| DM 10 km Straße

„Mocki“ verblüfft mit Titel 45, DM-Revanche für Amanal Petros

Mit einem spektakulären Schlenker kurz vor Ziel und nur einer Sekunde Vorsprung hat sich Amanal Petros am Sonntag in Bad Liebenzell gleich zwei Titel auf einmal erkämpft: Der 22-Jährige sicherte sich Gold im 10-Kilometer-Straßenlauf der Aktiven und der U23. Im Rennen der Frauen jubelte Sabrina Mockenhaupt nur wenige Wochen nach zwei Operationen über ihren 45. deutschen Meistertitel.
Ewald Walker / Silke Bernhart

Bestes Läuferwetter bei Sonnenschein aber kühlen Temperaturen. Und eine wunderschöne Strecke rechts und links entlang der Nagold mit einem 2,5 Kilometer langen Rundkurs, den die Läuferinnen und Läufer viermal absolvieren mussten: Bei den Deutschen Meisterschaften im 10-Kilometer-Straßenlauf in Bad Liebenzell herrschten am Sonntag Top-Bedingungen. Die Athleten trugen mit packenden Entscheidungen ihren Teil zu einem gelungenen Lauf-Fest in Bad Liebenzell bei.

Hochspannung bot der Wettbewerb der Männer, in dem Marathon-Ass Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) lange das Tempo hoch hielt. Gegen Ende des Rennens hatte sich eine achtköpfige Spitzengruppe vom Rest des Feldes abgesetzt. Die entscheidende Attacke folgte rund 300 Meter vor Schluss. Und sie kam von Simon Boch. Mit der letzten Tempoverschärfung des Regensburgers sortierte sich das Feld noch einmal neu, und nur Amanal Petros (SV Brackwede) konnte gegenhalten.

Fast am Ziel vorbei gerannt

Was dann passierte, ließ nicht nur den Puls der Läufer höher schlagen: Die beiden Langstreckler stürmten in Richtung Ziel, Amanal Petros mit dem entscheidenden Vorteil. Und dann rannte er fast am Zieleinlauf vorbei! Erst in letzter Sekunde bekam er die entscheidende Kurve und rettete in 29:02 Minuten eine Sekunde Vorsprung auf Simon Boch über die Ziellinie.

Dritter wurde Philipp Pflieger (29:10 min), der ebenso Selbstvertrauen für den anstehenden Marathon tanken konnte wie mit einer neuen Bestzeit der viertplatzierte Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid 01; 29:12 min). Bahn-Spezialist Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg; 29:19 min) mischte als Fünfter wieder einmal bei den Langstrecklern vorne mit – und trug seinen Teil zum überlegenen Regensburger Mannschaftssieg bei.

„Mein größter Erfolg“

Amanal Petros sprach anschließend von seinem größten Erfolg. „Ich bin total glücklich“, jubelte der Vize-Europameister der U23 über 10.000 Meter, der sich von einer „super Atmosphäre“ auf der Strecke tragen ließ. Nach der Silbermedaille von Bydgoszcz (Polen) hatte er drei Wochen Pause eingelegt und sich erst beim ISTAF in Berlin auf der Bahn zurückgemeldet. Dort war es über 5.000 Meter nicht gut gelaufen. Umso größer war die Freude über die Titel in Bad Liebenzell. „Ich war heute vom Kopf her sehr stark“, bilanzierte er. „Für mich ist es eine große Ehre, Deutscher Meister der Aktiven und der U23 zu werden.“

Auch der zweitplatzierte Simon Boch war bei seinem Quasi-Heimspiel – der Läufer der LG Telis Finanz Regensburg stammt aus St. Georgen im Schwarzwald – zufrieden mit seiner Leistung. „Es war ein sehr gutes Rennen, auch wenn ich vielleicht einen Tick zu früh in die Offensive gegangen bin“, erklärte der 24-Jährige. Im Mai hatte er auf der Bahn das letzte Wort gehabt und Amanal Petros bei der 10.000 Meter-DM knapp vor dem Ziel eingefangen. Diesmal drehte dieser zwar den Spieß um, für Simon Boch gab es dennoch eine neue Bestmarke. „Das war das erste Jahr, das ich gut durchgebracht habe“, freute er sich.

In der entscheidenden Phase des Rennens längst nicht mehr dabei war Arne Gabius (TherapieReha Bottwartal). Der Deutsche Marathon-Rekordler musste nach etwa einer Runde mit Magen-Darm-Problemen die Segel streichen. „In der Woche habe ich noch gut trainiert, schnelle Tempoläufe auf der Bahn mit Bernard Lagat [Ex-Weltmeister über 1.500 und 5.000 m aus den USA] absolviert“, erklärte er, „aber heute konnte ich keinen Druck machen.“ Für ihn geht es jetzt darum, in den kommenden Wochen vor dem Frankfurt Marathon (29. Oktober) noch einmal gut zu trainieren.

