| 78. Stadionfest Berlin

Deutsche Europameister und Sprint-Staffel krönen stimmungsvolles ISTAF

Mehr als 40.000 Zuschauer sahen beim 78. ISTAF starke Leistungen der deutschen Top-Athleten. Herausragend waren dabei die Siege von drei deutschen Europameistern sowie die 41,67 Sekunden der deutschen Sprinterinnen über 4x100 Meter als Abschluss des Traditionsmeetings.
Martin Neumann

Ein Jahr nach der rauschenden Leichtathletik-EM in Berliner Olympiastadion haben drei deutsche Europameister für Glanzlichter beim 78. ISTAF gesorgt. Am Sonntagnachmittag setzten sich sowohl Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz; 6,99 m) als auch Hochspringer Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen; 2,30 m) gegen starke internationale Konkurrenz durch. Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) steigerte über 2.000 Meter Hindernis die Weltbestzeit angetrieben von den lautstarken 40.500 Fans auf 5:52,80 Minuten. Ihren nationalen Rekord verbesserte sie dabei um mehr als elf Sekunden.

Gesa Krause feierte ihren Triumph im Berliner Olympiastadion auf der Ehrenrunde mit der Deutschland-Flagge um den Schultern und einem großen Schild mit der Aufschrift „Weltrekord“ in der Hand. Allerdings führt der Weltverband IAAF über die selten gelaufenen 2.000 Meter Hindernis keine offiziellen Weltrekorde. Aber um die Zeit einzuordnen: Beatrice Chepkoech (Kenia) war bei ihrem Fabel-Weltrekord über 3.000 Meter Hindernis 2018 in Monaco (8:44,32 min) bei der 2.000-Meter-Zwischenzeit (5:49,81 min) nur drei Sekunden schneller als Gesa Krause in Berlin. „Ich bin unglaublich glücklich, weil dieses Rennen auch meine aktuelle Form unterstreicht. Ich bin hochmotiviert für die WM, möchte jetzt noch ein bisschen an meiner Form feilen, um dann in Doha anzugreifen“, jubelte Gesa Krause.

Mateusz Przybylko glänzt nach katastrophalem Einspringen

Die Formkurve von Mateusz Przybylko zeigt vier Wochen vor der WM in Doha wieder nach oben. Beim ISTAF überflog er im ersten Versuch 2,30 Meter und stellte damit seine Saisonbestleistung ein. Damit hatte er im Olympiastadion seine Konkurrenz im Griff. Erst 2,34 Meter waren für den Europameister zu hoch. Auf den Plätzen zwei und drei folgten die beiden Weißrussen Maksim Nedasekau und Dzmitry Nabokau (beide 2,28 m).

„Das Einspringen war katastrophal. Da habe ich mir gesagt: Du bist hier Europameister geworden, so kannst du hier nicht auftreten. Das ist deine Bahn, das ist deine Stadt, ich bin gerne hier. So konnte ich es dann umsetzen und habe gezeigt, was ich kann. Das gelingt mir hoffentlich bei der WM wieder. Denn der Hochsprung ist weltweit aktuell nicht so stark, mit 2,33 Meter führst du schon. Wenn ich einen guten Tag erwische und 2,33 Meter springe, kann das schon für eine Medaille reichen. Ich hoffe, dass heute hier bei diesem phänomenalen Publikum der Knoten geplatzt ist“, sagte Mateusz Przybylko.

Weiter weiße Weste für Malaika Mihambo

Malaika Mihambo blieb auch bei ihrem achten Freiluft-Wettkampf des Jahres ungeschlagen. Nach 6,60 Metern im ersten Versuch steigerte sich die Weitsprung-Europameisterin im zweiten Anlauf auf 6,99 Meter. Auf weitere Versuche verzichtete sie. Trotzdem lag sie am Ende deutlich vor der zweitplatzierten Russin Yelena Sokolova (6,65 m). „Ich habe mich heute geschont, trotzdem bin ich schon sehr zufrieden. 6,99 Meter geben ein super Gefühl für die kommenden Wettkämpfe“, sagte Malaika Mihambo.

Ein anderer Europameister kam hingegen nicht gut zurecht. Thomas Röhler (LC Jena) musste sich beim „Speerwurf-Gipfel“ mit 80,33 Metern und Rang fünf begnügen. Unzufrieden war er trotzdem nicht. „Ich habe heute den Anlauf getestet und der hat gepasst. Ich wollte vor der WM nichts riskieren“, sagte der Olympiasieger. Besser lief es für den Weltmeister. Johannes Vetter (LG Offenburg) setzte sich mit 85,40 Metern vor Edis Matusevicius (Litauen; 85,10 m) und dem Deutschen Meister Andreas Hofmann (MTG Mannheim; 82,16 m) durch. Ganz stark präsentierte sich Niklas Kaul (USC Mainz). Der Zehnkämpfer steigerte seine Bestleistung beim ISTAF gleich zweimal auf 78,49 Meter.

