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DLV-Sprinter nehmen in Clermont Kurs auf Staffel-WM

Schönes Wetter, tolle Gegend und viel Schweiß: Nach der Hallensaison heißt es für die Top-Athleten Grundlagen, Athletik und Kraft für eine erfolgreiche Sommersaison aufbauen – das geht am besten in klimatisch günstig gelegenen Trainingslagern. Wir haben die verschiedenen Disziplingruppen aufgespürt und nachgefragt, wie die Vorbereitung läuft. Heute: die Sprinter in Clermont (USA).
Pamela Ruprecht

Fast die kompletten A/B-Kader über 100 und 200 Meter sind seit dem 30. März (Männer) beziehungsweise 5. April (Frauen) im heißen Florida. Die Zielstellung ist klar: Für die Staffel-WM in Nassau (Bahamas; 22./23. April) auf Touren kommen. Der Bundestrainer der Kurzsprint-Staffeln Ronald Stein stellt die besten Quartette über 4x100 und 4x200 Meter mit den aktuell schnellsten deutschen Sprintern und Sprinterinnen zusammen.

„Es ist sehr früh im Saisonverlauf, da haben die Athleten noch sehr unterschiedliche Trainingsstände“, sagt Ronald Stein. Entscheidender Anhaltspunkt für die Form-Überprüfung ist der erste Wettkampf am Samstag (15. April) in Clermont, der als Aufgalopp für die IAAF World Relays dient. Die 4x100-Meter-Staffeln werden dort ihre einstudierten Wechsel unter Wettkampf-Bedingungen testen können, auch Einzelstarts sind geplant.

Direkte Qualifikationschance für London wahrnehmen

Die Staffel-WM bietet die vorzeitige Qualifikationschance für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 3. bis 14. August). Dazu müssen die 4x100-Meter-Staffeln in die Top Acht laufen, das gelang vor zwei Jahren in Nassau der Männer-Staffel und ist dieses Jahr wieder das Ziel. Auch für die Frauen-Staffel, die bei den Olympischen Spielen in Rio de Janiero (Brasilien) Platz vier belegte. Daneben gab es auf den Bahamas 2015 für beide 4x200-Meter-Staffeln Bronze. „Wir haben diesmal eine ähnliche Zielstellung und wollen das bestmögliche Ergebnis rausholen“, sagt der Bundestrainer.

Deshalb haben die Sprinter mit dem National Training Center in Clermont – bei Temperaturen um 30 Grad – optimale Vorbereitungsbedingungen aufgesucht. „Wir können hier im Training Geschwindigkeiten erreichen, wie sie im kühleren Deutschland in diesem Zeitraum einfach nicht möglich sind“, erklärt Ronald Stein. An seiner Seite sind der neue Sprint-Bundestrainer der Männer Jörg Möckel und Trainingswissenschaftler Ralf Buckwitz (OSP Berlin). Zum Betreuerstab gehört ein medizinisches Team (Physiotherapeut, Osteopathin, Chiropraktor), damit die Athleten gesund durch diese Trainingsphase kommen.

Individuelles Training und zentrale Staffel-Einheiten

Untergebracht sind die DLV-Sprinter in Florida wieder in kleinen Häusern mit Selbstverpflegung – je nach Verkehrslage 15 bis 20 Autominuten vom großen Komplex des National Training Center entfernt. Das Gelände verfügt – was Leichtathletik angeht – über ein Stadion, mehrere Trainingsplätze, Kraftraum, Gesundheitszentrum und Schwimmbad. Andere Nationen wie der europäische Dauerrivale Großbritannien mit dem 60-Meter-Hallen-Weltmeister von 2014 Richard Kilty trainieren ebenfalls in Clermont und Umgebung.

Auf sechs bis sieben Einheiten in der Woche kommen die DLV-Athleten. Die Trainingspläne sind individuell, die drei Staffel-Einheiten vom Chef-Coach als fixe Termine für alle vorgegeben. So können sich die Sprinter darauf einstellen und ihr Programm darauf abstimmen. Denn: „Staffel-Einheiten sind von den Intensitäten extrem hoch“, weiß Ronald Stein. Weil es immer leichten Rückenwind gibt und die Lauf-Richtung daran angepasst werden kann, sind die Trainingsvoraussetzungen extrem positiv. Gleiches gilt für die Wettkampf-Bedingungen: „Die sind einfach einmalig hier.“ Auch die internationale Konkurrenz zeigt in Clermont regelmäßig Top-Leistungen.