Sabrina Mockenhaupt nicht kleinzukriegen

Im Rennen der Frauen hieß die Siegerin einmal mehr Sabrina Mockenhaupt (LT Haspa Marathon Hamburg). Doch was viele Jahre zuvor stets ein Titelgewinn mit Ansage gewesen war, war dieses Mal ein bemerkenswerter Kraft- und Willensakt mit überraschendem Ausgang. Denn die kleine Siegerländerin, die mittlerweile für Hamburg startet, hatte zwei Monate Wettkampf-Pause hinter sich. Und zwei Operationen, in denen ihr ein Abzess am Gesäß entfernt worden war.

„Totegesagte leben länger“, lachte Sabrina Mockenhaupt und bilanzierte: „Mein 45. Titel ist ein sehr geiler Titel – der sehr hart war.“ Anderthalb Kilometer vor dem Ziel habe sie noch gedacht, sie schaffe es nicht. In einem Spitzen-Trio habe da jede Läuferin versucht, die anderen abzuschütteln. „Aber dann habe ich mich reingebissen.“ In 33:38 Minuten hatte sie am Sonntag ihr Tageswerk vollbracht, nach nur vier Wochen Vorbereitungszeit.

Tag der Rückkehrerinnen

Auch die zweitplatzierte Anna Hahner (run2sky.com) erkannte fast bewundernd an: „Mocki ist einfach ein Fuchs!“ Sie selbst war ebenfalls sehr zufrieden mit ihrer Leistung: Silber in 33:45 Minuten, nur 21 Sekunden über Bestzeit, sind ein Achtungszeichen in ihrem ersten großen Rennen seit dem Marathon in Rio und einem Sehnen-Anriss im rechten Oberschenkel. Der Formtest vor dem Berlin Marathon am 24. September ist gelungen. „Es war ein super Lauf“, sagte Anna Hahner, „ich hatte viel Spaß, die Strecke war super und die Stimmung auch.“

Das Spitzen-Trio, das sich deutlich vom Rest des Feldes absetzen konnte, komplettierte die Regensburgerin Corinna Harrer, die für ein flottes Tempo sorgte. Zwar brachte sie das am Ende nicht ganz nach vorne, mit der Bronzemedaille in 33:48 Minuten war sie dennoch „sehr zufrieden“. Hinter der 26-Jährigen liegen viele Verletzungen und schwere Jahre. Nun soll es weiter bergauf gehen, als nächstes beim Halbmarathon in Köln.

Es war insgesamt der „Tag der Comebacks“ für die deutschen Läuferinnen in Bad Liebenzell: Die EM-Teilnehmerin im Halbmarathon Franziska Reng (LG Telis Finanz Regensburg) meldete sich vier Monate nach einem Sturz mit Verletzungen im Beckenbereich und einer Fraktur am Wadenbein zurück und rannte in 34:07 Minuten als Vierte zum deutschen U23-Titel. 

Kampfansage im Nachwuchsläufer-Cup

Mit ihrem Sieg hat sich Franziska Reng nun auch in der Wertung um den <link>Deutschen Nachwuchsläufer-Cup 2017 zu Wort gemeldet – eine Initiative „powered by“ laufen.de unter der Schirmherrschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) mit freundlicher Unterstützung von German Road Races (GRR). Für diesen gehen in der U23 zwei 10-Kilometer-Läufe in die Wertung ein. Die Regensburgerin hat in Bad Liebenzell die mit Abstand schnellste Zeit der bisherigen Wertungsrennen erzielt. Das letzte Wort wird am 8. Oktober beim Great 10K Run in Berlin gesprochen.

Auch Amanal Petros hinterließ seine erste Visitenkarte in der Cup-Wertung, für die sich hinter ihm auf den Rängen zwei und drei der U23-DM-Wertung zudem Sebastian Hendel (LG Vogtland; 29:26 min) und Leif Gunkel (LG Olympia Dortmund; 30:13 min) positioniert haben. U20-Athletin Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) kann nach U23-Silber in 34:34 Minuten sogar in der U23-Wertung vorne mitmischen, die drittplatzierte Lena Knirsch (LG Region Karlsruhe; 36:52 min) hat vor der Endabrechnung in Berlin auch die drittbeste Zeit der U23-Wertungsläufe erzielt.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer <link>Ergebnisrubrik...

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