| Analyse

Der große Disziplin-Check 2018 – Sprint Männer

Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen. Ein spannendes Jahr aus Sicht der deutschen Leichtathletik. Der Höhepunkt? Ganz klar die Heim-Europameisterschaft im Berliner Olympiastadion. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: der Sprint der Männer.
Pamela Lechner

Fazit des Bundestrainers

Jörg Möckel, wie fällt Ihre Bilanz für das EM-Jahr 2018 aus?

Jörg Möckel:

Durchwachsen, auf der einen Seite bin ich zufrieden, auf der anderen unzufrieden. Im Nachwuchs- und U23-Bereich finde ich die Entwicklung toll. Im Erwachsenenbereich habe ich darauf gewartet, dass die Jungs zeigen, was sie können, aber das hat nicht so richtig geklappt. Die Dominanz der erfahrenen Sprinter hat sich zum Teil durchgesetzt und sie haben zumeist das Beste aus der Situation gemacht, aber es war trotzdem nicht das, was wir uns erhofft hatten. Die Ergebnisse haben einfach objektiv gesehen nicht gestimmt. Die Jungs laufen bei der EM in Berlin im Staffel-Vorlauf auf der schwierigen Bahn eins ein super Rennen, und dann verletzt sich Lucas Jakubczyk beim letzten Wechsel und reißt Julian Reus mit zum Sturz. Die Einzel-Darstellung in Berlin war für die Athleten individuell betrachtet gut. Von Kevin Kranz konnte man bei seinem ersten EM-Start in so einem Feld nicht mehr erwarten. Julian und Lucas waren vergleichsweise gut. Robin Erewa macht aus der Situation heraus ein super Rennen und zeigt sein bestes internationales Ergebnis, aber es reicht nicht fürs Finale. Auch Steven Müller war toll. Aleixo-Platini Menga ist krankheitsbedingt nicht zu einer besseren Leistung fähig gewesen. Sie alle haben ihren Job gut gemacht, wurden aber nicht belohnt.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Jörg Möckel:
Bis 300 Meter das Staffel-Rennen in Berlin. Damit haben wir als Team überhaupt nicht gerechnet. Da waren die unglaubliche Freude über das, was die Jungs auf der Bahn machen, und dann dieser Wahnsinn, der bei 310 Metern mit dem Sturz passiert ist. Über die Darstellung und Leistungsentwicklung der jüngeren Athleten habe ich mich auch sehr gefreut, ob das die WM-Medaille der U20-Staffel war, oder Milo Skupin-Alfa und Marvin Schulte im Einzel, oder die U23-Jungs, die zwar keine internationale Meisterschaft hatten, sich in der Breite aber toll entwickelt haben. Kevin Kranz in seinem ersten Männer-Jahr, die Rückkehr von Patrick Domogala, das sind viele schöne Sachen, die uns in unserer Arbeit bestätigen und Zuversicht geben für die nächsten zwei Jahre.

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der WM 2019 in Doha?

Jörg Möckel:
Zu allererst müssen wir uns mit der Staffel für die WM qualifizieren. Durch den Sturz haben wir keine Zeiten im internationalen Maßstab und müssen uns bei den World Relays für die Weltmeisterschaften qualifizieren. Das ist der erste wichtige Schritt und das erste Ziel in dieser langen Saison. Dann ist bei so einer WM viel möglich. Die WM-Einzelnorm traue ich mehreren Sprintern zu. Wir wollen die jungen Athleten weiter integrieren und positive Synergien mit den erfahrenen Athleten schaffen. Die Jüngeren können von den erfahreneren Sprintern profitieren und sollen gleichzeitig mit ihrem jugendlichen Drang so viel Druck wie möglich machen. Eine anspruchsvolle Aufgabe sind die parallel laufenden Prozesse der U23, die bei der U23-EM ihren Höhepunkt hat und dort mit der Staffel wieder erfolgreich sein will, und der Männer, die sich auf die sechs Wochen später stattfindende WM vorbereiten.