Gina Lückenkemper mit 11,15 Sekunden schnellste Deutsche

Bei der Vorstellung der 100-Meter-Sprinterinnen kratzte der Lärmpegel der 40.500 Zuschauer im Olympiastadion erstmals am Höchstwert. Schließlich waren im A-Finale mit Gina Lückenkemper und Lisa Marie Kwayie auch zwei Läuferinnen von Berliner Vereinen mit von der Partie. Der Sieg ging allerdings bei leichtem Rückenwind mit neuer Bestzeit von 11,07 Sekunden an Ewa Swoboda. Die Polin setzte sich knapp vor Asha Philip (Großbritannien; 11,10 sec), Liang Xiaojing (China; 11,13 sec) und Gina Lückenkemper (SCC Berlin; 11,15 sec) durch. Die Vize-Europameisterin verpasste ihre Saisonbestzeit nur um eine Hundertstelsekunde.

Auf Rang sechs lief Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF; 11,25 sec), Yasmin Kwadwo (TSB Bayer 04 Leverkusen; 11,35 sec) wurde Neunte. „Es war toll, zu spüren, wie die Fans mich angefeuert und unterstützt haben. Mit dem Rennen bin ich ganz zufrieden. Allerdings hatte ich ihm Mittelteil ein paar Fehler. Sonst wäre es noch schneller geworden. Und es hätte schneller werden sollen“, bewertete Gina Lückenkemper ihr Rennen.

Deutsche Sprint-Staffel glänzt mit 41,67 Sekunden

Zum Abschluss sorgten die deutschen Sprinterinnen über 4x100 Meter als Siegerinnen in 41,67 Sekunden für eine neue Weltjahresbestzeit. In der Besetzung Lisa Marie Kwayie, Yasmin Kwadwo, Tatjana Pinto (LC Paderborn) und Gina Lückenkemper hielt der „DLV-Vierer“ die Staffel Chinas (42,31 sec) deutlich auf Distanz.

„Dabei haben wir beim dritten Wechsel noch einiges liegengelassen. Da ist noch mehr drin“, jubelte Gina Lückenkemper. In starker Form präsentierte sich wie beim Staffelsieg in Zürich am Donnerstag Tatjana Pinto, die auf einen Einzelstart beim ISTAF verzichtet hatte: „Ich habe heute beim Aufwärmen schon gemerkt, dass es richtig schnell wird.“

Alina Reh führt Hanna Klein nach Sturz zur WM-Norm

Pech hatte Alina Reh (SSV Ulm 1846) über 5.000 Meter. Bei Rennhälfte lag sie in der Spitzengruppe und auf Kurs zu einer Zeit unter 15 Minuten. Doch beim Sturz einer Konkurrentin kam sie ebenfalls zu Fall. Das brachte sie natürlich aus dem Rhythmus und die Konkurrenz zog davon. „Ich hatte gesehen, dass eine Läuferin vor mir gestolpert ist und wollte eigentlich ausweichen. In dem Moment ist sie aufgestanden und ich bin gestürzt. Das war unglücklich, ein normaler Rennunfall. Dadurch war es natürlich schwer für mich. Dann habe ich Hanna Klein vor mir gesehen und gewusst, dass wir Richtung WM-Norm gehen und ich sie dazu treiben kann. Das hat zum Glück funktioniert. Für mich war es natürlich schade. Ich wäre gerne unter 15 Minuten geblieben. Es hat einfach nicht sollen sein“, sagte Alina Reh.

Nach dem Sturz bildete Alina Reh mit Hanna Klein (SG Schorndorf) eine Verfolgergruppe. Davon profitierte die WM-Finalistin über 1.500 Meter und stürmte dank einer schnellen Schlussrunde mit 15:19,74 Minuten als Elfte zur WM-Norm. Alina Reh folgte als Zwölfte in 15:22,15 Minuten. Ganz vorn führte Daisy Jepkemei (14:51,72 min) einen „Kenia-Sweep“ wenige Zentimeter vor Norah Cheruto (14:51,73 min) und Eva Cherono (14:57,30 min) an. „Mir tut es wahnsinnig leid für Alina Reh, denn sie hätte heute ein Wahnsinnsrennen gezeigt. Sie ist in Topform. Für mich war es eine glückliche Fügung. Sie hat für mich Tempo gemacht und mir zur WM-Norm verholfen. Ich weiß nicht, wie ich es ohne sie durchgestanden hätte. Sie hat über die Hälfte des Rennens Tempo gemacht und mich noch gepusht“, bedankte sich Hanna Klein bei ihrer Konkurrentin.

