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Der kontinuierliche Weg der Ricarda Lobe

Hürdensprinterin Ricarda Lobe kann auf eine bewegte Saison zurückblicken. Nach Schwierigkeiten zu Beginn des Sommers zog die 24-Jährige beim Jahreshöhepunkt bei der EM mit Bestzeit ins Finale ein. Und das soll erst der Anfang gewesen sein.
Lars-Henrik Wacker

Bei der 77. Ausgabe des ISTAF in Berlin drehte sich zum Abschluss alles um diesen einen Ausnahme-Athleten: Robert Harting. Auf der langen Ehrenrunde durch das Olympiastadion verabschiedete sich der 33-Jährige von seinen Fans. Zahlreiche Weggefährten folgten dem Diskuswerfer. Mittendrin war auch Ricarda Lobe (MTG Mannheim), die freudestrahlend die Stimmung von den Rängen aufnahm und diesen besonderen Moment für sich tief abspeicherte. Kurz vor dem „letzten Schrei“ der Diskuslegende war sie mit Cindy Roleder (SV Halle), Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01) und Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen) als „DLV-Hürden-Quartett“ die 4x100 Meter in 43,71 Sekunden gelaufen.

„Es war eine echt geile Stimmung und auch irgendwie ein Déjà-vu der Europameisterschaft“, sagte die 24-Jährige nach der Abschiedsrunde. Mit ihrem eigenen Hürdenrennen, das sie auf Rang sieben beendete, war die Athletin der MTG nicht ganz zufrieden: „Die Hürden waren nicht so optimal, ich bin nicht gut ins Rennen gekommen. 13,05 Sekunden sind nicht super schlecht, aber ich dachte, es wird noch schneller. Und die Staffel war dann einfach nochmal zum Genießen.“

Im Verlauf der Saison gesteigert

Ein prägendes EM-Jahr liegt hinter Ricarda Lobe, das mit kleineren Anlaufschwierigkeiten begann: „Mit dem Anfang der Saison war ich nicht so zufrieden. Es war ein Auf und Ab mit ein paar Fehlern.“ Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund sicherte sich Lobe zwar mit ihren MTG-Teamkolleginnen in der 4x200m-Staffel die Silbermedaille.
 
Doch gerade in den Einzelrennen lief es nicht rund. Bei den Hallen-Weltmeisterschaften Anfang März in Birmingham (Großbritannien) schied die Mannheimerin, die gebürtig aus Landau in der Pfalz kommt, nach einem Fehler an der letzten Hürde im Halbfinale aus. Die 24-Jährige ließ sich aber von den Misserfolgen in der Halle nicht einschüchtern, arbeitete im Frühjahr dafür umso härter im Trainingslager in Südafrika.

In einer eingeschworenen Einheit

Und im Training ist Ricarda Lobe in guter Gesellschaft. Unter der Leitung von Rüdiger Harksen befindet sich die Hürdensprinterin in einer starken Trainingsgruppe, gemeinsam mit Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) und Nadine Gonska (MTG Mannheim). Seit Mai ist auch Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim) ein Teil in diesem besonderen Kollektiv. Denn: Jede der genannten Athletinnen hat eine andere Paradestrecke und hierin liegt die Stärke.

„Auch wenn wir alle etwas Unterschiedliches machen, verstehen wir uns trotzdem sehr gut und das Training macht einfach Spaß. Und gerade in der Vorbereitung überschneiden sich die Trainingspläne, sodass wir dann sehr viel zusammen machen. Außerdem kann man sich umso mehr für die Anderen freuen, weil jeder in seiner Disziplin erfolgreich ist“, sagt Lobe.

Bestleistungen zum Saisonhöhepunkt

In diesem Sommer ging der Plan auf. Die 24-Jährige steigerte sich im Verlauf der Saison. So blieb sie beim Zeulenroda-Meeting im Juni erstmals im Jahr 2018 unter 13 Sekunden und sammelte mit Gold und Silber bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg weiter Selbstvertrauen.

In Berlin sollte dann der Höhepunkt folgen, denn schon im Halbfinale lief Ricarda Lobe mit 12,90 Sekunden eine neue persönliche Bestzeit, die dann doch sehr überraschend kam: „Es hat sich eigentlich nicht so angedeutet. Wir haben uns für die Europameisterschaft gesagt: Alles oder Nix – das Finale ist das Ziel. Mir war auch bewusst, dass ich im Halbfinale eine Bestzeit laufen muss. Dass es aber auch geklappt hat, und dann noch im heimischen Stadion, war einfach perfekt.“

Dritte Kraft hinter Pamela Dutkiewicz und Cindy Roleder

Im Finale lief Ricarda Lobe mit einer Zeit von 13,00 Sekunden auf den fünften Rang. Hinter Silbermedaillen-Gewinnerin Pamela Dutkiewicz (12,72 sec) und Bronze-Medaillengewinnerin Cindy Roleder (12,77 sec) etablierte sich die 24-Jährige damit hinter den beiden DLV-Aushängeschildern in ihrer Disziplin. Doch für den nächsten Schritt braucht es noch etwas mehr.

„Zum einen fehlt mir noch viel mehr Erfahrung, die bei den Hürden besonders wichtig ist, weil jedes Rennen irgendwie anders ist und man daraus lernen muss. Und ein weiterer Punkt ist noch die Technik. Meine Flugzeit über der Hürde ist noch zu lang. Daran werden wir in den nächsten Jahren noch arbeiten.“

Geglückter Sprung in die internationale Spitze

Dass die Studentin für internationales Management an sich arbeiten kann, hat sie schon in jungen Jahren bewiesen. Lobe belegte auf Juniorenebene kontinuierlich vordere Plätze. Auch der Übergang in den Erwachsenenbereich verlief gut. Seit 2015 konnte sie insgesamt vier nationale Meistertitel mit der 4x100-Meter-Staffel verbuchen, hinzukommen noch drei weitere Einzelmedaillen über die 100-Meter-Hürden.

„Das Geheimnis ist einfach an sich selbst zu glauben, dass noch mehr in einem steckt. Gerade in der Jugend ist es noch ein bisschen schwieriger, mit der Schule und anderen Interessen. Aber ich wollte auch immer wissen, wie weit ich mit meinem Körper gehen kann“, so Lobe.

Auf eins kann sie gar nicht verzichten: „Ich trinke sehr gerne Kaffee. Und gutes Essen gehört auch bei mir dazu. Als Sportler merkt man halt, dass man nicht so viel drumherum hat. Das ist ja kein Studentenleben und man geht auch nicht so oft feiern. Und so muss man sich auf einem anderen Weg was Gutes gönnen.“

Die nächsten Schritte stehen an

Mit dem Studium im Internationalen Management sind auch erste Weichen für den Berufsweg abseits des Sports gestellt. „Ich habe nur noch meine Bachelor-Arbeit vor mir. Ab Herbst gehe ich dann zur Bundeswehr und dann muss ich noch sehen, ob ein Master-Studium hinzukommt“, erklärt die Hürden-Spezialistin.

Nach drei Wochen Kanada-Urlaub geht es schon wieder mit der Vorbereitung in die neue Saison los. Ricarda Lobe ist erst Mitte 20 und sieht noch viel Potential: „Ziel ist es, weiter die Bestzeit anzugreifen und kontinuierlich unter 13 Sekunden zu laufen, wenn nicht sogar unter 12,90 Sekunden.“ Bei der WM in Doha (Katar; 28. September bis 6. Oktober 2019) soll es wieder so gut klappen, wie in Berlin.

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