchwachsenen Wettkampfs weiterhin in der Gesamtwertung mitmischt. Gesund hat er das Potenzial für Sprünge über 5,20 Meter. Diesmal reichte es jedoch nur zu 4,70 Meter. Wieder blieben wertvolle Punkte liegen, ein Resultat von 7.800 Punkten winkt am Horizont. Bei weitem nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Dasselbe gilt für Tim Nowak, der zwar über 4,60 Meter einen guten Versuch zeigte und damit eine ordentliche Wertung kassierte, aber eigentlich auch mehr kann.

Einen riesen Satz über 5,40 Meter und damit ganz weit nach vorne machte der Belgier Thomas van der Plaetsen, der sich von drei auf eins nach vorne schob, 46 Punkte vor dem bis dahin Führenden Oleksiy Kasyanov (4,80 m). Mihail Dudas (Serbien; 4,70 m) rutscht zurück auf Rang drei.

Speerwurf

Versöhnliche Leistungen (fast) zum Tagesabschluss

Neun Disziplinen musste Mathias Brugger im Zehnkampf von Amsterdam warten, bis endlich eine Bestleistung fällig war. Und gerade im ungeliebten Speerwurf tastet sich der Ulmer nun langsam an den Rest der Konkurrenz heran: Auf 57,35 Meter flog das Wurfgerät in Runde drei, fast viereinhalb Meter weiter als je zuvor. Boden gut machen auf die vor ihm Platzierten konnte er damit allerdings nicht, im Gegenteil: Als Neunter (zuvor lag er auf Rang acht) macht er sich auf die abschließenden 1.500 Meter, die dann aber wieder zu seinen Stärken zählen.

Ebenfalls einen neuen Hausrekord, wenn auch nur um rund 50 Zentimeter, verbuchte Tim Nowak, der zu den guten Speerwerfern zählt: Mit 60,95 Metern konnte er zufrieden sein. Und auch Rene Stauß zeigte eine gute Leistung: 57,66 Meter, zwei Meter weiter als bei seinem besten Zehnkampf.

Mit einem Wurf auf 57,23 Meter wahrte Thomas van der Plaetsen (7.524 Pkt) Rang eins, ein Wurf auf 67,24 Meter katapultierte den Tschechen Adam Sebastian Helcelet (7.467 Pkt) vor von vier auf den vorläufigen Silberrang. Weiterhin Dritter: Mihail Dudas (58,19 m; 7.414 Pkt). Oleksiy Kasyanov (48,23 m; 7.344 Pkt) verlor erwartungsgemäß an Boden. Der Zehnkampf von Amsterdam ist nicht hochklassig. Aber er ist spannend.

1.500 Meter

Mathias Brugger erkämpft sich einen Top-Ten-Platz

Den größten Erfolg des Wochenendes erzielte Mathias Brugger mit dem Überqueren der Ziellinie nach dem 1.500 Meter-Lauf – unabhängig von Zeiten, Punkten und Platzierungen. Denn er hatte sich trotz starker Oberschenkel-Schmerzen durchgekämpft bis zum Ende des Zehnkampfs, auch wenn der Gedanke ans Aufgeben nach vielen suboptimalen Leistungen nahe lag. Ein gutes 1.500-Meter-Resultat von 4:30,23 Minuten führte ihn schließlich mit 7.886 Punkten auf Rang neun.

Es wäre so viel mehr drin gewesen, denn die Medaillen gingen in einem Wettbewerb mit mehr Tiefen als Höhen und vielen Aussteigern schon mit 8.153, 8.157 und 8.218 Punkten weg. Ergebnisse, die sich der Ulmer im Vorfeld durchaus zugetraut hätte. Neuer Europameister ist der Belgier Thomas van der Plaetsen, der sich damit zwei Jahre nach seiner Hodenkrebs-Erkrankung eindrucksvoll zurückmeldete. Adam Sebastian Helcelet (Tschechien) sicherte sich mit nur vier Punkten Vorsprung Silber vor Mihail Dudas (Serbien).

Auch Tim Nowak (4:30,32 min) und Rene Stauß (4:49,09 min) brachten den Zehnkampf zu Ende, obwohl sie zuvor über die Hürden (Nowak) und im Stabhochsprung (Stauß) ohne Punkte geblieben waren. Für alle drei DLV-Zehnkämpfer heißt es, die gesammelten Erfahrungen in positive Energie für die nächsten Herausforderungen umzuwandeln.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846):
Wenigstens hat es noch für die Top Ten gereicht. Wenn man sieht, dass mit 8.150 Punkten Bronze weg ging, ist es ärgerlich. Die Oberschenkel haben mich 300 Punkte gekostet. Ich bin insofern enttäuscht von meinem Körper. Ich habe mich so gut gefühlt und dann haben die Oberschenkel gestreikt. Heute ist noch der rechte dazugekommen. Das war blöd. Im Stabhochsprung oder beim Einwerfen mit dem Diskus hat man gesehen, das Potential da ist. Zehnkampf ist immer eine Gradwanderung. Wenn man gut reinkommt, dann ist es unwahrscheinlich, dass man sich verletzt. Wenn man Höhen und Tiefen hat, etwas riskieren muss, wird es schwieriger. Besonders deshalb ist es schade, weil ich nicht unter Druck stand. Vielen Dank an die Ärzte, die mich durch den Wettkampf gebracht haben.

René Stauß (SG Schorndorf 1846):
Es war sehr durchwachsen. Es war insgesamt nicht so rund. Der Nuller im Stabhochsprung war sehr, sehr ärgerlich. Mir hat schon beim Einspringen das Feeling gefehlt. Ich hätte im Nachhinein noch mehr einspringen sollen. Ich bin überall ein Wettkampftyp außer im Stabhochsprung. Dort brauche ich schon beim Einspringen das gewisse Gefühl. Bei den drei Sprüngen selber war ich dreimal chancenlos. Es ist aber immer schön, wenn man den Zehnkampf mit zehn Disziplinen zu Ende bekommt. Ich war dann schon sehr enttäuscht, wollte eigentlich schon abbrechen. Aber die Trainer haben mir alle gut zugeredet, auch mein Heimtrainer Peter Rapp hat mir geschrieben, dass ich es durchziehen soll für die Ehrenrunde. Am Ende muss ich auch sagen, dass die Ehrenrunde mit den 20.000 Fans ein Megafeeling war. Man erkennt auch in den Rängen immer wieder ein paar bekannte Gesichter. Es hat sich gelohnt, das bis zum Ende durchzuziehen.

Tim Nowak (SSV Ulm 1846):
Bei den Hürden war der Fehler, dass ich zu nah und zu aggressiv an die erste Hürde herangelaufen bin. Ich bin hängen geblieben, ins Straucheln geraten und unter die zweite Hürde untergehakt. Zum Glück habe ich mich nicht verletzt. Ich wollte den Wettkampf zu Ende bringen. Es waren schwierige Bedingungen und ich konnte mich im Speerwurf und über 1.500 Meter nochmal gut präsentieren. Natürlich habe ich mir mehr vorgenommen. Einen Zehnkampf werde ich dieses Jahr noch machen und hoffe, dass ich da meine Leistung besser umsetzen kann.

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