Christoph Harting bei Sieg von Piotr Malachowski Neunter

Schon nach drei Versuchen musste der Olympiasieger im Olympiastadion wieder die Sachen packen: Diskuswerfer Christoph Harting (SCC Berlin) kam im Vorkampf nicht über 60,06 Meter und Rang neun hinaus. Besser zurecht kam „Altmeister“ Piotr Malachowski. Der 36-jährige Pole – vor zehn Jahren bei der WM an selber Stelle im letzten Wurf von Robert Harting vom Gold-Platz verdrängt – setzte sich mit 65,17 Metern vor Weltmeister Andrius Gudzius (Litauen; 64,51 m) durch.

Bester Deutscher auf Rang drei war David Wrobel (SC Magdeburg; 63,43 m). Der Olympia-Dritte Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01) wurde mit Saisonbestleistung von 63,05 Metern Vierter. Der Deutsche Meister Martin Wierig (SC Magdeburg; 62,70 m) belegte Platz sieben. Im Stabhochsprung setzte sich Europameister Armand Duplantis (Schweden; 5,80 m) bei schwierigen Windverhältnissen vor dem höhengleichen Weltmeister Sam Kendricks (USA) durch. Das Leverkusener Duo Bo Kanda Lita Baehre und Torben Blech landete mit 5,60 Metern auf den Plätzen acht und neun.

Christina Schwanitz auf Rang zwei

Drei Tage nach Rang drei mit Saisonbestleistung (19,37 m) beim Diamond League Finale in Zürich verfehlte Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) im Olympiastadion die 19-Meter-Marke. Mit 18,62 Metern belegte die Vize-Europameisterin zum ISTAF-Auftakt Rang zwei hinter Brittany Crew, die ihren kanadischen Rekord um 21 Zentimeter auf 19,28 Meter steigerte. Sara Gambetta (SV Halle; 17,92 m) und Alina Kenzel (VfL Waiblingen; 17,50 m) belegten die Plätze fünf und sieben.

„Ich hatte das Gefühl, dass heute ein Magnet in der Kugel eingebaut war, denn vier Versuche gingen fast exakt gleich weit. Es war mein dritter Wettkampf in vier Tagen. Zusammen mit den Reisestrapazen kostet das Kraft, die heute etwas gefehlt hat. Heute war ein Wettkampf für den Genuss, und das war es auch. Es war ein schöner Wettkampf, das Publikum hat richtig Gas gegeben“, sagte Christian Schwanitz.

Diamond League-Siegerin setzt sich im Dreisprung durch

Den Dreisprung entschied die frisch gekürte Diamond League-Siegerin Shanieka Ricketts für sich. Gleich im ersten Versuch gelang der Jamaikanerin der Siegessprung von 14,63 Metern. Hinter Patricia Mamona (Portugal; 14,18 m) und Dovile Kilty (Litauen; 14,15 m) belegte Neele Eckhardt mit 14,02 Metern Platz vier. Damit verpasste die Göttingerin die WM-Norm für Doha um 18 Zentimeter. Über 400 Meter Hürden setzte sich Luke Campbell (LG Eintracht Frankfurt) mit 49,41 Sekunden vor Oskari Mörö (Finnland; 49,47 sec) und Joshua Abuaku (LG Eintracht Frankfurt; 49,64 sec) durch.

Über 1.500 Meter belegte Robert Farken (SC DHfK Leipzig) „nur“ Platz 14. Doch mit 3:38,94 Minuten steigerte der 800-Meter-Spezialist seine Bestleistung beim Sieg von Joshua Thompson (USA; 3:35,01 min) um mehr als acht Sekunden. Der Sieg über 100 Meter Hürden ging mit 12,51 Sekunden an Tobi Amusan (Nigeria). Cindy Roleder (SV Halle) lief nach einem intensiven Trainingsblock in 12,91 Sekunden auf Platz fünf. Schnellster Hürdensprinter war Olympiasieger und Weltmeister Omar McLeod (Jamaika; 13,07 sec). Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) belegte mit 13,52 Sekunden Platz sechs.

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