Internationale Erfolge

  Medaillen (Weitere) Final-Platzierungen
EM  –   – 
Hallen-WM  –   – 
U20-WM Bronze: 4x100 m 7. Platz Milo Skupin-Alfa (200 m)
U18-EM Gold: Alexander Czysch (200 m)
Silber: Daniel Regenfuß (200 m)
5. Fabian Olbert (100 m)
8. Malte Stangenberg (100 m)

Die deutschen Top Ten 2018

100 Meter

Zeit Name Jahrgang Verein
10,09 sec Aleixo-Platini Menga 1987 TSV Bayer 04 Leverkusen
10,15 sec Julian Reus 1988 LAC Erfurt
10,22 sec Michael Pohl 1989 Sprintteam Wetzlar
10,22 sec Patrick Domogala 1993 MTG Mannheim
10,24 sec Lucas Jakubczyk 1985 SCC Berlin
10,24 sec Kevin Kranz 1998 Sprintteam Wetzlar
10,27 sec Roy Schmidt 1991 SC DHfK Leipzig
10,32 sec Thomas Barthel 1998 SC Magdeburg
10,33 sec Steven Müller 1992 LG OVAG Friedberg- Fauerbach
10,33 sec Robert Hering 1990 TV Wattenscheid 01

200 Meter  

Zeit Name Jahrgang Verein
20,37 sec Aleixo-Platini Menga 1988 TSV Bayer 04 Leverkusen
20,46 sec Steven Müller 1990 LG OVAG Friedberg- Fauerbach
20,58 sec Michael Bryan 1992 LC Rehlingen
20,63 sec Robin Erewa 1992 TV Wattenscheid 01
20,66 sec Alexander Gladitz 1994 Hannover 96
20,80 sec Patrick Domogala 1993 MTG Mannheim
20,80 sec Milo Skupin-Alfa 1999 LG Offenburg
20,81 sec Maurice Huke 1993 TV Wattenscheid 01
20,86 sec Robert Hering 1990 TV Wattenscheid 01

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 100 Meter

Jahr < 10,12
(WM-Norm 2017)
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005  –  10,24 10,28 10,35
2006  –  10,30 10,33 10,37
2007  –  10,29 10,32 10,37
2008  –  10,22 10,25 10,31
2009  –  10,20 10,23 10,29
2010  –  10,22 10,25 10,30
2011  –  10,22 10,26 10,35
2012  1  10,16 10,21 10,27
2013  2  10,12 10,16 10,24
2014  2  10,10 10,14 10,21
2015  1  10,16 10,22 10,27
2016  1  10,11 10,16 10,23
2017  1 10,20 10,23 10,28
2018  1 10,15 10,18 10,24

Das deutsche Top-Niveau: 200 Meter

Jahr < 20,40
(WM-Norm 2017)
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005  1  20,44 20,54 20,79
2006  –  20,67 20,74 20,90
2007  1  20,48 20,54 20,71
2008  –  20,60 20,65 20,75
2009  –  20,45 20,54 20,78
2010  1  20,56 20,67 20,81
2011  –  20,73 20,83 20,97
2012   1  20,48 20,54 20,68
2013  1  20,59 20,66 20,80
2014  –  20,44 20,49 20,64
2015  –  20,51 20,57 20,78
2016  3 20,35 20,45 20,63
2017  2 20,35 20,46 20,65
2018  1 20,47 20,54 20,68

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 100 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 10,16 (Unger) 9,99 (Pognon/FRA) 0,17 9,77 (Powell/JAM) 0,39
2006 10,24 (Ostwald) 9,99 (Obikwelu/POR) 0,25 9,77 (Powell/JAM) 0,47
2007 10,26 (Blum) 10,06 (Obikwelu/POR) 0,20 9,74 (Powell/JAM) 0,52
2008 10,17 (Unger) 10,00 (Chambers/GBR) 0,17 9,69 (Bolt/JAM) 0,48
2009 10,18 (Unger) 10,00 (Chambers/GBR) 0,18 9,58 (Bolt/JAM) 0,60
2010 10,14 (Unger) 9,97 (Lemaitre/FRA) 0,17 9,78 (Gay/USA; Carter/JAM) 0,36
2011 10,20 (Schaf) 9,92 (Lemaitre/FRA) 0,28 9,76 (Bolt/JAM) 0,44
2012 10,09 (Reus) 9,91 (Martina/NED) 0,18 9,63 (Bolt/JAM) 0,46
2013 10,07 (Keller) 9,91 (Dasaolu/GBR) 0,16 9,75 (Gay/USA) 0,32
2014 10,05 (Reus) 9,95 (Vicaut/FRA) 0,10 9,77 (Gatlin/USA) 0,28
2015 10,09 (Reus) 9,86 (Vicaut/FRA) 0,23 9,74 (Gatlin/USA) 0,35
2016 10,01 (Reus) 9,86 (Vicaut/FRA) 0,15 9,80 (Gatlin/USA) 0,21
2017 10,10 (Reus) 9,97 (Vicaut/FRA) 0,13 9,82 (Coleman/USA) 0,28
2018 10,09 (Menga) 9,91 (Hughes/GBR)
9,91 (Vicaut/FRA)
0,18 9,79 (Coleman/USA) 0,30