Eisbad und Pool zum Regenerieren und Entspannen

So macht die Vorbereitung auf die Saison und die Staffel-WM Spaß. „Die Eingewöhnung in den ersten Tagen verlief wirklich gut und wir konnten direkt an das Training aus Deutschland anknüpfen“, berichtet Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) nach überstandener Zeitumstellung (minus sechs Stunden). Die dreifache U23-Europameisterin will gut vorbereitet in die Einzel- und Staffel-Wettkämpfe einsteigen. Nach intensivem Training muss sich der Körper schnell erholen: „Das Eisbad direkt nach harten Einheiten hilft bei der Regeneration enorm.“ Und auch der eigene kleine Pool am Haus sorgt für Entspannung.

„Das Trainingslager dient natürlich dazu, die Form weiter aufzubauen“, sagt Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar), die sich besonders auf die Staffelwechsel-Einheiten freut. Für die 20-Jährige sind es die ersten World Relays auf der Karibikinsel, „deshalb bin ich schon total gespannt, wie das wird. Ich habe von vielen gehört, dass die Atmosphäre im Stadion einfach fantastisch sein soll!“ Die EM-Achte über 200 Meter, die in der trainingsfreien Zeit mit ihren Team-Kolleginnen kocht, einen Spieleabend oder Ausflug zum Outlet-Shoppen macht, wurde am Mittwoch für die 4x200-Meter-Staffel nominiert.

Starke Leistung mit dem Team erreichen

„Der Jetlag ist raus aus dem Körper“, kann Aleixo Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen), der seine freie Zeit für Physiotherapie und Yoga nutzt, vermelden. Die ersten Einheiten mit Starts und Staffeltraining verliefen beim Hallen-EM-Halbfinalisten von Belgrad (Serbien) über 60 Meter ohne Probleme. Der 200-Meter-Olympiateilnehmer will bei den anstehenden Meetings und der Staffel-WM für den jetzigen Zeitpunkt eine starke Leistung mit dem Team abliefern. Und nach dem letzten Wettkampf in Clermont „mit einem positiven Eindruck nach Hause fliegen“. In ihrem Haus wird abends gerne "Texas Holdem Poker" gezockt und "über alles Mögliche" geredet.

Auch Julian Reus (TV Wattenscheid 01) hatte einen reibungslosen, ordentlichen Start in das Trainingscamp. Nach einer Woche kann der 28-Jährige optimistisch auf die kommenden Einheiten schauen. „Ansonsten kommt es darauf an in den nächsten Wochen gesund zu bleiben, dann kommt der Rest von selbst“, meint der Deutsche Rekordhalter über 100 Meter, der die Hallensaison ausnahmsweise ausgelassen hat und sich nun um so mehr auf die Wettkämpfe freut. Abwechslung bot am Wochenende der Besuch eines Fußballspiels mit Sven Knipphals (VfL Wolfsburg). 
 
Für die frisch nominierte DLV-Mannschaft geht der Flug am 20. April Richtung Karibik. Nach der Staffel-WM auf den Bahamas reisen alle DLV-Sprinterinnen um Tatjana Pinto (LC Paderborn) wieder zurück nach Deutschland. Bis auf zwei: Rebekka Haase und Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) bleiben mit dem Großteil der Männer noch bis zum Ende des USA-Trainingslagers in Florida. Die EM-Dritte über 200 Meter will – wenn alles nach Plan läuft – beim Wettkampf in Gainesville am 28. April an den Start gehen, ihre Team-Kollegin mit den Sprintern am 13. Mai nochmal in Clermont. Der Wettkampf ist gleichzeitig der Abschluss des Trainingscamps. Dann wird es auch in der Heimat langsam warm genug für Höchstgeschwindigkeiten.

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