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Der Senkrechtstarter Patrick Schneider

Nach mehreren Leistungssprüngen hat Patrick Schneider 2016 über 400 Meter die drittschnellste Zeit eines deutschen Läufers erzielt und bei den Europameisterschaften in Amsterdam erste Erfahrungen im Nationaltrikot gesammelt. Eine wichtige Rolle nehmen in seinem Sportler-Leben die „Schlappen Lappen“ ein, seine Trainings-Gruppe, die für ihn wie eine kleine Familie ist.
Nicolas Trinklein

Als Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth) merkte, dass er im Fußball als Rechtsaußen seinen Gegnern davon sprintet, trat er im März 2014 dem Leichtathletik-Verein seines Nachbardorfs Burghaslach bei. „Was geht da wirklich und wie schnell bin ich, wenn ich mich mit anderen Leichtathleten messe?“ wollte der damals 21-Jährige wissen. Erst mit dem Mehrkampf-Training gestartet, entdeckte er irgendwann „durch Zufall“ die 400 Meter und wollte dann auch die 800 Meter laufen. Schnell wurde klar, dass seine Parade-Disziplin der 400-Meter-Sprint ist.

Im ersten Jahr mit zwei Einheiten Training pro Woche sprintete der Fürther die 400 Meter in 48,6 Sekunden. Danach hörten seine damaligen Trainer Siegfried Finster und Friedrich Weichlein auf, weshalb er zum LAC Quelle Fürth wechselte. Sein neuer Trainer Harald Schmaus wollte ihn erst kennenlernen und überforderte ihn nicht. „Am Anfang habe ich mit angezogener Handbremse trainiert“, erinnert sich Patrick Schneider. Zu seinem Trainer hat er eine sehr emotionale Bindung. „Er ist für mich ein Vorbild und hat auch eine gewisse Vater-Funktion“, verrät der Sportler, der in einer Pflegefamilie aufgewachsen ist und nie die Chance hatte, seinen leiblichen Vater kennenzulernen.

„Mit Reus und Storl an einem Tisch“

Bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften in Kassel katapultierte sich Patrick Schneider über die 400 Meter mit 46,93 Sekunden auf das Podest und belegte den dritten Platz. Zuvor war ihm am 4. Juni ein beachtlicher Leistungssprung beim Meeting in Regensburg gelungen: Hier konnte der Fürther seine Bestzeit um satte 1,39 Sekunden auf 46,22 Sekunden ausbauen. Zu Saisonende lief er dann bei den Bayerischen Meisterschaften in Erding, wieder mit Bestzeit (46,07 sec) zu Gold und sicherte sich Platz drei der diesjährigen DLV-Bestenliste.

Aufgrund seines dritten Platzes bei der DM erlebte Patrick Schneider seine erste Leichtathletik-EM in Amsterdam (Niederlande) mit der 400-Meter-Staffel. „Auf einmal sitzt du beim Frühstücken mit Julian Reus und David Storl an einem Tisch“, erinnert er sich. Als er dann mit der deutschen Staffel im selben Vorlauf mit den heimischen Niederländern startete, ging sein Puls auf gefühlte 180 hoch. Wichtig für ihn war der Finaleinzug: „Das war Wahnsinn, fast unbeschreiblich.“ Platz acht im Endlauf konnte seine Stimmung dann auch nicht trüben.

In seiner noch kurzen Karriere hat der 23-Jährige hauptsächlich Höhen erlebt, lediglich die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften 2015 in letzter Sekunde hatte während der Saison Nerven gekostet. Damals hatten 48,06 Sekunden im Vorlauf noch nicht für das Finale gereicht.

Altmeister trainiert mit Shooting-Star

Begeistert von dem jungen Talent, fragte nach Ende der Saison sogar Altmeister Horst Haßlinger nach einem Training mit Patrick Schneider. „Das war atemberaubend“, sagte der 23-Jährige über die Einheit mit dem ersten Spitzenläufer über 400 Meter von der LAC Quelle Fürth. Der Drittplatzierte der 1. Hallen-EM 1970 in Wien teilte mit Patrick Schneider seine Trainings-Programme von früher und gab ihm wichtige Tipps für die Zukunft. Zum Abschluss knipsten beide zusammen, ein Foto, das in untenstehender Bilder-Galerie zu sehen ist: der Altmeister im LAC-Trikot von 1970 und der Shooting-Star im aktuellen Trikot.

Anders als aktuell viele deutsche Topathleten ist er nicht bei der Bundespolizei oder der Bundeswehr angestellt, sondern arbeitet nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann in der freien Wirtschaft bei Puma als Junior Manager im Einkauf. „Natürlich muss ich mein Leben dem Sport unterordnen und auf einiges verzichten, aber das mache ich sehr gerne, Sport ist für mich Freizeit“, sagt Patrick Schneider. Mit einem eigenen Fitnessstudio im Gebäude, einem super Wald zum Laufen und einem unterstützenden Team, stehen durchschnittlich acht Trainingseinheiten pro Woche nichts im Weg. Ein wichtiger Faktor ist hier auch seine Trainingsgruppe in Fürth.

Trainings-Gruppe "Schlappe Lappen"

Vor zwei Jahren wechselte Patrick Schneider nach Fürth in die Trainingsgruppe, die heute für ihn „wie eine kleine Family ist“, sagt er. Schon hier nannten sich die Fürther „Schlappe Lappen“. Auf den Namen kamen die Jungs aufgrund eines Bochumer Karneval-Vereins, sie übernahmen diesen als Gag. Die Idee, sich mit einer<link https: www.facebook.com schlappelappen _blank> Facebook-Seite bundesweit zu vermarkten, kam ihnen bei einem Trainingslager 2015. Mittlerweile hat die Spaßseite über 460 Likes.

Für die kommende Saison hat Patrick Schneider sich zum Ziel gesetzt, seine Leistung stabil zu halten und zu bestätigen, was er bisher geleistet hat. „Eine Medaille bei den Deutschen Meisterschaften wäre wieder schön“, sagt er und lächelt, wohlwissend, dass diese nur ein weiterer Schritt auf seiner Karriereleiter sein soll. Die WM mit der 4x400-Meter-Staffel hält er für realistisch. Im Einzel wäre es ein Sprung von circa sechs Zehnteln, da die Norm bei ungefähr 45,4 Sekunden liegen wird. Trotzdem ist der Fürther guter Dinge: „Es wird hart, aber für unmöglich halte ich es nicht.“

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