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 200 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 20,20 (Unger) 20,15 (Malcolm/GBR) 0,05 19,89 (Spearmon/USA) 0,31
2006 20,65 (Unger) 20,01 (Obikwelu/POR) 0,64 19,63 (Carter/USA) 1,02
2007 20,37 (Helmke) 19,89 (Ndure/NOR) 0,48 19,62 (Gay/USA) 0,75
2008 20,53 (Schnelting) 20,25 (Malcolm/GBR) 0,28 19,30 (Bolt/JAM) 1,23
2009 20,41 (Hering) 20,04 (Guliyev/AZE) 0,37 19,19 (Bolt/JAM) 1,22
2010 20,38 (Ernst) 20,16 (Lemaitre/FRA) 0,22 19,56 (Bolt/JAM) 0,82
2011 20,51 (Ernst) 19,80 (Lemaitre/FRA) 0,71 19,26 (Blake/JAM) 1,25
2012 20,33 (Menga) 19,85 (Martina/NED) 0,48 19,32 (Bolt/JAM) 1,01
2013 20,36 (Reus) 19,98 (Gemili/GBR) 0,38 19,66 (Bolt/JAM) 0,70
2014 20,43 (Menga) 19,98 (Gemili/GBR) 0,45 19,68 (Gatlin/USA) 0,75
2015 20,42 (Reus) 19,88 (Guliyev/TUR) 0,54 19,55 (Bolt/JAM) 0,87
2016 20,27 (Menga) 19,81 (Martina/NED) 0,46 19,74 (Merritt/USA) 0,53
2017 20,29 (Reus) 20,02 (Guliyev/TUR) 0,27 19,77 (Makwala/BOT) 0,52
2018 20,37 (Menga) 19,76 (Guliyev/TUR) 0,61 19,65 (Lyles/USA) 0,72

Das fällt auf

  • Der Top-Drei- und Top-Fünf-Schnitt über 100 Meter war seit 2005 nur in drei Jahren schneller. Die deutsche Spitze ist im Vergleich zum Vorjahr schneller geworden. Auch die Top Ten des Jahres sind mit 10,24 Sekunden im Durchschnitt auf einem guten Niveau.
  • Von 2014 bis 2017 verbuchte der Deutsche Rekordhalter Julian Reus vier Jahre in Folge die deutsche Jahresbestzeit über 100 Meter, dieses Jahr löste ihn Aleixo-Platini Menga ab.
  • Im Nachwuchsbereich sammelten die deutschen Sprinter drei Medaillen: Staffel-Bronze bei der U20-WM in Tampere in der Besetzung Milo Skupin-Alfa, Marvin Schulte, Lucas Ansah-Peprah und Luis Brandner sowie einen Doppelsieg bei der U18-EM in Györ über 200 Meter durch Alexander Czysch und Daniel Regenfuß
  • Über 200 Meter dominierte in Europa Weltmeister Ramil Guliyev mit einem neuen türkischen Rekord von 19,76 Sekunden.
  • International sorgte der US-Sprinter Noah Lyles für Aufsehen: Er verkündete, die Fabel-Weltrekorde von Usain Bolt brechen zu wollen, und gab erste Kostproben seines großen Talents.

Hinweis: Auf persönlichen Wunsch hin wurde ein Name aus diesem Text entfernt. 

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